Debatte über Organspende-Regeln

"Größtmögliche Solidarität"

Zum Tag der Organspende an diesem Samstag wirbt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn für die von ihm vorgeschlagene Widerspruchslösung. Zugleich fordert die Deutsche Stiftung Patientenschutz eine grundlegende Reform des Transplantationssystems.

Organspendeausweis / © Caroline Seidel (dpa)
Organspendeausweis / © Caroline Seidel ( dpa )

Dabei verweist die Deutsche Stiftung Patientenschutz auf eine aktuelle Umfrage in ihrem Auftrag, nach der nur jeder Zweite das deutsche System als gerecht empfinde. Der bundesweite Tag der Organspende wird heute in Kiel eröffnet, unter anderem mit Spahn und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).

"Eine Organspende ist größtmögliche Solidarität", schreibt Spahn in einem Gastbeitrag für die "Passauer Neue Presse" (Samstag). Bei der von ihm vorgeschlagenen Widerspruchslösung gebe es keinen Automatismus: "Alle volljährigen Bürger gelten als potenzielle Organspender. Sie werden dreimal angeschrieben und auf diese Rechtsänderung hingewiesen. Und sie können jederzeit widersprechen."

Pflicht zum Gedanken machen

Falls das nicht zu Lebzeiten passiere, so der Minister weiter, würden die Angehörigen nach dem Willen der Verstorbenen gefragt. Von der Solidarität profitiere die ganze Gesellschaft. Rund 10.000 Menschen warteten auf ein lebensrettendes Organ: "Die Organspende bleibt eine freie und persönliche Entscheidung. Die einzige Pflicht wäre, sich Gedanken zu machen."

Unterdessen fordert die Deutsche Stiftung Patientenschutz eine grundlegende Reform des Transplantationssystems. "Die Organspendekrise scheint auch eine Vertrauens- und Gerechtigkeitskrise zu sein", erklärte das Gremium am Samstag in Dortmund. In einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar im Auftrag der Stiftung hätten 50 Prozent der Befragten angegeben, sie empfänden das deutsche Organspendesystem als gerecht. 36 Prozent bezeichneten es als ungerecht. Unter den Befragten über 60 Jahren waren demnach nur 44 Prozent der Ansicht, das System sei gerecht.

Stiftung: Bessere Informationen und mehr Vertrauen notwendig

Die Bedenken seien vielfältig, so die Stiftung. Sie reichten "von der Todesfeststellung und den Abläufen der Organentnahme bis hin zur Sorge, dass die Behandlung bei möglichen Organspendern zu früh abgebrochen werden könnte oder Angehörige sich nicht verabschieden können." Zudem wirkten sich Skandale aus früheren Jahren bis heute auf die Spendenbereitschaft aus. Wenn diese erhöht werden solle, brauche es Verbesserungen bei Gerechtigkeit, Vertrauen und Information.

Stiftungsvorstand Eugen Brysch beklagte, die aktuellen Gesetzentwürfe ließen diese Aspekte außer Acht: "Immer noch liegen Verteilungskriterien, Organisation und Durchführung sowie die Kontrolle bei den privatrechtlichen Akteuren der Selbstverwaltung. So ist es nicht verwunderlich, dass die Menschen Zweifel daran haben, dass es gerecht zugeht", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Diese Zweifel führten dazu, dass nur 36 Prozent der Deutschen einen Spenderausweis hätten - dabei stünden laut Bundesgesundheitsministerium 84 Prozent der Organspende grundsätzlich positiv gegenüber.


Bundesgesundheitsminister Jens Spahn spricht im Deutschen Bundestag / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn spricht im Deutschen Bundestag / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )
Quelle:
KNA
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