"Inzwischen sind alle Freiwilligen in ihre Heimatländer zurückgekehrt, die Arbeit von Nes Ammim als Hotel und Begegnungsort für Verständigung und Dialog musste unterbrochen werden", sagte der Leiter des Dezernats Theologie der Evangelischen Kirche im Rheinland, Volker Haarmann, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Siedlung sei jetzt ein Militärlager, in dem eine israelische Militäreinheit untergebracht ist.
Jubiläumsschmaus für Soldatinnen und Soldaten
"Lebensmittel, die für das 60. Jubiläum Nes Ammims schon eingekauft waren, dienen jetzt der Versorgung der Soldatinnen und Soldaten", berichtete Haarmann. Das spiegele in tragischer Weise das Selbstverständnis: "Nes Ammim wollte und will als christliches Dorf dem Land Israel dienen - anfangs durch wirtschaftliche Unterstützung des noch jungen Staates, dann durch Dialogarbeit und aktuell durch die Versorgung von Soldatinnen und Soldaten." Die rheinische Kirche gehört seit vielen Jahren zu den Unterstützern des christlichen Dorfes. Zum 60. Jahrestag der Gründung wollte die Kirchenleitung im November zu den Feierlichkeiten fahren, die nun abgesagt sind.
In dem Dorf leben auch jüdische und arabische Familien. Ihr Miteinander sei jetzt angespannt und einer Bewährungsprobe ausgesetzt, sagte Haarmann. "Wir hoffen aber, dass die zarten Pflanzen der Verständigung weiterwachsen." Gehofft werde auch, "dass die Sicherheit bald wiederhergestellt werden kann und dann friedlichere Zustände herrschen, sodass Nes Ammim seine Arbeit wieder aufnehmen kann." Als Rolle der Kirche sieht Haarmann an, die engen Beziehungen zu Menschen in Israel und den Palästinensergebieten, aber auch zu den jüdischen Nachbarn hierzulande zu nutzen, um Gespräche und Begegnungen zu ermöglichen.
Uneingeschränkte Solidarität mit Israel
Oberkirchenrätin Wibke Janssen hob die uneingeschränkte Solidarität der rheinischen Kirche mit Israel angesichts der "unermesslichen Gräuel" der radikal-islamischen Hamas hervor. "Wir solidarisieren uns öffentlich mit Israel, bei Kundgebungen, in Gottesdiensten und Andachten", sagte sie dem epd. Auch vom Ökumenischen Rat der Kirchen würde sie sich wünschen, "dass er sich profilierter und eindeutiger in der Verurteilung der Gewalt der Hamas äußert".
Kritisch äußerte sich die Theologin auch zu den aktuellen Planungen zum Weltgebetstag der Frauen am 1. März kommenden Jahres, den Frauen aus den palästinensischen Gebieten vorbereitet haben und der mit ökumenischen Gottesdiensten in mehr als 150 Ländern gefeiert wird. Darin liege "eine Chance für Verständigung, im Sinne eines weltweiten Gebetes für Frieden in dieser so furchtbar betroffenen Region", sagte Janssen. Dazu wäre allerdings "eine engagierte Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Situation in Israel und Palästina nötig, die so nicht vorhersehbar war und in den bisherigen Entwürfen nicht berücksichtigt ist".
Courage zur kontroversen Diskussion
Es brauche die Courage, auch kontrovers zu diskutieren, forderte die Leiterin der Abteilung Theologie und Ökumene der rheinischen Kirche. "Aus meiner Sicht fehlt auf der Internetseite des Weltgebetstags ein Statement mit einer klaren Verurteilung des brutalen Angriffs der Hamas."