Darum ist der 31. Oktober ein religiöser Multifunktionstag

Luther, Halloween und eine gemeinsame Erklärung

Halloween wirft seit Wochen seine Schatten voraus, die Ökumene freut sich auf ein besonderes Jubiläum und dann ist auch noch Reformationstag. Am letzten Tag im Oktober kommen dieses Jahr viele besondere religiöse Ereignisse zusammen.

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Während manche auf "Halloween" schimpfen, feiern andere das mehr oder weniger christliche Fest mit Gruselkostümpartys, Kinder ziehen von Haus zu Haus und rufen englische Begriffe, die sie vermutlich kaum selbst verstehen. Während "Trick or treats" in den vergangenen Jahren bei Kindern immer beliebter wurde, scheint der Reformationstag, der am 31. Oktober gefeiert wird, eher aus dem Bewusstsein zu verschwinden.

Oft heißt es, Halloween gehe auf 2.000 Jahre alte keltische Wurzeln und heidnische Totenkulte zurück. Erste gesicherte Belege für das Brauchtum finden sich aber erst im späten Mittelalter, und zwar vor allem in Irland und Schottland. Damals luden die Menschen am Vorabend von Allerheiligen ("All Hallows' Evening") zu Festessen ein. Zugleich zogen Kinder von Haus zu Haus, um Spenden zu erbitten. Solche "Heischegänge" und Almosengaben an die Armen sind seitdem für den 31. Oktober belegt. Die Iren, von denen viele Mitte des 19. Jahrhunderts ihre Heimat wegen Hungersnöten verließen, machten das Fest in den USA populär.

Das Motiv der Vatikan-Briefmarke zur Reformation mit Martin Luther (links) / © Stefano Dal Pozzolo (KNA)
Das Motiv der Vatikan-Briefmarke zur Reformation mit Martin Luther (links) / © Stefano Dal Pozzolo ( KNA )

Dass die Aufmerksamkeit für den Reformationstag am gleichen Datum unter der heutigen Beliebtheit von Halloween leidet, ist naheliegend, aber nicht unbedingt bewiesen. Denn wie die katholische Kirche verliert auch die evangelische Kirche seit Jahren erheblich an Mitgliedern. Damit verbunden ist ein Verlust an Glaubenswissen, der natürlich auch das Verständnis und Bewusstsein für den Reformationstag schwächen dürfte.

Früher ein Tag der Trennung

Am Reformationstag erinnern Protestanten in aller Welt an die Anfänge der evangelischen Kirche vor rund 500 Jahren. Die vom damaligen Augustinermönch Martin Luther (1483-1546) um den 31. Oktober 1517 von Wittenberg aus verbreiteten 95 Thesen gegen kirchliche Missstände wurden zum Ausgang einer christlichen Erneuerungsbewegung. Während der Gedenktag früher zur Abgrenzung der Protestanten gegenüber katholischen Christen genutzt wurde, wird er inzwischen im Geist der Ökumene gefeiert.

Luther-Denkmal in Wittenberg (DR)
Luther-Denkmal in Wittenberg / ( DR )

Dies gilt in diesem Jahr besonders. Denn erinnert wird an einen Meilenstein der Wiederannäherung der Konfessionen: Am Reformationstag 1999 wurde in der Pfarrkirche St. Anna in Augsburg nach jahrelangen Verhandlungen die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" von dem damaligen Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Edward Idris Cassidy, und dem damaligen Präsidenten des Lutherischen Weltbundes, Landesbischof Christian Krause, unterzeichnet. 

Augsburger Erklärung zur Rechtfertigungslehre (KNA)
Augsburger Erklärung zur Rechtfertigungslehre / ( KNA )

Damit hoben Protestanten und Katholiken ihre jahrhundertealten gegenseitigen Lehrverurteilungen zur Rechtfertigungslehre auf und bekundeten einen "Konsens in Grundwahrheiten".

Einigung nach Jahrhunderten

Während solche Fragen bei den Gläubigen nicht unbedingt im Vordergrund stehend dürften, war die gemeinsame Erklärung aus historischer Sicht in der Tat ein besonderes Ereignis. Denn der Streit um die aus der Bibel abgeleitete Lehre von der Rechtfertigung spaltete am Ende des Mittelalters die Christen in Europa. Dabei ging es um das Zentrum ihres Glaubens: Wie bringt der Mensch sein Verhältnis zu Gott in Ordnung? Wie findet ein sündiger Mensch Gnade vor Gott? Katholiken und Protestanten beantworteten diese Fragen unterschiedlich und gingen seit dem 16. Jahrhundert getrennte Wege. Der 31. Oktober 1999 brachte die Konfessionen also deutlich näher zueinander.

Ökumenische Stagnation?

Bis heute gibt es keine Einigung bei Fragen nach dem Kirchenverständnis, dem Weiheamt oder dem Abendmahlsverständnis. Damit bleibt der 31. Oktober 1999 ein wichtiges Datum für die Annäherung zwischen den Konfessionen, steht aber auch für die Stagnation in der Ökumene nach der gemeinsamen Erklärung.

 Papst Franziskus kommt zu seiner wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz im Vatikan an. / © Andrew Medichini/AP (dpa)
Papst Franziskus kommt zu seiner wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz im Vatikan an. / © Andrew Medichini/AP ( dpa )

Auch wenn Theologen auf beiden Seiten immer wieder auf die vielen Schritte der Annäherung hinweisen, bleibt es auch 25 Jahre nach der gemeinsamen Erklärung bei deutlichen konfessionellen Unterschieden. Die dürften in einem von der Säkularisierung immer stärker geprägten Deutschland einer geringer werdenden Anzahl von Menschen noch klar sein, dennoch bleibt der 31. Oktober aus konfessioneller Sicht ein besonderer Tag – speziell im Jahr 2024.

Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre

"Wir bekennen gemeinsam, dass der Mensch im Blick auf sein Heil völlig auf die rettende Gnade Gottes angewiesen ist. Die Freiheit, die er gegenüber den Menschen und den Dingen der Welt besitzt, ist keine Freiheit auf sein Heil hin. Das heißt, als Sünder steht er unter dem Gericht Gottes und ist unfähig, sich von sich aus Gott um Rettung zuzuwenden. Rechtfertigung geschieht allein aus Gnade." So heißt es unter anderem in der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre, mit der am 31.

10 Jahre Augsburger Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1 (KNA)
10 Jahre Augsburger Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1 / ( KNA )
Quelle:
DR , epd , KNA