Mit dem Ruf eines Sparfuchses kann er gut leben. Trotzdem sitze er nicht auf dem Geld, betont Klaus Bispinck gerne. "Aber gewissenhaft abwägen und eine Rechnung aufmachen, bei der wir am Letzten des Monats nicht in die roten Zahlen abrutschen – das ist mein täglich Brot." Ein ausgewogener Wirtschaftsplan sei schließlich sein Anspruch. "Ich bin dafür verantwortlich, mit Zahlen zu arbeiten, die Fakt sind, und keine Luftschlösser zu bauen." Wenn es ums Ausgeben gehe, verfolge er immer erst den Ansatz: Haben wir eine realistische Chance, ein Projekt zu ermöglichen und muss im Gegenzug gegebenenfalls etwas anderes dafür aufgegeben werden?
Bispinck leitet seit über 20 Jahren die Domrendantur – mit anderen Worten die Kassenstelle oder Rechnungsbehörde des Domes – und ist dafür bekannt, dass er umsichtig und besonnen wirtschaftet, natürlich schon mal auf der Bremse steht und Warnungen ausspricht, bevor das Kind in den Brunnen fällt. "Das ist nicht immer bequem und macht einen auch nicht unbedingt zum Sympathieträger, aber Geld hat man schließlich nicht vom Ausgeben. Da müssen wir in der Finanz-, Vermögens- und Personalverwaltung des Domes schon ganz genau hinschauen, an welcher Stelle wir uns engagieren, damit am Ende die Gleichung stimmt. Oft ist das eine Frage von Prioritäten. Alles geht nun mal nicht." Von daher verstehe er sich auch mehr als Mahner denn als Sparminister.
Dass der 61-Jährige heute der Fachvorgesetzte für viele Aufgabenbereiche ist, die den laufenden Betrieb des Domes betreffen, und damit eben auch zuständig für einen sehr komplexen Etat, scheint mit Blick auf seine Biografie fast wie ein Automatismus. Schon der Vater, Mitarbeiter im Erzbischöflichen Generalvikariat, führte über 30 Jahre nebenamtlich die Rendantur der Kirchengemeinde St. Antonius in Köln-Mülheim, so dass ihm Sohn Klaus bereits früh und mit wachsender Neugierde bei dieser Arbeit über die Schulter schaut. Dass der Vater im Dienst der Kirche steht, die am Ort so etwas wie der Lebensmittelpunkt für die Familie ist, kann rückblickend zweifelsohne als unbewusste Weichenstellung gelten. "Eigentlich wurde mir eine gewisse Nähe zum Amt des Rendanten bereits in die Wiege gelegt. Schon als Kind habe ich viel von der Verwaltungsarbeit einer Kirchengemeinde mitbekommen und bin dann da gewissermaßen hineingewachsen." Der Schüler unterstützt seinen Vater bei Überweisungen, absolviert sogar einen Schreibmaschinenkurs, damit ihm die schriftlichen Arbeiten schneller von der Hand gehen "Auf diese Weise habe ich mir das eine oder andere Taschengeld verdient", erinnert sich Bispinck. "Irgendwie war mein beruflicher Werdegang dann nur konsequent."
Zugute kommt dem angehenden Bankkaufmann schon früh seine Begeisterung für Mathematik. "Die Logik der Zahlen hat sich mir immer schon mehr erschlossen als eine Fremdsprache. Wie ein Dreisatz funktioniert, hat mein Interesse nun mal mehr geweckt als jedes andere Fach. Vielleicht ja doch eine Frage der Genetik", mutmaßt Bispinck, der sich später noch zum Sparkassenbetriebswirt qualifiziert, mit einem Augenzwinkern. Ein gutes Zahlenverständnis sei beim Haushalten ja nur hilfreich. "Und wenn man’s einmal drauf hat, ist Mathe wie Fahrradfahren – das verlernt man nicht mehr."
Bis heute tiefe Verbindung zum Heiligen Antonius
Aber es ist nicht nur die Welt der Zahlen, zu denen Bispinck früh einen Zugang findet, auch der Heilige Antonius – der Patron einer der Pfarreien im Rechtsrheinischen, in deren unmittelbarer Nachbarschaft er mit vier Geschwistern aufwächst, prägt sich dem Heranwachsenden tief ein. Bis heute habe er zu diesem Heiligen, seinem Lebensentwurf und Selbstverständnis eine tiefe Verbindung. Nicht von ungefähr daher, dass die Antonius-Statue an einem Pfeiler im südlichen Querhaus Bispincks Lieblingsort im Kölner Dom ist – auch wenn sie sich angesichts des übergroßen und geradezu gigantisch wirkenden Christopherus direkt daneben schon mal schnell übersehen lässt. Am Tor zum Chorumgang und mit vielen kleinen brennenden Votivkerzen davor kommt die schlichte Holzplastik aus dem 19. Jahrhundert – in eine Franziskanerkutte gekleidet und mit dem Jesuskind auf dem Arm – ausnehmend bescheiden daher und steht damit für das, was Bispinck eben auch in seiner Kindheit und Jugend erlebt hat.
"St. Antonius in Mülheim war damals das, was man heute einen sozialen Brennpunkt nennt – mit Salesianerpatres, die versuchten, auch die nicht sonderlich begüterten Menschen aus den schwächeren Milieus dieses Stadtteils zu erreichen. Die Erfahrung von Bedürftigkeit, wie sie hier ganz offensichtlich war, gehörte für mich daher immer selbstverständlich zum Leben dazu." Auch zuhause sei Sparsamkeit angesagt gewesen. "Fünf Kinder, ein Einkommen – wie sollte das sonst gehen? Große Sprünge konnten wir nicht machen. Aber entbehren mussten wir auch nichts. Von daher habe ich bis heute großes Verständnis für Menschen, die sich nicht alles leisten können", betont der Finanzfachmann.
In Pandemie erheblicher Rückgang des Spendenaufkommens im Dom
Das per Dekret auf der Diözesansynode 1954 verfügte "Antoniusopfer für die Armen", der Opferstock zu Füßen dieser Antonius-Statue für die karitativen Anliegen des Domes, ist ihm dementsprechend ans Herz gewachsen. Regelmäßig legt Bispinck hier das eine oder andere Memento ein. "Erst allmählich erholen wir uns gerade von der Pandemie, in der das gesamte Spendenaufkommen im Dom doch erheblich zurückgegangen ist, wir hohe Einbußen zu verzeichnen hatten, was bedeutet, dass wir im Moment noch von den Rücklagen leben müssen", erklärt er. Und da schmerzten natürlich auch die fehlenden Summen, die sonst in nicht unerheblichem Maße der Caritas und damit denen, die wirklich darauf angewiesen sind, zugute kämen. "Eigentlich", so Bispinck, "müsste den Rendanten in mir quälen, dass dieser Spendenzweck so gar nichts mit dem Dom selbst zu tun hat, aber ganz im Gegenteil: Wenn wir diesen Opferstock leeren, freue ich mich immer sehr, dass von diesem Geld Menschen profitieren, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen."
So dringend die Spenden für die Armen sind, so wichtig ist Domrendant Bispinck, dass auch sämtliche Bilanzen seines komplexen Verwaltungsapparates stimmen, unter dessen Dach nicht wenige Einzelthemen angesiedelt sind, von denen er bei den meisten eine Art Geschäftsführung wahrnimmt: zum Beispiel beim Domshop Domkloster 4 oder bei der Kulturstiftung Kölner Dom. Außerdem ist Bispinck in Personalunion Ökonom des Kölner Priesterseminars. "Das sind neben dem Tagesgeschäft, bei dem ich auch für rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuständig bin, zusätzliche Verantwortlichkeiten, die mir aus meiner Aufgabe erst nach und nach erwachsen sind. "Und alles hat immer mit Geld, Vermögensanlagen, Konten, Buchführung oder auch Spendenakquise zu tun. Vor allem aber damit, in diesen herausfordernden Zeiten nicht mehr auszugeben, als effektiv da ist. Von daher kann Buchhaltung auch etwas sehr Kreatives sein – ob man’s glaubt oder nicht."
Corona habe die große Chance zu einer Revision geboten. "Also dazu, auch mal abzuwägen, an welcher Stelle wir unser Programm bzw. die Angebotspalette ein Stück reduzieren können, statt immer noch neue Ideen zu entwickeln, Bestehendes dadurch aber nicht zu ersetzen. Natürlich ist es für die Leute toll, wenn der Dom von 6 bis 20 Uhr geöffnet ist. Aber das kostet eben auch viel Personal, wenn die Domschweizer über 14 Stunden im Einsatz sind. Am Ende muss ich doch immer schauen, dass das Finanzgerüst auf soliden Füßen steht und nicht kollabiert."
Zum Beispiel der Blumenschmuck im Dom: ein nicht unwesentlicher Posten und eben nicht für lau zu haben. "Es geht nun mal nicht, dass am Ende des Geldes noch Monat übrig ist", sagt Bispinck mit Humor, den er sich trotz der Last so vielfältiger Herausforderungen zu bewahren versucht. Ernster dagegen fügt er hinzu: "Ich sage dem Domkapitel schon offen, was ich von der einen oder anderen Idee halte, zumal unsere Ressourcen ja begrenzt sind. Und da fuchst es mich einfach manchmal, wenn etwas Neues erfunden wird, ohne etwas anderes dafür zu lassen." Sich beliebt zu machen und alles durchzuwinken sei nun mal nicht sein Job. Wenn’s um’s Geld gehe, höre jeder Spaß bekanntlich auf.
Eine Kerze beim Heiligen Antonius hilft immer
Neben dem Aspekt, einen Sinn für die Schwachen und Benachteiligten der Gesellschaft zu haben, macht aber noch etwas anderes die tiefe Beziehung Bispincks zu "seinem" Heiligen aus. "Bei uns zuhause bin ich derjenige, der den Heiligen Antonius am häufigsten strapaziert. Immer wenn ich etwas nicht finden kann oder es scheint’s verloren gegangen ist, führt mich mein Weg in den Dom. Eine angezündete Kerze beim Heiligen Antonius hat noch immer den gewünschten Erfolg gebracht. Insofern hat er in meinem Leben eine ganz lebendige Präsenz."