Seinen Abschiedsbesuch bei Erzbischof Antonio Filipazzi, dem Papstbotschafter in Warschau, hat der scheidende Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz schon hinter sich. Wie es sich gehört, bedankte sich der Posener Erzbischof Stanislaw Gadecki (74) vor wenigen Tagen bei Filipazzi für die "gute Zusammenarbeit" zwischen der Bischofskonferenz und der Vertretung des Heiligen Stuhls.
Er versicherte zugleich, dass die Kirche in Polen für Papst Franziskus und den Nuntius bete. Gleichwohl bezeichnete die religiöse Krakauer Wochenzeitschrift "Tygodnik Powszechny" den langjährigen Bischofskonferenz-Vorsteher jüngst als "einen der wichtigsten Gegenspieler von Papst Franziskus".
Völlig neues Präsidium
Schon kommende Woche wählen Polens Bischöfe in Warschau ihren neuen Vorsitzenden. Sie würden höchstwahrscheinlich an Gadecki auch eine dritte Amtszeit festhalten, wenn das Statut sie erlauben würde. Aber zulässig sind nur zwei Amtsperdioden von je fünf Jahren. Das gilt auch für seinen Stellvertreter: den Krakauer Erzbischof Marek Jedraszewski (74). Auch für ihn müssen Polens Bischöfe auf ihre Vollversammlung am 13. und 14. März einen Nachfolger küren.
Einige Monate später muss dann auch noch die Position des Generalsekretärs der Bischofskonferenz neu besetzt werden, weil dann die zweite Amtszeit von Weihbischof Artur Mizinski (59) aus Lublin endet. Der Episkopat erhält dieses Jahr also ein völlig neues dreiköpfiges Präsidium.
Suche nach neuer Führungspersönlichkeit
"Tygodnik Powszechny" hält Gadecki für einen "unfreiwillilgen Krieger". Bei seinem Amtsantritt vor zehn Jahren habe er als moderat und als Mann des Dialogs gegolten. Doch dann habe der Erzbischof so vehement die Lehre des polnischen Papstes Johannes Paul II. (1978-2005) verteidigt, dass er Franziskus widersprochen habe, wenn es etwa um Geschiedene gegangen sei. Die polnische Kirche brauche jetzt eine Führungspersönlichkeit mit einer ebenso starken Autorität wie Gadecki, "die jedoch nach vorne und nicht nach hinten schaut", so das traditionsreiche Blatt.
Einen klaren Favoriten bei der Vorsitzenden-Wahl gibt es nicht. Polens neuer Kardinal Grzegorz Rys (60) wird freilich immer wieder von den Medien genannt. Unklar ist aber, wie groß der Rückhalt unter den Bischöfen für ihn ist. Vielleicht will die Mehrheit lieber einen konservativeren Vorsteher als den Oberhirten von Lodz. Im Gespräch sind auch die Erzbischöfe Wojciech Polak (Gnesen), Jozef Gorzynski (Ermland), Jozef Guzdek (Bialystok),Tadeusz Wojda (Danzig), Jozef Kupny (Breslau), Adrian Galbas (Kattowitz) und Waclaw Depo (Tschenstochau).
Zu den schwierigen Aufgaben des Gadecki-Nachfolgers zählen Verhandlungen mit Polens neuer Regierung über eine Reform der Kirchenfinanzierung und den umstrittenen katholischen Religionsunterricht in den Schulen. Manche polnische Kommentatoren meinen, dafür brauche die Kirche "harte Leute". Wichtig wird auch eine neue Vision für die Rolle der Kirche in Polen sein. Denn das Land erlebt gerade einen Säkularisierungsschub.
Bei weiteren Zukunftsentscheidungen ist der Papst gefragt
Nicht nur Polens Bischöfe treffen dieses Jahr wichtige Personalentscheidungen. Der Papst wird auch neue Erzbischöfe für Warschau, Krakau und Posen ernennen - Zeitpunkt unbekannt. Hauptstadt-Kardinal Kazimierz Nycz (74) reichte bereits Ende 2023 sein Rücktrittsgesuch ein, obwohl er erst am 1. Februar 2025 seinen 75. Geburtstag feiert und damit das Alter erreicht, in dem Bischöfe dem Papst üblicherweise ihren Rücktritt anbieten. Bereits am 24. Juli wird der ausgesprochen konservative Krakauer Erzbischof Jedraszewski 75. Gadecki folgt am 19. Oktober. Für die Kirche in Polen bricht dann mit jüngeren Bischöfen in Schlüsselpositionen eine neue Epoche an.