DOMRADIO.DE: Hat das Pilgern in der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr reibungslos funktioniert?
Br. Thomas Freidel OFM Conv. (Franziskanerkonvent Assisi): Zumindest in der Zeit zwischen Juni und Oktober. Als wir diese Pause zwischen den zwei Lockdowns hatten, da sind auch gleich wieder viele gekommen. 2.000 Pilger haben sich wirklich zu Fuß auf den Franziskusweg gemacht.
Ansonsten war die Zahl der anderen Pilger und Besucher hier natürlich höher. Aber es hat sich halt auf diese kurze Zeit zwischen Juni bis Oktober beschränkt. Da war dann auch ziemlich viel Betrieb. Vor allem Einzelpersonen und Familien sind dann schnell wiedergekommen. Insgesamt natürlich wenige.
Wenn ich jetzt z.B. auf meine Arbeit hier mit den deutschsprachigen Besuchergruppen sehe, habe ich im vergangenen Jahr etwa 1.000 Personen durch die Basilika geführt. In normalen Jahren sind es mindestens 12.000, die allein zu mir kommen. Da sieht man schon den Unterschied.
DOMRADIO.DE: Aber hätten Sie denn trotzdem Anfang des Jahres gedacht, dass so viele Menschen in dieser Situation dann doch noch kommen?
Br. Thomas: Nein, man konnte - wie es ja im Moment auch noch ist - nichts vorhersagen und vorhersehen, wie sich die Dinge entwickeln werden. Wir sind in den Lockdown im Frühjahr reingekommen. Wir hatten dann im Sommer selber einen Corona-Ausbruch hier bei mehreren Mitbrüdern bei uns im Haus, was zum Glück dann wieder gut vorbeiging.
Dann gab es die Zeit bis Oktober auch mit einigen Großveranstaltungen wie dem Franziskusfest, wo dann viele Leute da waren. Seitdem ist es wieder ruhig und leer und alle warten ab und hoffen auf bessere Zeiten.
DOMRADIO.DE: Was hat die Pilger bewegt, sich auf den Weg zu machen? Waren das andere Themen, andere Beweggründe als vor der Pandemie?
Br. Thomas: Im Moment vielleicht noch weniger. Ich denke, dass wird hinterher dann noch kommen. Natürlich sind es Leute gewesen, die sich das ohnehin schon vorgenommen hatten, den Franziskusweg zu machen, dies dann verschoben haben und es dann mit den Gründen gemacht haben, die die Menschen sonst auch haben.
Die meisten machen es ja deswegen, weil sie sich auf einen intensiven Weg des Nachdenkens, des Betens, Meditierens und vor allem auch des Nachdenkens über den eigenen Lebensweg machen wollen. Das ist ja eine sehr schöne Sache, denn das Pilgern ist ja ein Sinnbild für unseren Lebensweg insgesamt, dass wir zu einem Ziel unterwegs sind. Das Ziel am Ende ist Gott.
Aber es gibt auch zwischendrin andere wichtige Ziele, die ich vielleicht erreichen will und eine Perspektive bekommen will. Das sind so die Motive, die immer sind. Und ich weiß jetzt auch von vielen, die schon bereit sind und die sich, sobald es wieder möglich sein wird, auf den Weg machen wollen.
DOMRADIO.DE: Was ist denn hinsichtlich der Pilger-Planung für 2021 möglich?
Br. Thomas: Was zum Beispiel Gruppen, die kommen, oder Einzelpersonen, die sich zur Führung angemeldet haben, angeht, da ist eigentlich erst ab Juli, August etwas mehr zu bemerken und im Herbst, September, Oktober. Da planen manche jetzt schon wieder und das kann man ja ruhig auch mal vorausplanen.
Jetzt die nächsten Wochen auch über Ostern und wahrscheinlich bis über Pfingsten wird es im Großen und Ganzen so bleiben wie jetzt, dass es nicht möglich ist. Wir haben ja in Italien immer noch hohe Zahlen. Hier in Assisi geht es. Wir haben leicht sinkende Zahlen. Es sind etwa 290 Infizierte und 23 im Krankenhaus.
Das sind die aktuellen Zahlen für die Stadt mit 25.000 Einwohnern. Aber die Unsicherheit ist kurzfristig noch groß. Mittelfristig planen die Leute zumindest schon mal wieder.
DOMRADIO.DE: Sie hatten ja im vergangenen Sommer einen Corona-Ausbruch im Kloster. Wie geht es Ihnen und den Mitbrüdern jetzt?
Br. Thomas: Jetzt geht es uns allen gut. Wir leben, so gut es möglich ist, hier unseren Rhythmus weiter. Wir machen viele Arbeiten im Haus selber, weil unsere Mitarbeiter in Kurzarbeit gehen. Uns war es wichtig, dass wir alle Arbeitsplätze erhalten können.
Dann haben wir eine Initiative gestartet, dass wir die Gelegenheit nutzen, unseren Buchladen neu zu gestalten, was normalerweise schwer möglich ist bei dem Betrieb, der hier herrscht. Aber die Zeit ist jetzt günstig dafür. Da arbeiten wir auch selber mit, den Buchladen herzurichten und neu zu gestalten.
Ansonsten feiern wir die Gottesdienste öffentlich. Meistens sind es die Ordensschwestern aus der Nachbarhäusern, die zu uns kommen, weil im Moment ja eigentlich niemand kommen kann von auswärts. Aber über die Medien, über Facebook und so, da verfolgen uns viele bei den Gottesdiensten. So sind wir doch immer mit vielen zusammen.
Und ansonsten warten wir ab. Natürlich sind die Auswirkungen schlimm für die Stadt hier. Die Caritas hat viele Nachfragen von Bedürftigen. Wir versuchen zu helfen, soweit es uns möglich ist. Wir haben sowieso hier einen Spendenfond für Bedürftige. Jetzt haben wir noch zusätzliche Mittel von einem Wohltätigkeitskonzert, das im vergangenen Jahr online hier stattgefunden hat. Diese Mittel sind jetzt aufgebraucht. Viele Menschen sind in wirtschaftlicher Not und Assisi lebt von den Besuchern. Das ist die Hoffnung, dass es wieder weitergeht.
Das Interview führte Carsten Döpp.