Standards aus der Privatwirtschaft auch für die Kirche?

Ein Zauberwort namens "Compliance"

Soll Kirche privatwirtschaftliche Standards übernehmen? Beim Thema "Compliance" unverzichtbar, findet das Erzbistum Köln. Doch was ist Compliance-Management? Gordon Sobbeck, Finanzdirektor und Ökonom des Erzbistums Köln, klärt auf.

Gordon Sobbeck (l.) / © Christina Weyand (Erzbistum Köln)

Erzbistum Köln: Welche Chancen und Herausforderungen Compliance für kirchliche Einrichtungen mit sich bringt, haben am vergangenen Donnerstag, 7. Oktober, Experten des Deutschen Institutes für Compliance (DICO) und der Hauptabteilung Finanzen des Erzbistums Köln im Katholisch-Sozialen Institut in Siegburg diskutiert. Was bedeutet Compliance in der Kirche bzw. im Erzbistum Köln für Sie?

Gordon Sobbeck (Finanzdirektor und Ökonom des Erzbistums Köln): Wir sind als Kirche nicht einfach nur irgendein Unternehmen. Unsere Verpflichtung ist, dass wir unser Handeln an christlichen Werten ausrichten. Das muss aus meiner Sicht in unserer gesamten Organisation spürbar sein, selbstverständlich auch im Finanzbereich. Als Element, das darauf einzahlt, gehört für mich unverzichtbar das Thema Compliance dazu. Das bedeutet, dass wir durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass gesetzliche, vertragliche und organisationsinterne Regelungen eingehalten werden.

Eigentlich geht es mir aber noch um mehr: Compliance ist für mich eng verknüpft mit Fragen einer guten Governance. Das kann man in etwa übersetzen mit "Grundsätzen einer guten und verantwortungsvollen Organisationsführung" beziehungsweise einem "Knigge guter Unternehmensführung" wenn man so will. Dazu gehören Fragen wie: Wie gehe ich sorgsam und effizient mit den mir anvertrauten Ressourcen um? Wie kann ich in meinem Verantwortungsbereich eine angemessene Transparenz für unsere Handlungen und Entscheidungen herstellen? Wie kann ich durch meine Haltung als Führungskraft die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit legen?

Eine gute Governance gibt mit diesen Ansprüchen den Rahmen für sämtliche Entscheidungen von Führungskräften.

Erzbistum Köln: Warum ist Ihnen das Thema Compliance so wichtig?

Sobbeck: Für mich muss eine zukunftsfähige Finanzwirtschaft einen transparenten, vorausschauenden, regelbasierten und risikoorientierten Rahmen haben. Dies sind Standards, die für große Teile der Privatwirtschaft längst unumstritten sind und denen wir uns im Erzbistum beispielsweise in einem umfassenden Risikomanagement bereits stellen. All diese Maßnahmen und Instrumente dienen letztlich dazu, die gesamte Organisation nach vorne zu bringen. Sie helfen dabei nach innen wie nach außen Vertrauen durch Transparenz und Klarheit im Handeln zu erzeugen. Mein Wunsch wäre es auch, dass wir uns diesem Anspruch als gesamte Organisation stellen.

Erzbistum Köln: Inwiefern profitiert das Erzbistum von der Einführung eines Compliance-Management-Systems?

Sobbeck: Solide Compliance Standards und eine gute Organisationsführung sind eine wichtige Basis um Vertrauen auszubilden. Gerade im Erzbistum Köln wird das ja aktuell immer wieder gefordert und Vertrauen ist die wichtigste Währung im Bereich Kirche. Hinzu kommt, dass Compliance die Stabilität in einer von Unsicherheit geprägten Welt fördert, in der wir uns auch als Kirche jeden Tag neu behaupten müssen.

Viele Erfahrungen im außerkirchlichen Bereichen zeigen außerdem, dass Compliance-Management-Systeme zur wirkungsvollen Entwicklung einer Organisation beitragen. Compliance kann in einem zunehmend komplexer und unübersichtlich gewordenen Arbeitsumfeld zur Orientierung und Klarheit beitragen. Die Einhaltung von Normen in einer Organisation aber auch von ethischen Richtlinien sind ein nicht zu unterschätzender Wert für eine Organisation, nicht zuletzt auch für die Attraktivität als Arbeitgeber.

Erzbistum Köln: Wie schafft man es, ein Compliance-Management System einzuführen? Wie gelingt es Verbindlichkeit herzustellen?

Sobbeck: Zunächst einmal ist Compliance natürlich eine Herausforderung an die Organisation und auch an die Führungskräfte.

Oft muss man quasi ganz unten anfangen und die Tragfähigkeit des Regelsystems überprüfen. Es gilt zu klären: Welche Regeln gibt es überhaupt, intern wie extern? Welche sind notwendig und welche sind vielleicht auch überholt und müssen neu gestaltet werden? In vielen Organisationen existieren mit der Zeit eine Fülle von internen Regelungen, von denen manchmal nicht mal mehr klar ist, wann sie zu welchem Zweck aufgestellt wurden und von wem. Hier ist dann zunächst Aufräumen angesagt, damit die Vorgaben in klarer und möglichst verständlicher Form vorliegen. Nur die Regeln, die Mitarbeitende kennen und auch verstanden haben, können sie auch umsetzen.

Hinzu kommt, dass Compliance in einer Organisation bzw. in einem Unternehmen nur dann gut funktioniert, wenn die oberste Führungsebene mit einem guten Beispiel vorangeht. Compliance sollte vorgelebt werden. Deshalb stand unsere Veranstaltung in Siegburg auch unter dem Motto: "Compliance als Führungsaufgabe – auch in der Kirche"

Wir holen dazu natürlich auch Expertise ein und vernetzen uns mit Profis aus diesem Bereich, zum Beispiel mit dem Deutschen Institut für Compliance, mit dem wir ja jetzt gerade auch die Veranstaltung in Siegburg durchgeführt haben.

Gleichzeitig muss man auch realistisch bleiben. Wir werden nicht von heute auf Morgen das perfekte Compliance-System haben. Compliance ist ein Marathon, kein Sprint. Gerade deshalb ist es aber umso wichtiger, den Dialog über das Thema hochzuhalten, damit sich Compliance und letztlich auch Good Governance in den Köpfen der Menschen festsetzen.

Erzbistum Köln: Welche Maßnahmen im Erzbistum zahlen bereits jetzt auf anerkannte Standards der Governance und Compliance ein?

Sobbeck: Das Erzbistum Köln hat sich in unterschiedlichen Bereichen schon intensiv mit diesen Themenfeldern auseinandergesetzt.

So hat das Erzbistum zum Beispiel im Bereich der Tax Compliance in Form einer Steuerrichtlinie geregelt, wie man relevante Steuervorschriften beachtet, Verantwortlichkeiten klar regelt und Sachverhalte zutreffend erfasst. Damit werden steuerliche Risiken bei uns präventiv in der Organisation angegangen.

In den vergangenen Jahren hat das Erzbistum Köln außerdem große Anstrengungen unternommen, die Vermögensverwaltung insgesamt an neuen Standards auszurichten. Wir haben die Profile der einzelnen Gremien und Organe herausgearbeitet, die sich mit Finanzfragen beschäftigen. Wir können hier sehr genau nachvollziehen, ob sie in ihrer Arbeit den rechtlichen Verpflichtungen entsprechen. Außerdem haben wir Fortschritte bei der Trennung von operativer Verantwortung und Kontrolle, bei der unabhängigen Besetzung von Gremien und auch bei der strukturellen und wirtschaftlichen Transparenz erzielt.

Ein gutes Beispiel ist hier sicherlich der Kirchensteuer und Wirtschaftsrat, der als Beratungs- und Entscheidungsgremium für Finanzfragen die breite Mitwirkung von Katholiken aus den Kirchengemeinden an den wirtschaftlichen Angelegenheiten des Erzbistums sicherstellt. Zu Beginn des kommenden Jahres wird der Rat neu gewählt. Um den eingeschlagenen Weg der Transparenz in Finanzfragen konsequent weiterzugehen, ist es mir ein ganz besonderes Anliegen, dass sich wirtschaftlich erfahrene Katholikinnen und Katholiken motivieren lassen, für dieses Gremium zu kandidieren. Interessierte können sich im Übrigen noch bis zum 22. Oktober über die örtlichen Kirchenvorstände bewerben.


Gordon Sobbeck, Finanzdirektor des Erzbistums Köln (Erzbistum Köln Presse)
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