DOMRADIO.DE: Hat das Christkind auch männliche Unterstützer im Postamt oder gibt es dort nur Frauen?
Birgit Müller (Christkind-Assistentin in Engelskirchen): Wir haben zurzeit auch zwei Männer dabei. Darüber sind wir auch ganz glücklich. Sie helfen uns bei der Beantwortung der Post, und kräftige Arme können bei schweren Arbeiten auch mal behilflich sein.
Wir haben ja Mengen an Kisten am Posteingang, die alle in die obere Etage befördert werden müssen. Und genauso müssen sie auch wieder runter in den Postwagen, damit der Zusteller die Briefe mitnehmen kann. Wir müssen ziemlich viel buckeln. Da sind wir ganz froh, dass wir zwei kräftige Männer dabei haben.
DOMRADIO.DE: Kriegen Sie dann morgens eine gelbe Postkiste auf den Tisch gestellt und die müssen Sie am Ende des Tages abgearbeitet haben? Oder wie funktioniert das?
Müller: Mit einer Kiste ist es nicht getan. Es funktioniert so: Wir kommen morgens an und machen erst mal die Weihnachtsbeleuchtung an. Alles muss schön erleuchtet sein, weihnachtliche Stimmung, das ist das oberste Gebot. Dann geht es fast schon wie von selbst.
Dann kommt der Postbote. Der bringt uns wirklich sehr viele gelbe Pakete mit Wunschzetteln, die wir nach oben bringen müssen, wo sie erstmal sortiert werden, nach Kindergärten und Schulen, die gesondert bearbeitet werden. Ausländische Briefe werden auch gesondert bearbeitet.
Dann geht es ans Öffnen der Post. Wir lesen jeden Brief und wenn darin Geschwisterkinder genannt werden, dann schicken wir auch denen manchmal eine Antwort, wenn wir das Gefühl haben, dass die auch gerne Post bekommen würden. Es gibt bei uns viel zu lachen und zu schmunzeln, und manchmal sind wir sehr gerührt. Das ist einfach nur schön.
DOMRADIO.DE: Hand aufs Herz, Frau Müller. Der zehnte Brief macht vielleicht noch Spaß, aber der hundertste auch noch?
Müller: Auch noch. Aber ich muss zugeben, kurz vor Weihnachten nehmen die Kräfte irgendwann ein bisschen ab, aber diese schönen Schreiben, die wir bekommen, die motivieren uns sehr. Es ist einfach schön, in diese Kinderherzen hineinblicken zu können. Das macht wirklich Spaß.
DOMRADIO.DE: Schickt man am besten jetzt schon seinen Wunschzettel los, weil sie sich jetzt mehr Zeit dafür nehmen als Mitte Dezember? Oder spielt das gar keine Rolle?
Müller: Es spielt eigentlich keine Rolle. Wir nehmen uns viel Zeit für die Briefe, egal wann die kommen, die werden auch alle beantwortet, vorausgesetzt, der Absender ist drauf, was leider immer wieder vergessen wird. Oh ja, da muss ich noch mal drauf hinweisen. Es ist so schade! Dann hat sich ein Kind so viel Mühe gegeben und dann vergessen, den Absender draufzuschreiben. Das ist immer schade.
Rechtzeitig zu schreiben, ist aber auch mit Blick auf die Postboten gut. Die haben ja alle Hände voll zu tun, gerade vor Weihnachten. Damit man das dann gleichmäßiger verteilen kann, wäre es schon gut, die Briefe zeitig abzuschicken.
DOMRADIO.DE: Also nicht bis zum 20. Dezember warten. Gibt es schon mal Wunschzettel, bei denen Sie sich denken "Das ist aber ein ganz schöner Mist, der da steht"?
Müller: Das gibt es auch, aber das ist sehr selten. Da schrieb mal ein Kind: "Wenn du mir das jetzt nicht bringst, ist Weihnachten für mich im Arsch." Das hat was.
DOMRADIO.DE: Das sind dann die Briefe zum Schmunzeln.
Müller: Das passiert aber relativ selten. Die meisten Kinder bedanken sich. "Danke für den schönen Brief und die Geschenke, die du mir gebracht hast." Und sie schreiben, was sie sich wünschen. Und die Wünsche haben sich sehr verändert.
DOMRADIO.DE: Seit 34 Jahren arbeiten Sie als Christkind-Assistentin. 1990 gab es noch keine Handys, kein Internet, kein TikTok. Wurden die Wünsche technischer?
Müller: Als ich da anfing, habe ich mich gefragt, ob die Kinder überhaupt nicht mehr spielen. Was wünschen sich die für seltsame Sachen? Dann ging das mit Pokémon und den ganzen Bildchen und Karten los. Das Highlight, der Gameboy. Dann wurde es immer technischer und irgendwann habe ich gedacht, in den Kinderzimmern wird gar nicht mehr gespielt.
Das hat sich ein paar Jahre gehalten, aber das hat dann auch wieder abgenommen. Klar, die Technik ist nicht mehr wegzudenken, Handys sind nach wie vor auf der Wunschliste, genauso wie Nintendos und solche Sachen. Aber nicht ausschließlich. Es wird sich wieder mehr klassisches Spielzeug gewünscht, Puppen, Spielzeugautos, Zubehör, Baukräne, Lego, Playmobil, Bücher, Gesellschaftsspiele.
Und dann kommt es auch schon eher zu den weniger materiellen Wünschen. Sie wünschen sich, dass es der Familie gut geht, dass alle gesund bleiben und viel Zeit miteinander verbringen und ein schönes Weihnachtsfest haben.
Und dann komme ich zum nächsten: Die Kinder wünschen sich nicht unbedingt nur was für sich selbst, sondern denken auch sehr viel an andere Menschen, besonders an andere Kinder. Dass es allen Kindern in der Welt gut geht, dass alle etwas zu essen haben, dass sie nicht arm sind, warme Kleidung haben, dass es endlich Frieden gibt und die Kriege aufhören.
Das drücken sie in eigenen Gedanken und eigenen Worten aus. Das war früher nicht der Fall. Da kam unter der Liste materieller Wünsche noch der nächste Wunsch: Frieden in der Welt. Das war es dann.
Das Interview führte Tobias Fricke.