Chancen und Risiken von KI sind Thema auf dem Katholikentag

Künstliche Intelligenz stellt Fragen an die Menschen

Roboter Nao tanzt und Experten diskutieren über Technologien des Todes: Künstliche Intelligenz und ihre Auswirkungen sind auch Thema auf dem Katholikentag in Erfurt. Doch was ist Künstliche Intelligenz eigentlich?

Autor/in:
Lisa Maria Plesker
Roboter auf einer Werkstatt zum Thema Digitalisierung auf dem 103. Katholikentag am 30. Mai 2024 in Erfurt. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Roboter auf einer Werkstatt zum Thema Digitalisierung auf dem 103. Katholikentag am 30. Mai 2024 in Erfurt. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Hoffnungen im Bereich Pflegeunterstützung und Wirtschaft, Ängste vor menschenverachtenden Technologien des Todes: Künstliche Intelligenz ruft emotionale Reaktionen hervor. So ist diese Technologie der Zukunft gleich mehrfach Thema beim Katholikentag in Erfurt.

Der Informatiker Christof Ebert (Stuttgart) definiert sie als eine Wissenschaft von der Automatisierung von Tätigkeiten, zu denen normalerweise menschlicher Geist nötig wäre. Friedensethikerin Nicole Kunkel (Berlin) sagt, der menschliche Intelligenzbegriff gehe viel weiter: "Wir denken, bei Künstlicher Intelligenz ist auch Autonomie drin. Ist es aber nicht. Das, was Maschinen nicht können, ist urteilen." So passe der Begriff "Autoregulation" eher - dieser Begriff sei technischer. KI könne keine ethischen Entscheidungen treffen.

Den Planeten retten oder zerstören

"KI spiegelt unsere eigene Moral", sagte Ebert im Forum zu KI und Moral. So hänge es von den Menschen ab, die Systeme so zu gestalten, dass sie unseren Moralverstellungen entsprechen. Auch Grünen-Chef Omid Nouripour sieht die Menschen in der Pflicht, Technologien in ihrem Sinne anzuwenden: "Wir könnten mit dem richtigen Einsatz von KI den Planeten retten, aber ehrlich gesagt könnten wir den Planeten mit KI auch zerstören", sagte er. Krieg sei menschengemacht: "Die Menschen entscheiden am Ende, ob es eskaliert oder nicht." Das sei keine Frage der Technologie.

Der Blick in die militärische Praxis bestätigt diese Einschätzung: Brigadegeneral Rainer Simon berichtete über KI-basierte Krisenpräventionssysteme und automatisierte Schutzsysteme nach Art des "Iron Dome" in Israel. Doch auch sein Fazit: "Die Verantwortung trägt am Ende des Tages ein Mensch."

Roboter, glaubst du an Gott?

Unter dem Titel "Roboter, glaubst du an Gott?" widmet sich ein Werkstattgespräch den Einsatzmöglichkeiten von Robotern in Religion und Kirche. Anna Puzio von der Universität Twente, (Enschede/Niederlande) hat dazu den humanoiden Roboter Nao mit nach Erfurt gebracht. Der schaut sich suchend um, reckt und streckt sich - und fängt an zu tanzen. Er ist nur einen halben Meter groß und zieht doch alle Umstehenden in seinen Bann. Er imitiert einen Elefanten, eine Maus, einen Gorilla oder - unter dem Gelächter der Zuschauer - einen Staubsauger. Dann fällt er hin - und muss neu gestartet werden.

So putzig der Roboter auch ist - viele Teilnehmende sind desillusioniert. So ganz praxistauglich für den Einsatz in der Seelsorge erscheint der kleine Kerl noch nicht. Doch sie denken in die Zukunft: Was könnte möglich werden - und was wäre überhaupt wünschenswert? Wo sollten Grenzen sein?

Unterstützung in Seelsorge und Pflege

Die einen denken an einen Seelsorge-Roboter als zusätzliche Unterhaltung für ältere, einsame Menschen. Sie fänden es hilfreich, wenn der Roboter die bekannten Kirchenlieder kennen und auf Wunsch vorsingen würde. Andere stellen sich einen Seelsorge-Roboter als Assistenten fürs Stundengebet älterer Ordensleute vor: Ein humanoider, freundlicher Roboter, mit dem man sprechen kann.

Eine Frau berichtet aus dem medizinischen Bereich: "Über kurz oder lang kommen wir nicht drum herum", meint sie mit Blick auf den Personalmangel. Zuwendung schenken durch über den Kopf streicheln reiche bei dementen Patienten oft schon aus. "Wenn das durch einen Roboter öfter passieren könnte, wäre das schon was", meint sie.

So unterschiedlich die Vorstellungen vom Seelsorge-Roboter sind: Nach einer theologischen Debatte über Sakramente sind sich die Diskutierenden einig, dass Sakramentenspendung für Roboter nicht in Frage komme. Wie bei den Themen KI und Moral und im militärischen Bereich zeigt auch das Thema Seelsorge-Roboter: Wer sich mit Regeln und Rahmenbedingungen Künstlicher Intelligenz beschäftigt, wird zurückgeworfen auf eine Selbstvergewisserung: Was halte ich eigentlich für moralisch, für wünschenswert und für theologisch sinnvoll?

Was ist Künstliche Intelligenz?

Der Begriff Künstliche Intelligenz (KI) wurde vor mehr als 60 Jahren geprägt durch den US-Informatiker John McCarthy. Er stellte einen Antrag für ein Forschungsprojekt zu Maschinen, die Schach spielten, mathematische Probleme lösten und selbstständig lernten. Im Sommer 1956 stellte er seine Erkenntnisse anderen Wissenschaftlern vor. Der britische Mathematiker Alan Turing hatte sechs Jahre zuvor bereits den "Turing Test" entwickelt, der bestimmen kann, ob das Gegenüber ein Mensch ist oder eine Maschine, die sich als Mensch ausgibt.

Symbolbild Künstliche Intelligenz / © maxuser (shutterstock)
Symbolbild Künstliche Intelligenz / © maxuser ( shutterstock )
Quelle:
KNA