Eine theologische Betrachtung zum Christkönigfest

In jedem Menschen Christus begegnen

Der letzte Sonntag des Kirchenjahrs, das Christkönigsfest, lässt uns traditionell auf Jesus Christus und sein Königtum blicken. Daran können alle einen Anteil haben, indem sie sich selbst von seiner Barmherzigkeit anstecken lassen.

Autor/in:
Fabian Brand
Christus-König-Statue in Lissabon / © Creative Cat Studio (shutterstock)
Christus-König-Statue in Lissabon / © Creative Cat Studio ( shutterstock )

"He ain't heavy, he's my brother": Mit diesen Worten beginnt ein Lied, das erstmals 1969 auf den Musikmarkt kam und später vor allem in der Version der Hollies große Berühmtheit erlangte: "Er ist nicht schwer, denn er ist mein Bruder". Im Liedtext geht es darum, dass die Lebenswege oft verschlungen und schwierig zu beschreiten sind. Dass die Sorge um den Nächsten viel Einsatz fordert, was aber nicht schlimm ist, da man selbst stark genug ist, um sich um ihn zu sorgen.

Engagement und Nächstenliebe 

Natürlich ist es schwierig, sich ständig um andere zu kümmern. Natürlich fordert das Engagement und ein Stück Selbstaufgabe. Aber wer darum weiß, dass er selbst der Bruder, dass sie selbst die Schwester von einem anderen ist – für den wird die Sorge um den Nächsten weniger schwer.

Eine Ordensschwester und ein Mitarbeiter der Telefonseelsorge unterhalten sich in der Fußgängerzone in Stuttgart. / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Ordensschwester und ein Mitarbeiter der Telefonseelsorge unterhalten sich in der Fußgängerzone in Stuttgart. / © Harald Oppitz ( KNA )

Wer um diese Einsicht weiß, der kann auch mit dem Evangelium des Christkönigssonntags etwas anfangen. Denn dort wird immer wieder dasselbe gesagt: Wenn einer hungrig ist, durstig, fremd, nackt, krank oder gefangen, dann können wir in ihm Christus begegnen. Aber wir müssen auch etwas dafür tun! Und das ist die Zumutung dieses Evangeliums: Wir können Christus begegnen, aber wir müssen uns auch dafür einsetzen.

Begegnung im Vorübergehen 

Die Begegnung mit Christus geschieht gewissermaßen en passant, also im Vorübergehen – aber sie geschieht nicht ohne unseren Einsatz für die Nächsten in dieser Welt. Wenn wir jemandem zu Essen oder Trinken geben, wenn wir jemanden aufnehmen oder mit Kleidung versorgen, wenn wir einen Menschen besuchen oder ihm die Frohe Botschaft verkünden, dann können wir Christus begegnen. Dann scheint sein Angesicht auf dem Angesicht der Menschen am Rand der Gesellschaft auf.

Das Evangelium vom Christkönigssonntag auf den Punkt gebracht: Was wir uns Menschen einander tun, das tun wir Christus. Oder umgekehrt: Was wir Menschen einander unterlassen, das unterlassen wir auch an Christus, das bleiben wir ihm letztendlich schuldig.

Christus solidarisiert sich mit den Menschen 

Christus steht ganz auf unserer Seite, er ist einer von uns. Und zwar einer, der sich nicht zu den Reichen, Schönen und Mächtigen zählt, sondern einer, der bei denen ist, die in den Augen vieler nichts gelten. Bei den Kranken, bei den Fremden und Obdachlosen, bei den Hungernden und bei jenen, die ungerecht behandelt werden – dort ist er zu finden, dort solidarisiert er sich mit den Menschen.

Obdachloser in Rom (DR)
Obdachloser in Rom / ( DR )

Und das ist auch, was wir an diesem letzten Sonntag im Jahreskreis feiern: Christus als König zu verehren heißt, vor seinen Thron zu kommen, der das Kreuz ist. Christus als König zu feiern heißt, auf seine Krone zu blicken, die aus Dornen geflochten ist. Christus als König zu begegnen heißt, sein Reich dort zu suchen, wo Menschen Frieden stiften, Gerechtigkeit leben und einander Barmherzigkeit erweisen.

Barmherzigkeit

Und so fasst das Evangelium auch den heutigen Festtag in einem Wort zusammen: Barmherzigkeit. Man kann diese Barmherzigkeit verweigern. Immer wieder erleben wir das auch am eigenen Leib.

Man kann an notleidenden Menschen unberührt vorübergehen und ihnen die kalte Schulter zuwenden. Man kann Nackte nackt stehenlassen und Fremde an den Grenzen abweisen. Man kann Frieden zerbrechen und stattdessen Krieg und Gewalt schüren. In diesen Tagen erleben wir all das auf erschreckende Art und Weise.

Man kann unbarmherzig leben und so eine Gesellschaft prägen, in der jede und jeder Einzelne immer stärker um sich selbst kreist und den Nächsten aus dem Blick verliert. Auch das wird im heutigen Evangelium benannt.

Christus in der Welt finden 

"Er ist nicht schwer, denn er ist mein Bruder": Wir Menschen sollen barmherzig miteinander umgehen, weil wir nur so Christus in unserer Welt finden können. Er ist unser Bruder geworden, und so können wir ihm begegnen in den Schwestern und Brüdern dieser Welt.

Barmherzigkeit zu leben ist nicht schwer. Wenn wir barmherzig miteinander sind, bricht heute schon eine Welt an, in der Christus der König ist. Denn er hat uns vorgelebt, was Barmherzigkeit ist. Und eine Welt, die von Barmherzigkeit geprägt ist, suchen wir. Ganz besonders in diesen krisengeschüttelten Tagen.

Christkönigsfest und Totensonntag

Am Sonntag, 24. November, endet in diesem Jahr in der katholischen und in der evangelischen Kirche das Kirchenjahr. Mit dem ersten Advent beginnt eine Woche darauf ein neuer Jahres- und Festtagszyklus. Beide Kirchen begehen den Abschluss des Jahres in besonderer Form: Die Katholiken feiern das Christkönigsfest, die Protestanten gedenken am Totensonntag ihrer Verstorbenen. Das katholische Christkönigsfest lenkt den Blick auf Jesus Christus. Von ihm glauben die Christen, dass er am Ende der Zeit als König wiederkommen wird. Papst Pius XI.

Vergoldete Jesusfigur in Xanten / © Harald Oppitz (KNA)
Vergoldete Jesusfigur in Xanten / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA