Bischöfe sehen Debatte über Syrien-Rückkehr als völlig unangemessen

Entwicklungen noch nicht absehbar

Kurz nach dem Sturz von Syriens Machthaber Assad entbrannte eine Debatte über die Rückkehr von Flüchtlingen. Dazu positioniert sich der katholische Flüchtlingsbischof Stefan Heße. Ein weiterer Bischof blickt auf die Christen im Land.

Syrien, Damaskus: Rauchschwaden steigen auf, während Menschen in Damaskus, den Sturz der syrischen Regierung feiern. / © Ugur Yildirim/DIA Photo/AP (dpa)
Syrien, Damaskus: Rauchschwaden steigen auf, während Menschen in Damaskus, den Sturz der syrischen Regierung feiern. / © Ugur Yildirim/DIA Photo/AP ( dpa )

Der katholische Flüchtlingsbischof Stefan Heße kritisiert die Diskussion um eine Rückkehr syrischer Flüchtlinge nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad. Das sei "völlig unangemessen", erklärte der Hamburger Erzbischof am Freitag. Sicher gebe es auch Geflüchtete, die zurückkehrten. "Aber: Wer aktuell die Erwartung nach schnellen Rückführungen schürt, blendet die Realität aus. So sehr wir alle uns ein Syrien wünschen, in dem Frieden herrscht und die Menschenrechte gewahrt werden: Aktuell ist überhaupt nicht absehbar, wie sich die Lage in Syrien entwickelt."

Erzbischof Stefan Heße / © Maximilian von Lachner (DBK)
Erzbischof Stefan Heße / © Maximilian von Lachner ( DBK )

Meldungen zeigten, wie viele Akteure und Interessen das Geschehen in dem Land beeinflussten, betonte der Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz mit Sitz in Bonn. "Ob wirklich Frieden einkehrt und das Land sich stabilisieren kann, lässt sich derzeit nicht sagen."

Appell an Bundesregierung, Syrien zu unterstützen

Der neue syrische Regierungschef Mohammed al-Baschir hatte syrische Flüchtlinge in der ganzen Welt dazu aufgerufen, zurückzukehren: "Wir müssen unser Land wiederaufbauen und auf die Beine bringen und wir brauchen die Hilfe aller", sagte er am Mittwoch der italienischen Zeitung "Corriere della Sera". Auch in Deutschland war gleich nach dem Sturz Assads vor einer Woche eine Debatte über eine mögliche Rückkehr von Flüchtlingen entbrannt.

Heße appellierte mit dem Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten, Paderborns Erzbischof Udo Markus Bentz, an die Bundesregierung und die internationale Gemeinschaft, die syrische Bevölkerung im Übergangsprozess zu unterstützen. Beide sprachen mit Blick auf Syrien von einer "historischen Zäsur".

Chance auf nachhaltigen Frieden ergreifen

Dr. Udo Markus Bentz, Erzbischof von Paderborn. / © Besim Mazhiqi (EBP)
Dr. Udo Markus Bentz, Erzbischof von Paderborn. / © Besim Mazhiqi ( EBP )

Wegen des Bürgerkriegs, der Verbrechen der Terrormiliz "Islamischer Staat" und anderer Gräueltaten habe sich die Zahl der Christinnen und Christen in Syrien drastisch reduziert, so die Bischofskonferenz. "Während vor dem Bürgerkrieg die Zahl der christlichen Gläubigen mit etwa 1,5 Millionen angegeben wurde, sollen es heute nur noch etwa 300.000 Personen sein."

Bentz betonte, dass Christinnen und Christen seit den Anfängen des Glaubens in Syrien beheimatet seien. "Als katholische Kirche in Deutschland stehen wir an der Seite unserer christlichen Schwestern und Brüder in Syrien. Wir teilen ihre Hoffnung auf einen Neuanfang, aber auch ihre Ängste und Sorgen." In der jetzigen Übergangszeit müssten alle Akteure verantwortungsvoll handeln und die Chance auf nachhaltigen Frieden und stabile politische Verhältnisse ergreifen.

Christen in Syrien

Syrien gilt als Wiege des Christentums. Vor dem 2011 ausgebrochenen Bürgerkrieg waren laut Daten der Linzer "Initiative Christlicher Orient" etwa 7 Prozent der damals 21 Millionen Syrer christlich. Aktuelle Zahlen sind schwer zu ermitteln, auch weil mindestens 5,5 Millionen Syrerinnen und Syrer aus dem Land geflohen sind. Nach verschiedenen Schätzungen soll es noch maximal 500.000 Christen in Syrien geben. Rund drei Viertel der Syrer sind sunnitische Muslime, etwa 12 Prozent gehörten vor dem Krieg der Sekte der Alawiten an, darunter auch der nun gestürzte Assad-Clan. 

Außenansicht der Kirche Sankt Georg in Izra (Syrien) / © Karin Leukefeld (KNA)
Außenansicht der Kirche Sankt Georg in Izra (Syrien) / © Karin Leukefeld ( KNA )
Quelle:
KNA