"Da passiert viel. Trägheit, Abwarten und das Abschieben auf später findet man da nicht. Da wird gehandelt", sagte der emeritierte Bischof von Aliwal in Südafrika dem Schweizer Portal kath.ch (Freitag).
"Ich werde etwas nervös, wenn Menschen sagen, dass gewisse Reformen eben noch 40 oder 50 Jahre brauchen, bis sie umgesetzt werden können. Das darf nicht sein."
Früh schon "synodales Handeln" sichtbar
Entscheidend seien schon in der biblischen Apostelgeschichte Beteiligung der Gläubigen und "synodales Handeln" gewesen, sagte er mit Blick auf den von Papst Franziskus angestoßenen Reformprozess Weltsynode: Die frühen Christinnen und Christen hätten sich zusammengesetzt und gemeinsam nach Lösungen gesucht. "Und zwar zügig, inklusiv und intensiv. Eben unter Beteiligung so vieler wie möglich", so der 69-Jährige. Da habe man "teilweise auch rabiat diskutiert".
Zum zentralen Treffen der Weltsynode ab kommender Woche im Vatikan erklärte der Theologe: "Die Zeit drängt. Es braucht Veränderungen. Es braucht Dynamik in der Kirche."
Die frühen Christinnen und Christen hätten sich von der Tradition nicht irritieren lassen, so der Autor des Buchs "Kompass Urkirche. Überraschendes aus der Apostelgeschichte für christliche Gemeinden heute" (Schwabenverlag). "Diese Dynamik und dieser Mut fehlen heute. Das ist eine schmerzhafte Erfahrung für mich."
Blick auf seine Zeit in Südafrika
Aus seiner Zeit als Bischof in Südafrika berichtete er, auch aufgrund des Priestermangels hätten die Gemeindemitglieder sehr viel Verantwortung übernommen, etwa mit sogenannten "Leadern".
Er habe den Gemeinden sehr viel zugetraut. "Wenn ich Besuch aus der Schweiz und Deutschland hatte, waren sie immer ganz überrascht, wie weit wir in der Frage der Gemeindebildung sind", so der Geistliche. Die Menschen in Südafrika wollten mitbestimmen - "das hängt mit der Apartheid-Zeit zusammen. Wenn ich als Bischof von oben diktiert hätte, wäre das nicht gut angekommen."
Er kenne in den Gemeinden seiner ehemaligen Diözese - aber auch in Deutschland - viele geeignete Menschen, "die priesterlich-sakramental wirken und die pastorale Not in den Gemeinden beheben" könnten. "Sie haben sich ja bereits oft über viele Jahre bewährt."
Auch hier könne das Handeln der ersten Christinnen und Christen heute Anregung sein, betonte er. Michael Wüstenberg war von 2008 bis zu seinem Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen 2017 Bischof der südafrikanischen Diözese Aliwal. Seither lebt er in Deutschland.