Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann hat den verstorbenen früheren Ministerpräsidenten Bernhard Vogel in einem Requiem gewürdigt. Im Speyerer Dom sagte Wiesemann am Freitagabend in seiner Predigt über Vogel: "Sein ganzes politisches Leben war geleitet durch einen unerschütterlich verfolgten, christlichen Wertekompass, der ihn etwa durch seinen Mut, Menschenrechtsverletzungen deutlich zu benennen, auch die Achtung politisch nicht unbedingt gleichgesinnter Kreise einbrachte."
Bernhard Vogel gehöre "zweifelsohne in die große Reihe christlicher Politiker, die aus den traumatischen Erfahrungen der Nazi-Diktatur und des Zweiten Weltkrieges heraus ein anderes Deutschland und Europa aufbauen wollten", sagte Wiesemann. "Sie konnten dem Schrecklichen standhalten, weil sie aus einer Kraft lebten, von der sie überzeugt waren, dass keine Macht der Unterwelt sie überwältigen kann."
Der Trauergottesdienst wurde auf der Internetseite des Bistums live übertragen. Vogel starb am 2. März in Speyer im Alter von 92 Jahren.
"Von etwas Unzerstörbaren getragen"
Der Speyerer Dom sei für Vogel ein sichtbares Zeichen dafür gewesen, "dass alles geschichtliche Auf und Ab von etwas Bleibendem, Unzerstörbaren getragen wird", so Wiesemann weiter. "Bernhard Vogel lebte ganz existenziell aus der christlichen Hoffnung." Der Bischof fügte hinzu: "Vielleicht ist das Stärkste und Wichtigste, was christliche Politik der Welt von heute mitgeben kann: die Kraft der Hoffnung, die mit dem Himmel die Zukunft offenhält und nicht denen überlässt, die mit der Angst der Menschen ihr menschenverachtendes Machtspiel treiben."
"Gegen alle Inszenierung von Macht"
Wiesemann betonte, die gegenwärtige Zeit brauche Menschen, "die ein klares inneres Gegengewicht zu den aktuell wirkenden zentrifugalen Kräften entschlossen in sich tragen". Nötig seien Menschen, die "auch angesichts allem Verwirrspiel der Angst und aller Inszenierung von Macht ihre innere menschliche Mitte nicht verlieren und in Gott getrost bleiben".
Vogel war der einzige deutsche Politiker, der Ministerpräsident in zwei Bundesländern war: von 1976 bis 1988 in Rheinland-Pfalz und von 1992 bis 2003 in Thüringen. Mehr als vier Jahrzehnte gehörte der Bruder des früheren SPD-Vorsitzenden Hans-Jochen Vogel (1926-2020) dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) an; von 1972 bis 1976 leitete er es als Präsident. Auch deren amtierende Präsidentin Irme Stetter-Karp nahm am Requiem teil.