In einem am Samstag veröffentlichten Beitrag in der Zeitschrift der Jesuiten "Civilta Cattolica" ruft der Jesuit und Moraltheologe Carlo Casalone dazu auf, den vorliegenden Gesetzentwurf zur Liberalisierung nicht zu verwerfen.
"In einem ohnehin kritischen Moment"
Vielmehr wäre ein Scheitern des Entwurfs "ein weiterer Schlag für die Glaubwürdigkeit der Institutionen in einem ohnehin kritischen Moment", so Casalone. Auch wenn schwer vereinbare Werte aufeinander träfen, sei eine gesetzliche Regelung verfassungsrechtlich gefordert und sinnvoll, so der Moraltheologe.
Italiens Verfassungsgericht hatte 2019 das Parlament aufgefordert, eine gesetzliche Regelung für assistierten Suizid zu schaffen. Zugleich stellten die Richter damals fest, dass es unter bestimmen Umständen straffrei sei, die Ausführung eines frei gebildeten Suizidvorsatzes zu erleichtern. Ein erster Gesetzentwurf war Mitte Dezember im Parlament diskutiert worden. Eine Entscheidung soll im Frühjahr fallen.
Generelle Ablehnung der Kirche
Die katholische Kirche lehnt eine Liberalisierung von Suizidbeihilfe grundsätzlich ab. Der Vatikan sieht darin einen "Widerspruch zu einer zivilisierten Gesellschaft". Besser wäre demnach, sich die eigene Ohnmacht einzugestehen und nach "anderen Wegen" zu suchen. Am überzeugendsten scheine ein Ansatz von Begleitung zu sein, der "die vielen persönlichen Bedürfnisse in dieser sehr schwierigen Situation aufgreift".
Unterdessen setzt sich die Initiative "Liberi fino alla fine" (Frei bis zum Ende) weiter für eine Freigabe aktiver Sterbehilfe ein, auch "Tötung auf Verlangen" genannt. Artikel 579 des italienischen Strafgesetzbuchs sieht dafür bisher 6 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe vor. Für das Referendum wurden bereits 1,2 Millionen Stimmen gesammelt. Sollten keine verfassungsrechtlichen Bedenken vorliegen, könnten die Italiener Mitte des Jahres zur Abstimmung gebeten werden.