Blog des Chefredakteurs aus dem Vatikan zur Weltsynode #8

Engel funkt SOS

Ein Bild sagt bekanntlich mehr als 1.000 Worte. Aber Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen gibt trotzdem seinen Senf dazu. Er beobachtet aus seinem "Rome-Office" die Weltsynode und beschreibt im Blog seine Eindrücke aus der ewigen Stadt.

Luca Casarini, Teilnehmer der Weltsynode und Einsatzleiter auf dem Rettungsschiff der Hilfsorganisation "Mediterranea Saving Humans" (KNA)
Luca Casarini, Teilnehmer der Weltsynode und Einsatzleiter auf dem Rettungsschiff der Hilfsorganisation "Mediterranea Saving Humans" / ( KNA )

"In einer Welt, in der es einen Wettlauf darum geht, wer die meisten Menschen tötet, eine Welt, die von Hass beherrscht wird, muss man Schwestern und Brüdern zu Hilfe eilen und sie umarmen!" Was für starke Worte. Mitten im Hier und Jetzt. Mitten im Krieg und Elend dieser Welt.

Ingo Brüggenjürgen im Vatikan (DR)
Ingo Brüggenjürgen im Vatikan / ( DR )

Das Glaubenszeugnis kommt von Luca Casarini. Er ist auf Wunsch von Papst Franziskus als "besonderer Abgesandter" einziges Mitglied der Weltsynode einer nicht-kirchlichen Hilfsorganisation. Er engagiert sich für "Mediterranea Saving Humans". Er hat keine Stimmrecht bei der Synode. Aber ein Rederecht - und seine Stimme ist unüberhörbar. Er bezeichnet sich als privilegierten Mensch - nicht weil er einer der Teilnehmer der Weltbischofssynode ist. Nein, weil er mitten auf dem Meer Menschen rettet. Gegen ihn wurde ermittelt, weil er 38 Flüchtlinge aus dem Meer gerettet hatte.

Wenn man ihm zuhört, erkennt man den Irrsinn dieser Welt. Da werden Menschen angeklagt, weil sie Menschen aus dem Mittelmeer ziehen - von überfüllten Booten in Sicherheit bringen. Luca Casarini fühlt sich beschenkt, weil er da draußen auf dem Meer Menschen in Geschwisterlichkeit begegnete. Nicht nur die Flüchtlinge lebten in Armut. Er bescheinigt auch unserer westlichen Welt eine menschliche Armut, weil wir tatenlos wegsehen. Nicht helfen.

So wird der "größte Friedhof Europas", so hat der Papst das Sterben im Mittelmeer schon vor Jahren auf den Punkt gebracht, von Tag zu Tag größer. Über 2.600 Tote sind es nach Luca Casarinis Angaben alleine in diesem Jahr seit Januar. Viele bleiben in der Statistik ungezählt, weil niemand da ist, der wie Luca sein helfende Hand reicht. Wenn man Luca zuhört, schämt man sich unwillkürlich für alle, die da fabulieren, das Boot sei voll. Alle, die da eine "robustere Abgrenzung" fordern - und damit doch eigentlich meinen, die Flüchtlinge sind mir jetzt egal, ich habe selber Probleme genug.

Die Bronzeskulptur "Angels Unawares" von Timothy Schmalz zeigt eine Gruppe von Flüchtlingen und Migranten auf einem Boot / © Paul Wuthe/Kathpress (KNA)
Die Bronzeskulptur "Angels Unawares" von Timothy Schmalz zeigt eine Gruppe von Flüchtlingen und Migranten auf einem Boot / © Paul Wuthe/Kathpress ( KNA )

Mitten auf dem Petersplatz hat Papst Franziskus schon 2019 ein ein überfülltes Boot aufstellen lassen. Das Kunstwerk heißt "Angels Unawares" - Engel, ohne es zu ahnen. Hier im Vatikan kommt jeder der Synodalen immer wieder an den Engeln im überfüllten Boot vorbei. Engel, die uns zeigen, worauf es in unserem Leben wirklich ankommt. Was wirklich wichtig ist. Was wir als Menschen nie vergessen dürfen, wenn wir Menschen bleiben wollen. Engel, die wie Luca Casarini ganz eindringlich SOS funken. Rettet die Seelen! Rettet sie, es sind doch eure Schwestern und Brüder! 

Ingo Brüggenjürgen 

Chefredakteur

Quelle:
DR
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