US-Präsident Joe Biden hat sich für den tausendfachen Missbrauch indigener Schüler in staatlich geführten Internaten entschuldigt. "Ich entschuldige mich in aller Form als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika für das, was wir getan haben", sagte er am Freitag (Ortszeit) bei einem Wahlkampfauftritt in einer indigenen Gemeinde im Bundesstaat Arizona.
Die US-Regierung habe über 150 Jahre lang Generationen betroffener Kinder ihren Familien entrissen. In sogenannten Boarding Schools seien sie geschlagen und missbraucht worden. Man habe ihnen verboten, die eigene Sprache zu sprechen, so Biden. Manche seien zur Adoption freigegeben worden, andere gar gestorben. Jene, die zu ihren Familien zurückgekehrt seien, hätten zahllose Traumata erlitten. Der Präsident sprach von einem "Schandfleck in der amerikanischen Geschichte", den die Öffentlichkeit viel zu lange ignoriert habe.
Mindestens 18.000 Betroffene
Zwar sei das Internat-Programm schon vor Jahrzehnten eingestellt worden. Eine offizielle Entschuldigung seitens der Regierung habe es bislang aber nicht gegeben. Er hole diesen überfälligen Schritt nun nach, betonte Biden. Die Demokraten erhoffen sich von seinem symbolträchtigen Auftritt Impulse für den aktuellen Präsidentschaftswahlkampf. Arizona zählt zu den Swing States, also zu den besonders umkämpften Bundesstaaten, die am Ende wahlentscheidend sein werden.
Das US-Innenministerium hatte 2021 eine Studie in Auftrag gegeben, um die Auswirkungen der Internatspolitik zu untersuchen. Laut dem im Sommer veröffentlichten Abschlussbericht starben fast 1.000 Kinder in den Schulen. Von 1819 bis 1969 wurden demnach mindestens 18.000 indigene Kinder in staatliche Internate geschickt, in denen sie gequält und ihrer kulturellen Identität beraubt wurden. Viele der Schulen befanden sich in katholischer Trägerschaft. Seit Ende des 19. Jahrhunderts soll es in den Einrichtungen auch zu sexuellem Missbrauch gekommen sein. Die meisten Taten wurden nach Recherchen der "Washington Post" in den 1950er und 60er Jahren verübt. Unter den Beschuldigten seien mindestens 122 Priester und Ordensleute.