Tod, Verlust und Trauer - auch diese Lebensbereiche werden künftig nach Einschätzung eines Experten von Künstlicher Intelligenz (KI) beeinflusst werden. Wie dies konkret aussehen werde, sei auch eine individuelle Frage, sagte der Soziologe Matthias Meitzler dem Portal katholisch.de (Freitag). Der Einsatz von KI-Systemen werde in der Trauerbegleitung und im psychotherapeutischen Kontext bereits diskutiert.
So könne die KI-Simulation einer verstorbenen Person in manchen Fällen den Abschied erleichtern, etwa "bei einem plötzlichen Todesfall, wo Vieles unausgesprochen geblieben ist". Es müsse bei Formen des digitalen Weiterlebens aber nicht "darum gehen, den Verstorbenen dauerhaft präsent und ansprechbar zu halten".
Zumal viele Menschen eine allzu starke Bindung an ein digitales Gegenüber eher skeptisch sähen, so Meitzler. "Menschen, die ich zu diesem Thema befragt habe, fürchten: Ich komme davon nicht mehr los, ich flüchte mich in eine Scheinwelt, was die Auseinandersetzung und den Trauerprozess behindert."
Parallelen zwischen KI und Religion?
Technisch gesehen brauche es nur genügend Daten, die die optische Erscheinung und das Kommunikationsverhalten eines Menschen repräsentieren könnten. Daraus könne man durch KI ein digitales "Weiterleben nach dem Tod" möglich machen. Dies sei bei der jetzigen Großelterngeneration noch kaum der Fall, sagte der Forscher.
Dennoch habe es bereits vereinzelt Beerdigungen gegeben, bei denen Hinterbliebene eine KI-Variante der verstorbenen Personen befragen konnten. Und: "In einer zukünftigen Gesellschaft, die fast nur noch aus Digital Natives bestehen wird, dürfte auch der Umgang mit Sterben, Tod, Trauer und Erinnerung vermehrt digital orientiert sein."
Meitzler sieht insofern Parallelen zur Religion, als es "um die Idee der Transzendenz" gehe, also die Hoffnung, "dass der Tod nicht das Ende ist und es eine Daseinsform gibt, die über die leibliche Existenz hinausgeht". Angebote des digitalen Weiterlebens ließen sich als Versuch verstehen, "die Grenze des menschlichen Lebens zu überwinden, indem man so etwas wie eine digitale Fortexistenz ermöglicht. Auch die Kirche wird sich zu diesem Thema positionieren müssen."