Dozent für theologische Zoologie erklärt das Phänomen Tiersegnung

"Beziehung zwischen Mensch und Tier stärken"

Umgangssprachlich wird bei Tiersegnungen auch von "Taufe" gesprochen. Warum ein Tier nicht getauft werden kann und was die Segnung über die Beziehung von Mensch, Tier und Gott aussagt, erklärt Theologe Sebastian Knapp.

Autor/in:
Carsten Döpp
Symbolbild Tiersegnung / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Tiersegnung / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Gibt es so etwas wie eine Tiertaufe überhaupt? Wie ist das im sakramentalen Sinn? 

Sebastian Knapp (Theologe und Dozent am Institut für Theologische Zoologie in Münster): Da fängt die Schwierigkeit schon an: Die Tiertaufe im sakramentalen Sinn gibt es eigentlich nicht. Man liest ab und zu davon, dass manche Gruppen das machen. Aber an sich, zumindest in der katholischen Theologie, gibt es das nicht. Da ist die Taufe als Sakrament exklusiv für Menschen, und damit für Tiere ausgeschlossen. 

DOMRADIO.DE: Und wenn in dem Zusammenhang von einer Tiertaufe gesprochen wird, was ist es dann wirklich? 

Knapp: Meistens meinen die Menschen damit eine Tiersegnung und bezeichnen das dann als Taufe, was aber nicht richtig ist. 

DOMRADIO.DE: Von einer Segnung bei Tieren haben wir auch schon häufig gehört. Wir haben auch schon drüber berichtet. Was will man mit einem Segen ausdrücken und bewirken? 

Knapp: Ein Segen hat ja vor allem eine theologische Dimension. Und mit der will man natürlich einerseits die göttliche Fürsorge ausdrücken, die Gott auch für diese Art von Lebewesen übernimmt. Aber auch eine Verbindung zwischen dem Schöpfer und der Schöpfung. Und dabei soll der Wert der Tiere und der Wert des Geschöpfes noch einmal betont werden und auch Dankbarkeit ausgedrückt werden. 

Ich würde sagen, neben dieser theologischen Dimension haben Segen aber ganz oft auch eine praktische Dimension. Damit kann man Menschen, denen diese Tiere etwas bedeuten, Trost zusprechen, wenn es den Tieren nicht gut geht. Oder aber die Beziehung zwischen Mensch und Tier damit theologisch stärken. 

Sebastian Knapp

"Der Wert der Tiere und der Wert des Geschöpfes soll noch einmal betont werden."

DOMRADIO.DE: Haben solche Tiersegnungen zugenommen? Sind sie in den vergangenen Jahren häufiger geworden  oder ist das nur mein Eindruck? 

Knapp: Ich würde sagen, sie haben auf jeden Fall zugenommen. Das Phänomen findet man mittlerweile ja immer wieder, meistens um den 4. Oktober herum. Und ich würde sagen, es ist Ausdruck für das Bedürfnis der Menschen, dass die Beziehung zu den Tieren auf eine andere Ebene gehoben wird. 

DOMRADIO.DE: Schauen wir mal zurück: Welche historischen Beispiele für Tiersegnungen gibt es? 

Knapp: Das klassischste Beispiel ist, deswegen auch der 4. Oktober, der heilige Franz von Assisi. Der gilt ja auch als Schutzpatron der Tiere und der Schöpfung. Er ist quasi zentrales Vorbild für diese Tiersegnung. Über ihn gibt es ganz viele Geschichten, wie er mit Tieren interagiert: dass er zu Vögeln predigt, oder sich mit einem Wolf sich anfreundet - anfreunden ist vielleicht übertrieben, aber zumindest Frieden stiftet. Und deswegen wird weltweit meistens der Franziskus-Tag als Tag für Tiersegnungen genommen. 

Der Heilige Franz von Assisi (KNA)
Der Heilige Franz von Assisi / ( KNA )

Aber es gibt auch andere Tage. Zum Beispiel ist es in Spanien meistens der 17. Januar, der Antoniustag. Weil auch der heilige Antonius als Zeichen für die Verbundenheit mit den Tieren steht. Und auch große Zeichen und Handlungen vollzogen hat. Aber auch in der orthodoxen Tradition gibt es den heiligen Seraphim, der mit einem Bär befreundet war. Also, es ist kein rein katholisches Phänomen, dass man Tiere segnet.

Sebastian Knapp

"Es ist kein rein katholisches Phänomen, dass man Tiere segnet."

DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung haben solche Rituale wie die Tiersegnung heute? 

Knapp: Ich würde sagen, dass es schon darum geht, die Beziehung zwischen Mensch und Tier noch einmal auf eine andere Ebene zu heben. Dass es vielen Menschen auf einer rein säkularen Ebene nicht reicht, sage ich mal, sondern dass auch Gott mit ins Boot geholt werden soll. Eine Tiertaufe kann es nicht geben, da Tiere keine Schuld haben, von der sie durch eine Taufe reingewaschen werden müsste. Sie leben eigentlich immer noch in Frieden und Harmonie mit Gott. Deshalb finde ich die Segnung einen sehr guter Ansatz.

DOMRADIO.DE: Was erwarten Sie für eine Entwicklung in der Zukunft? 

Knapp: Ich würde mir natürlich wünschen, dass das weiter zunimmt. Dass mehr Gemeinden den Weg gehen, solche Angebote zu machen. Ich glaube, das ist ein Angebot, mit dem man Menschen auch abholen kann, die mit traditionellen Formen von Liturgie oder Kirche vielleicht gar nicht mehr so viel anfangen können. So kann man sie wieder einladen oder abholen. 

Ich habe das im Interview vor zwei Wochen auch schon mit Blick auf die Tierbestattung gesagt. Da sind viele Menschen auf der Suche und ich finde, die Kirche hat da auch eine Pflicht, für diese Menschen da zu sein. Besonders sollte man auch die interreligiöse Funktion in den Blick nehmen.

Das Interview führte Carsten Döpp. 

Ausstellung zu biblischen Tieren im Essener Domschatz

Nicht nur Ochs und Esel: Der Essener Domschatz widmet biblischen Tieren eine Sonderausstellung. Die Schau "Tierisch gut! Tierdarstellungen auf Kunstwerken im Essener Domschatz" ist vom 2. September bis 30. Dezember zu sehen, wie das Bistum Essen am Dienstag mitteilte. Vorgestellt werden demnach verschiedene Vierbeiner auf den Kunstwerken des Museums. Gezeigt würden auch zwei Krippen-Leihgaben, darunter eine etwa 1.600 Jahre alte Dose aus Elfenbein. Sie gilt laut Angaben als älteste Darstellung der Weihnachtsgeschichte in Deutschland. (KNA/22.08.2023)

Eingang zur Essener Domschatzkammer (KNA)
Eingang zur Essener Domschatzkammer / ( KNA )
Quelle:
DR