Der Bundespräsident besuchte am Mittwoch gemeinsam mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, die russische Hauptstadt. Mit der Rückübertragung der Kathedrale gehe "ein langgehegter Wunsch in Erfüllung und ebenso ein geduldiges Bemühen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland um dieses schöne Gotteshaus".
Steinmeier fügte hinzu, er danke dem russischen Präsidenten Wladimir Putin für seine Unterstützung "und die schöne Geste im Jahr des Reformationsjubiläums, umso mehr, weil ich weiß, wie viel sie den evangelischen Christen in Russland bedeutet".
Beziehung zwischen Deutschen und Russen
Bedford-Strohm und Steinmeier wohnten einer Zeremonie zur Rückgabe der in der Stalin-Zeit enteigneten Kathedrale St. Peter und Paul an die Evangelisch-Lutherische Kirche in Russland bei.
An deren Erzbischof, Dietrich Brauer, wurde der Schlüssel zu dem Kirchengebäude bei der Begegnung symbolisch zurückgegeben. Der russische Kulturminister, Wladimir Rostislawowitsch Medinskij, sagte in seinem Grußwort, in der Zeit des Terrors sei sowohl der orthodoxen als auch der lutherischen Kirche Unrecht angetan worden.
Kathedrale in und nach der Sowjetunion
Das kommunistische Regime hatte 1936 den Pfarrer der lutherischen Hauptkirche erschießen lassen und den Sakralbau 1938 zu Staatseigentum erklärt. Anschließend wurde in der Kathedrale ein Kino eingerichtet und 1957 der Kirchturm abgerissen. Erst seit 1991 können hier wieder Gottesdienste gefeiert werden.
Die farbigen Glasfenster im Altarraum zeigen die Wittenberger Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon sowie den Apostel Petrus und den heiligen Paulus.
Nähe oder Ferne
Orthodoxe und Lutheraner, Russen und Deutsche seien sich "in der wechselvollen Geschichte, die sie verbindet, nah und fern" gewesen, sagte Steinmeier. "Und oft, so wage ich zu behaupten, wussten wir nicht einmal zu sagen, was unser Verhältnis mehr bestimmt, Nähe oder Ferne."
Angesichts der angespannten deutsch-russischen Beziehungen hat er seine Hoffnung auf eine "Neubegegnung" ausgedrückt.
Hoffnung auf Rückgabe weiterer Kirchengebäude
Der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm bedankte sich für die Rückgabe des Kirchengebäudes an die Evangelisch-Lutherische Kirche. Dies könne ein Anlass sein, auch andere, noch in staatlicher Hand befindliche Kirchengebäude zurückzugeben, sagte der bayerische Landesbischof und verwies auf die größte lutherische Kirche in Russland, die St.-Petri-Kirche in Sankt Petersburg.
Sie war im Jahr der Oktoberrevolution verstaatlicht worden und wurde Anfang der 1990er Jahre der evangelischen Kirche zurückgegeben. Heute ist sie Bischofskirche und beherbergt auch die deutsche evangelische Gemeinde in Sankt Petersburg.
Neue Begegnungen
Der Bundespräsident nahm sich bei seinem ersten Russlandbesuch eine Stunde Zeit für Gespräche mit der Menschenrechtsorganisation Memorial.
In den Archiven der Organisation fänden sich Spuren einer von Orthodoxen und Lutheranern gleichermaßen durchlittenen Zeit. "Sie alle waren Christen, die für ihren Glauben eintraten", sagte Steinmeier. Dies anzuerkennen, sei man den Opfern dieser Jahre schuldig.
Rückgabe als Geste in Richtung Deutschland
"Vielleicht kann die Errungenschaft der Reformation, die Entdeckung der Würde des Individuums vor Gott, ja, auch ihr Freiheitsversprechen, das wir in diesem Jahr feiern, Anlass sein, uns wieder und neu zu begegnen", sagte der Bundespräsident.
Er wünsche sich, dass die Kathedrale St. Peter und Paul – heute Hauptkirche der russischen Lutheraner – "ein Ort der Begegnung bleiben wird, ein Raum, in dem Orthodoxe und Lutheraner, Russen und Deutsche einander nah sind". Hier könne man "vorleben, dass Unterschiede Gemeinsamkeiten nicht im Wege stehen müssen".