Es war ein mühsames Unterfangen. Frustrierend, zeitraubend und nur von mäßigem Erfolg gekrönt. Martin Wein, Kommunionhelfer und Aushilfs-Mesner in der oberbayerischen Kirchengemeinde Sankt Jakobus in Mammendorf, erinnert sich mit gemischten Gefühlen an die Pfarrgemeinderatswahlen im Frühjahr.
"Trotz mehrerer Aufrufe in den Gottesdiensten haben wir mit viel Herumfragen gerade so die erforderliche Zahl Kandidaten zusammenbekommen", berichtet der 35-jährige. Er selbst ist seit vielen Jahren ehrenamtlich in seiner Pfarrgemeinde engagiert.
Große Austrittswellen
Inzwischen gehört diese zu einem Pfarrverband im westlichen Teil des Erzbistums München-Freising. Nach den Austrittswellen der vergangenen Jahre zählte sie Ende 2021 rund 2.750 Katholiken. Etwa 100 Gläubige hatten der Kirche dort in einem Jahr den Rücken gekehrt, und es wird - wie in vielen Gemeinden - immer schwieriger, Freiwillige für Ehrenämter zu begeistern.
"Es wurde keineswegs überall so mühsam um Kandidaten gekämpft", relativiert Karl Eder. Der Geschäftsführer des Landeskomitees der Katholiken in Bayern verweist darauf, dass es stark von den örtlichen Gegebenheiten abhänge, wie viele Ehrenamtliche eine Gemeinde habe.
Angesichts von bayernweit rund 900.000 Mitgliedern in kirchlichen Verbänden spricht er nur von "punktuellen Problemen". Für ihn lässt sich auch kein Zusammenhang mit der Reihe an Missbrauchsskandalen erkennen: "Wenn eine Gemeinde nicht unmittelbar betroffen war, spielt das keine Rolle." Der Mangel an Ehrenamtlichen sei eher ein gesamtgesellschaftliches Problem.
Stress bei der Arbeit, ständig unterwegs, die Freizeit verplant - wieso sollte da noch jemand ein Ehrenamt übernehmen? Wer sich dennoch für die Kirche engagiert, steht im Freundeskreis nicht selten unter Rechtfertigungsdruck oder hat zumindest "Kuriositätencharakter", wie Bettina Hollstein es ausdrückt. Die Geschäftsführerin des Max-Weber-Kollegs für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien an der Universität Erfurt plädiert dafür, zur Gewinnung neuer Engagierter auf kurzfristiges, projektgebundenes Engagement zu setzen.
Freiheit und Flexibilität kein Widerspruch
Beispielhaft für ein solches Projekt war die Aufführung eines Theaterstücks, in der Menschen mit und ohne Handicap gemeinsam auftraten. Dafür kamen zu der Gruppe, die monatlich Angebote für Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen organisierte, neue Engagierte hinzu, von denen manche später weitermachten und andere sich nach Abschluss des Projekts wieder verabschiedeten.
Dass Freiheit und Flexibilität kein Widerspruch zu ehrenamtlichen Verpflichtungen sein müssen, beweist Melanie Lehner-Mollenhauer. Die zweifache Mutter organisiert in Mammendorf Kindergottesdienste - in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen. Bei den genauen Zeitpunkten und der Ausgestaltung der Feiern lässt ihr Pfarrer Wolfgang Huber freie Hand. Wohl wissend, dass Lehner-Mollenhauer ein echter Glücksfall für die Gemeinde ist: Als ausgebildete Erzieherin verfügt die 37-Jährige nicht nur über das pädagogische Wissen; sie hat von ihrer Mutter - ebenfalls ehrenamtlich in der Gottesdienstgestaltung aktiv - auch den religiösen Hintergrund mitbekommen.
Etwa 50 Kinder saßen dicht gedrängt in ihrem letzten Gottesdienst, dazu etwa ebenso viele Erwachsene. Eine Zahl, von der Pfarrer Huber an normalen Sonntagen in seinen Messen nur träumen kann. "Meine Wertschätzung drückt sich im Vertrauen aus, das ich den Ehrenamtlichen entgegenbringe", sagt der Geistliche. Das habe sich letztlich immer ausgezahlt.
Aktive auch unter jungen Menschen
Auch unter den jungen Menschen gibt es einige Aktive. Die 19-jährige Lara Schoger etwa war mehrere Jahre Ministrantin in Mammendorf und ist nun Oberministrantin. Während ihre Brüder und ihre Mutter ebenfalls zum Kern der Gemeinde zählen, ist Laras Vater schon vor Jahren ausgetreten. Die kirchliche Mitarbeit seiner Tochter weiß er dennoch zu schätzen. "Das ehrenamtliche Engagement steht für ihn im Vordergrund. Ob es in der Kirche stattfindet oder anderswo, ist ihm nicht so wichtig", erzählt Lara, die momentan ein Freiwilliges Soziales Jahr im Rettungsdienst absolviert.
Karl Eder kann Ehrenamtliche wie Lara in ihrem Tun nur bestärken. Da der Mangel an Priestern und anderen Hauptamtlichen immer eklatanter werde, käme ihnen bei den anstehenden Veränderungen in der Kirche eine immer bedeutendere Rolle zu. "Wenn die Kirche eine Chance hat, dann im Bereich des Ehrenamts", ist er überzeugt.