DOMRADIO.DE: Am Sonntag wird die Diaspora-Aktion 2024 eröffnet. Sie läuft unter dem Motto "Erzähle, worauf du vertraust." Warum findet die Eröffnung der Aktion in Regensburg statt?
Msgr. Georg Austen (Einziges deutschsprachiges Mitglied des Dikasteriums für Evangelisierung und Generalsekretär des Bonifatiuswerks der deutschen Katholiken): Das Bonifatiuswerk wurde vor 175 Jahren in Regensburg gegründet, das Hilfswerk für den Glauben und die Solidarität, gegründet. Wir freuen uns auf viele Delegierte, die ihre Erfahrungen teilen.
Die bundesweite Eröffnung für Deutschland findet mit vielen Gästen aus Deutschland, aber auch aus Nordeuropa und dem Baltikum statt. Am Sonntag feiern wir zusammen Gottesdienst.
DOMRADIO.DE: "Erzähle, worauf du vertraust." Das Motto erschließt sich nicht sofort. Was ist der Gedanke hinter dem Motto?
Austen: Ich glaube, wir leben in einer Zeit, in der Vertrauen nötig ist. Vertrauen tut Not.
Wir leben in einer Zeit der Zerrissenheit in politischen und wirtschaftlichen Bereichen und in der Kirche. Worauf kann ich überhaupt vertrauen? Worauf kann ich mich verlassen? Wo gibt uns der Glaube Kraft und Halt?
Vertrauen ist immer ein Risiko, aber die kostbarste Ressource, die wir überhaupt haben. Darum geht es. Wichtig ist auch, davon zu erzählen. Was brauchen Menschen? Wo kann ich davon berichten, voneinander lernen, aufeinander hören? Worauf können wir uns verlassen? Was können wir zusammen tun?
Gerade auch in Regionen in der Diaspora, wo ich im Glauben, in der Vereinzelung lebe. Aber ich glaube, die Gesellschaft insgesamt, nicht nur in Deutschland, braucht etwas, mit dem wir aus dem Glauben sehen können, aber auch für die Welt.
Worauf können wir uns verlassen? Was kann ich dem anderen zutrauen und wo kann ich ihm vertrauen? Dazu möchten wir anregen. Wir möchten aber auch sagen, dass wir etwas im Glauben und in der frohen Botschaft entdecken.
DOMRADIO.DE: Sie sprachen gerade die Situation an. Die aktuelle Zeit ist von großen Krisen geprägt. Wie ist die Situation von Christinnen und Christen in der Diaspora, also da, wo Christinnen und Christen in der Minderheit sind?
Austen: Es gibt nicht die Diaspora. Es gibt sehr unterschiedliche Gesichter von Diaspora. Wenn Sie einerseits sagen, die zahlenmäßige Diaspora, dann können Sie nach Nord- und Ostdeutschland schauen, wo etwa 80 Prozent der dort lebenden Menschen keiner christlichen Konfession angehören.
Wenn wir in andere Regionen wie in Regensburg oder auch nach Köln oder woanders hinschauen, gibt es die Glaubensdiaspora, wo ich auch oftmals allein bin in dem, wie ich Glauben lebe und erlebe. In Nordeuropa jedoch ist es eine Migrantenkirche, die sehr international und mit einem jungen Gesicht wächst.
Sie ist zwar materiell arm, aber reich an Glaubensschätzen, Lebensgewohnheiten und Lebensstilen. Von daher ist es schon eine sehr unterschiedliche Diaspora. Was uns verbindet, ist letztendlich die Frage, wie wir den Glauben in die heutige Zeit transferieren können.
Wie können wir den Menschen den Mehrwert des Glaubens deutlich machen? Wo sind wir als Christen und Christinnen gefordert in all den krisengeschüttelten Zeiten, die nicht weniger werden, sondern im Moment habe ich den Eindruck, eher mehr.
DOMRADIO.DE: Die Diaspora-Aktion startet an diesem Sonntag und läuft auf den Diaspora-Sonntag am kommenden Sonntag hinaus. Dann ist die große Kollekte. Was erhoffen Sie sich von den Gläubigen?
Austen: Ich würde mich freuen, wenn die Situation von Glaubensbrüdern und -Schwestern in einer Minderheitensituation Beachtung findet. Damit wir sehen, was wir voneinander lernen können. Wo können wir uns ermutigen? Was können wir auch miteinander als Weltkirche lernen?
Zweitens: dass wir füreinander beten, dass wir verbunden sind im Glauben und in den Gottesdiensten. Das Dritte ist die Solidarität. Durch die Hilfe von Spendern und Spenderinnen, denen ich immer wieder danken möchte, werden Projekte, gerade auch in der Diaspora-Situation, ermöglicht.
Wir können im Jahr derzeit mehr als 1000 Projekte ergänzungsfinanzierend unterstützen. Ein Projekt in diesem Jahr ist das Hospiz in Heiligenstadt, das gerade eröffnet wurde. Für Menschen, die eben ernsthaft erkrankt sind oder als Gäste im Hospiz auf den Tod zu gehen.
Dort werden sie begleitet, erfahren Kraft und können menschenwürdig auf den Tod zugehen. Dort werden sie mit ins Gebet genommen und können einen Ort finden. Das finde ich wichtig, Menschen an den Grenzsituationen des Lebens zu begleiten, ihnen Kraft und Halt zu geben. Dafür ist das ein sehr gutes Beispielprojekt.
Das Interview führte Alexander Foxius.