Die Kinder- und Jugendarmut verharre trotz langer guter wirtschaftlicher Entwicklung seit Jahren auf diesem hohen Niveau, hieß es. Die Corona-Krise drohe das Problem der Kinderarmut zu verschärfen.
Auswirkungen der Corona-Krise
Die Krise treffe Eltern der benachteiligten Kinder und Jugendlichen besonders hart, erklärte die Stiftung. Sie arbeiteten häufiger in Teilzeit oder als Minijobber und gehörten deswegen zu der Gruppe von Menschen, die als erste ihre Jobs verlören oder nur vergleichsweise wenig beziehungsweise gar kein Kurzarbeitergeld erhielten.
Zahlreiche staatliche und gesellschaftliche Unterstützungsangebote für die bedürftigen Kinder und Jugendlichen hätten während des Corona-Lockdowns nicht fortgesetzt werden können, so die Stiftung. Auch beim Homeschooling seien Kinder aus armen Verhältnissen benachteiligt. 24 Prozent der Kinder im Grundsicherungsbezug hätten keinen internetfähigen PC im Haushalt, 13 Prozent keinen ruhigen Platz zum Lernen. Fast die Hälfte der Kinder lebe in einer Wohnung, in der nicht ausreichend Zimmer zur Verfügung stünden.
Laut Stiftungsvorstand Jörg Dräger sind die Anstrengungen der Politik auf diesem Feld zu gering. Vorschläge für ein Teilhabegeld oder eine Grundsicherung für Kinder lägen auf dem Tisch. Als arm gelten Kinder demnach, wenn sie in einem Haushalt leben, der entweder Grundsicherung bezieht oder dessen Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens aller Haushalte beträgt.
Bundesregiergun weist Kritik zurück
Die Bundesregierung wies Kritik zurück. Das Thema sei prioritär, auch in der Corona-Krise, und werde vor allem durch eine sichere und wachsende Erwerbstätigkeit bekämpft, sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer.
Nach Ansicht des Präsidenten des Familienbundes der Katholiken, Ulrich Hoffmann, braucht es dringend eine Reform des Kindergeldes. Das Deutsche Kinderhilfswerk forderte Bund, Länder und Kommunen dazu auf, eine Kindergrundsicherung einzuführen. Die Diakonie mahnte zu einfacheren Hilfen. Das Nebeneinander aus Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag, Kinderregelsätzen und Pauschalen des Bildungs- und Teilhabepakets sei zu kompliziert und ungerecht, beklagte Vorstand Maria Loheide.
Forderung nach Aufbau einer Kindergrundsicherung
Der Sozialverband VdK appellierte an die Bundesregierung, Kinderarmut im Bundestagswahlkampf ganz oben auf die Agenda zu setzen. "Kinder sind keine kleinen Arbeitslosen", mahnte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Kinder und Jugendliche benötigten eine eigene, finanzielle Absicherung.
Auch SPD, Grüne und Linke sprachen sich für eine Kindergrundsicherung aus. Die Grünen-Politikerin Katja Dörner forderte darüber hinaus eine Erhöhung von 60 Euro des Regelbedarfs für Kinder. Infolge der Covid-19-Pandemie brauche es unbürokratische Hilfen. Der Linken-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Dietmar Bartsch, nannte Kinderarmut in Deutschland "einen unfassbaren Skandal".
Das Deutsche Kinderhilfswerk forderte Bund, Länder und Kommunen auf, der Bekämpfung von Kinderarmut mehr Aufmerksamkeit zu schenken und eine Kindergrundsicherung einzuführen. Wichtig sei einerseits die materielle Absicherung von Kindern und ihren Familien, andererseits aber auch ihre Versorgung in den Bereichen Mobilität, Freizeit und soziale Teilhabe. "Auf gar keinen Fall dürfen etwa die Kinder- und Jugendarbeit, das Schwimmbad oder die Bibliothek vor Ort den Einsparungen nach der Krise zum Opfer fallen", betonte Bundesgeschäftsführer Holger Hofmann.
Die Diakonie forderte einfachere und direktere Hilfen. "Es ist höchste Zeit, eine einheitliche finanzielle Kinder-Grundförderung einzuführen, die das Existenzminimum aller Kinder abdeckt", sagte Vorstand Maria Loheide. Das Nebeneinander aus Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag, Kinderregelsätzen und Pauschalen des Bildungs- und Teilhabepakets sei zu kompliziert und ungerecht. Zugleich müssten auch die Kommunen in eine bessere Infrastruktur für Kinder und Familien investieren. Dazu zählten die Ganztagsbetreuung, kostengünstige Freizeitangebote und ein für einkommensarme Familien kostenfreies Schulmittagessen.