Holocaust-Überlebende Friedländer sorgt sich um Deutschland

"Das Judentum muss bestehen"

Besonders die AfD bekomme zu viel Aufmerksamkeit beklagt Margot Friedländer. Die Holocaust-Überlebende sorgt sich um die politische Lage in Deutschland sowie um eine Zersplitterung der jüdischen Religion. 

Jüdisches Leben in Deutschland / © Maksym Halinskyi (shutterstock)
Jüdisches Leben in Deutschland / © Maksym Halinskyi ( shutterstock )

Margot Friedländer (99), Holocaust-Überlebende, ist besorgt über die politische Lage in Deutschland. Insbesondere erfahre die AfD zu viel Aufmerksamkeit. "Auch viele Journalisten tun das. Es ist nicht gut. Es ist zu viel in den Ohren der Menschen", sagte sie im Interview der "Welt am Sonntag".

Engagement vor allem in Schulen

Friedländer, die am 5. November 1921 in Berlin geboren wurde, das KZ Theresienstadt überlebte, nach dem Krieg in die USA auswanderte und erst 2003 erstmals wieder in ihre Heimatstadt zurückkehrte, bezeichnete die Entscheidung, wieder ganz nach Berlin zurückzukehren, als glücklichsten Moment in ihrem Leben. Sie habe diese Zugehörigkeit gespürt, weil sie sich selbst erlaubt habe, in Deutschland als Deutsche zu leben.

Friedländer engagiert sich unermüdlich gegen Antisemitismus, vor allem bei Schülern. Man sollte in den Schulen immer wieder darüber sprechen, "was es bedeutet, sich menschlich zu benehmen", sagte sie. Schon junge Schüler verachteten Mitschüler, weil sie anders seien als sie selbst.

Die 99-Jährige beklagte zugleich eine Zersplitterung der jüdischen Religion. "Das Judentum muss bestehen", sagte sie. Sie selber könne aber die Orthodoxie absolut nicht verstehen. "Es passt nicht in die Zeit."

Ausstellung "Unter dem Trauhimmel" im Berliner Centrum Judaicum

Unterdessen ist am Sonntag im Berliner Centrum Judaicum die Ausstellung "Unter dem Trauhimmel - Heiraten im Jüdischen Berlin" eröffnet worden. Im Mittelpunkt stehen jüdische Hochzeitsbräuche und -riten der vergangenen 150 Jahre. Zu sehen sind unter anderem
zahlreiche Fotos und weitere Dokumente, überwiegend aus eigenem Bestand. Am Beispiel der Lebensgeschichten von Hochzeitspaaren werden Einzelheiten des jüdischen Rituals beleuchtet. Das kostbarste Exponat ist ein prächtiger Hochzeitsbaldachin (hebräisch: Chuppa) aus der zerstörten Synagoge in der Prinzregentenstraße in Berlin-Wilmersdorf. Er wurde gerettet und stehe für die Katastrophe der Schoah ebenso wie für den zaghaften Neuanfang und die Kontinuität jüdischen Lebens in Berlins Mitte, hieß es.

Die Ausstellung zeigt auch Beispiele der Ketubba, dem Heiratsvertrag, der die Pflichten und Rechte der Ehepartner festhält. Als Get wird der Scheidungsbrief bezeichnet, der nur mit Einverständnis beider Partner aufgesetzt werden kann und die Versorgung der Frau nach der Trennung regelt.

Anlass für die Ausstellung im historischen Repräsentantensaal in der Oranienburger Straße ist neben dem Festjahr zu 1.700 Jahren jüdischen Lebens in Deutschland auch das 350-jährige Bestehen der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, die hier ihren Sitz hat. Auch die Gründung der Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum jährt sich. Sie wurde 1995 als Archiv und Forschungseinrichtung zu jüdischem Leben in Berlin eingerichtet.


Margot Friedländer / © Rolf Zoellner (epd)
Margot Friedländer / © Rolf Zoellner ( epd )

Symbolbild: Jüdische Hochzeit / © Mor Levi (shutterstock)
Symbolbild: Jüdische Hochzeit / © Mor Levi ( shutterstock )

Neue Synagoge in Berlin / © MDOGAN (shutterstock)
Quelle:
KNA , epd