DOMRADIO.DE: Was sind die Aufgaben einer Patin, eines Paten?
Michael Mohr (Stadtdechant in Solingen und Leitender Pfarrer an St. Clemens und St. Johannes der Täufer): Die Aufgabe von Patinnen und Paten gehen weit über Geschenke abliefern hinaus, jedenfalls aus unserer Sicht als Kirche. Sie sind dazu da, die Eltern dabei zu unterstützen, den Täufling oder die Täuflingin im Glauben zu erziehen. Sie sollen eben nicht nur Wegbegleiter auf den sonstigen Wegen des Lebens sein, sondern vor allen Dingen auch Wegbegleiter auf dem Glaubensweg ihres Patenkindes.
DOMRADIO.DE: Wer darf Pate werden? Muss ein katholisches Kind eine katholische Patentante haben?
Mohr: Ja, genau. Man muss hier ein bisschen unterscheiden, weil der Begriff Pate etwas doppeldeutig ist. Für Eltern - und das kann ich gut verstehen - ist Pate ein weiter gefasster Begriff. Das sind oft sehr enge Freunde, Wegbegleiter und da spielt die Konfession nicht die allererste Rolle. Aus der katholischen Sicht - oder, wenn man es ganz streng nimmt, der kirchenrechtlichen Sicht - darf jeder Katholik der getauft und gefirmt ist und nicht aus der Kirche ausgetreten ist, Pate werden.
DOMRADIO.DE: Das heißt, ein evangelischer Patenonkel geht nicht.
Mohr: Der wäre dann Taufzeuge. Wobei die Bedeutungen verschwimmen und ehrlich gesagt, ich habe bisher noch bei keiner Taufe gesagt: Liebe Taufpaten, liebe Trauzeugen. Sondern das fasse ich schon auch unter diesem Begriff zusammen. Aber streng juristisch gibt es da durchaus einen Unterschied. Taufzeuge bedeutet nichts anderes als auch gläubig, auch christlich, aber eben nicht katholisch, sondern evangelisch, orthodox, je nachdem.
DOMRADIO.DE: Auf die Frage, wozu sind Paten da, antworten viele Menschen, dass Patenonkel oder Patentante das Kind aufnehmen und großziehen, sollten die Eltern beide tödlich verunglücken. Was ist da dran?
Mohr: Zuerst einmal bin ich sehr glücklich, dass es nicht häufig passiert, dass beide Elternteile tödlich verunglücken. Ich kenne diesen Gedanken auch, er ist nur genauso einsichtig wie falsch. Wenn man für diesen Fall vorsorgen möchte, kann man das nur beim Notar machen und nicht über die Kirche absichern.
Der Patenonkel, die Patentante hat mit Sicherheit eine besondere, eine wichtige Stellung. Aber da gibt es keinen Automatismus. Der oder die kümmert sich dann um die Kinder.
DOMRADIO.DE: Haben Sie eine Idee, woher dieser Gedanke kommt?
Mohr: Ich glaube, das hat in gewisser Weise einen historischen Sitz im Leben. Wobei ich nicht sicher bin, ob es das hier auch rechtlich so fix gegeben hat oder ob das einfach früher selbstverständlicher war. Dass es natürlich, wo die Zeiten schon mal häufiger so waren, dass eben einer oder sogar beide Elternteile versterben, selbstverständlich war, dass die Paten sich dann kümmern. Ich glaube, das ist so ein bisschen ein Gefühl.
DOMRADIO.DE: Bischof Domenico Mogavero, aus dem Bistum Masara del Vallo auf Sizilien, möchte bis auf Weiteres keine Paten bei Tauf- und Firmfeier zulassen. Er beklagt, die allermeisten Paten würden sich auf eine rein formale Präsenz in der Liturgie beschränken und es folge keine Begleitung des Getauften auf dessen weiterem Lebensweg. Ist das eine Einschätzung, die Sie teilen?
Mohr: Ich glaube, das kommt ganz häufig so vor. Ich glaube, man kann da - wie immer im Leben - nicht alles über einen Kamm scheren. Das würde sicherlich vielen Paten Unrecht tun. Wenn man allerdings realistisch ist, muss man schon auch akzeptieren und respektieren, dass die Begleitung auf dem Glaubensweg nicht unbedingt die oberste Priorität bei allen Paten hat.
DOMRADIO.DE: Wie sinnvoll ist die Ausschließung von Paten bei Taufe und Firmung in Ihren Augen Paten? Dann gibt es wahrscheinlich keine Paten mehr, oder?
Mohr: Jetzt muss man an der Stelle vielleicht noch kurz einpflegen, dass es rein kirchenrechtlich gar nicht notwendig ist, Paten zu haben, sondern das ist eine Soll-Formulierung. Dem Täufling oder Firmbewerber soll ein Pate an die Seite gestellt werden. Insofern ist es jetzt erst mal nichts, was die Taufe oder die Firmung ungültig machen würde. Das wäre ja auch schräg.
Ich finde es einfach schade, weil selbst dann, wenn es so ist, dass die Begleitung auf dem Glaubensweg nicht die oberste Priorität ist, ist es doch eine Chance, den Patenonkel, die Patentante ein bisschen mitzunehmen und zu versuchen, einfach die Freude am Glauben, wenn es gut läuft, auch in denen wieder ein bisschen mehr zu wecken.
DOMRADIO.DE: Wenn man filmbegeistert ist oder Mafia-Geschichten interessant findet, könnte es auch interessant sein, dass der Ausschluss von Paten ausgerechnet auf Sizilien stattfindet.
Mohr: Und kurioserweise - ich habe extra noch mal die Meldung in Ruhe gelesen - muss man sagen, scheint das auch das Argument zu sein hinter dem Argument, dass die Paten ihre Aufgabe nicht mehr so wahrnehmen wie es ist. Denn eine Nachbardiözese zu der eben angesprochenen Diözese, lässt sich von den potenziellen Paten schriftlich bestätigen, dass sie gläubig sind und nicht der Mafia angehören.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.