Wie die Kirche den vergessenen Zwölfbotentag begeht

Die Aussendung der Apostel

Die katholische Kirche feiert an diesem Montag den Zwölfbotentag. Dieser Gedenktag zählt nicht unbedingt zu den bekanntesten im Kirchenjahr. Das hat einen Grund, erklärt Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti. Welchen?

Aposteldarstellungen vor der Kuppel des Petersdoms / © Alberto Masnovo (shutterstock)
Aposteldarstellungen vor der Kuppel des Petersdoms / © Alberto Masnovo ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Was ist der Zwölfbotentag?

Manfred Becker-Huberti / © Harald Oppitz (KNA)
Manfred Becker-Huberti / © Harald Oppitz ( KNA )

Prof. Dr. Manfred Becker-Huberti (Theologe und Brauchtumsforscher): Das ist der Tag, an dem der Aussendung der Apostel gedacht wurde.

DOMRADIO.DE: Wo lässt sich das Fest im Kirchenjahr einordnen?

Becker-Huberti: Im Kirchenjahr feiern die Christen zunächst Ostern, also die Auferstehung. Dann folgt Christi Himmelfahrt, dann die Sendung des Heiligen Geistes an "Pfingsten" und dann etwa einen Monat nach Pfingsten ist der Zwölfbotentag, die Aussendung der Apostel. Man stellte sich also vor, dass sie förmlich von Jerusalem in alle Welt losgeschickt worden sind.

DOMRADIO.DE: Im bäuerlichen Millieu wurde daraus der Tag, an dem die Schnitter ausgeschickt werden, um die Ernte einzuholen. Warum das?

Becker-Huberti: Der Gedanke, der dahintersteht, ist der gleiche. Auch Apostel werden zur Ernte ausgeschickt. Das heißt, sie sollen taufen und Christen gewinnen. Und die Schnitter werden ausgeschickt, um das Brot für die Menschen zu sichern. Es sind die Multiplikatoren, die unterwegs sind, um eine große Aufgabe zu bewältigen.

DOMRADIO.DE: Woran liegt es denn, dass heutzutage dieser christliche Gedenktag fast gar nicht mehr gefeiert und auch kaum erwähnt wird?

Becker-Huberti: Es liegt daran, dass diese Aussendung in der Liturgie in das Pfingstfest einbezogen wurde. Das heißt, die Geistsendung und die Aussendung wurden zusammengezogen und nicht mehr in zwei verschiedene Gedenktage auseinanderdividiert.

DOMRADIO.DE: Warum das?

Becker-Huberti: Man wollte damit die Liturgie vereinfachen. Das heißt: Man franst auch die ganze Geschichte nicht immer weiter aus.

DOMRADIO.DE: Andererseits geht aber doch auch Brauchtum verloren.

Becker-Huberti: Das ist ein Nachteil. Mit dem Gedenktag sind zum Beispiel auch die sogenannten Himmels-Briefe verbunden. Die kennt dadurch heute auch niemand mehr.

DOMRADIO.DE: Was sind das für Briefe?

Becker-Huberti: Das sind Briefe, die es seit dem 6. Jahrhundert gibt. Sie waren im Mittelalter weit verbreitet. Sie sollten vom Himmel gesandt worden sein. Sie verkünden, dass derjenige, der an dem Zwölfbotentag arbeitet, von der Erde verschlungen wird. Denn es ist ein kirchlicher Feiertag, an dem man nicht arbeiten soll. Es geht also bei den Himmels-Briefen immer um die Heiligung des Sonntags.

Wahrscheinlich wusste jeder, dass sie natürlich nicht im Himmel geschrieben wurden. Sie waren auch von den Himmels-Briefen zu unterscheiden, die Menschen an den Himmel gesandt haben. Die wurden an einem besonderen Ort abgelegt, wo sie von einem Engel abgeholt wurden - so glaubte man. Hier bestand der umgekehrte Weg. Die anderen Briefe, die der Himmel schrieb, dienten zur Korrektur des menschlichen Lebens.

Das Interview führte Heike Sicconi. Dieser Artikel erschien im Original am 15.07.2019.

Die Kölner Basilika St. Aposteln feiert am heutigen Tag nach alter Tradition ihr Patronatsfest. Die äußere Feier dazu ist am Sonntag um 9:30 Uhr im Rahmen eines lateinischen Hochamts mit Gregorianischem Choral.

Namenstage

Sie entstammen den Jahrhunderte alten Traditionen der katholischen Kirche: Namenstage dienen der Feier des namensgebenden Schutzpatrons.

Auch heute werden Namenstage in manchen Regionen wie zweite Geburtstage gefeiert, wobei es dabei immer noch auf die jeweilige Konfession ankommt. In katholischen und in orthodoxen Gebieten sind Feiern des Namenstags durchaus noch üblich, bei den Protestanten sind sie aus der Mode gekommen.

Kerzen auf einer Geburtstagstorte / © Nito (shutterstock)
Kerzen auf einer Geburtstagstorte / © Nito ( shutterstock )
Quelle:
DR