Eine theologische Betrachtung zum Osterfest

Vom Suchen und Finden

In vielen Familien wird am Ostersonntag gesucht: Vor allem bei den Kindern ist es beliebt, die Osternester zu suchen, die der Osterhase versteckt hat. Warum sind wir aber auf der Suche nach mehr, als nur bunten Eiern?

Autor/in:
Fabian Brand
Ostern (Symbolbild) / © OlegRi (shutterstock)

In vielen Familien wird am Ostersonntag gesucht: Vor allem bei den Kindern ist es beliebt, im Haus oder im Garten die Osternester zu suchen, die der Osterhase versteckt hat. Auch die Älteren haben ihren Spaß, wenn die Kinder anfangen, die Ostereier irgendwo zu verteilen und manchmal nicht alles auf Anhieb wiedergefunden wird. Denn es kann auch sein, dass die Verstecke des Osterhasen zu gut gewählt waren und das Suchen am Ende eine ganz schöne Herausforderung wird.

Um das Suchen geht es an diesem Osterfest auch im Evangelium: Da heißt es, dass die Frauen in aller Herrgottsfrühe zum Grab kommen, um dem Leichnam ihres Freundes die letzte Ehre zu erweisen. Aber den, den sie suchen, den finden sie nicht. Der Stein ist weggewälzt, das Grab ist leer. Und zwei Männer in weißen Gewändern konfrontieren die Frauen mit der Frage: "Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?" (Lk 24,5) Man möchte den Männern entgegenhalten: Wo soll man Jesus denn sonst suchen als dort, wo man seinen Leichnam am Karfreitagabend hingelegt hat?

Das leere Grab

Doch den Lebenden bei den Toten suchen, den Auferstandenen im Grab finden, das funktioniert eben nicht. Christus ist auferstanden von den Toten, er lebt, und man kann ihm unter den Lebenden begegnen. Dort, wo Menschen auf sein Wort hören, wo sie miteinander das Brot brechen und sein Gedächtnismahl feiern, dort ist er mitten unter ihnen.

Die Frauen, die am Ostermorgen zum Grab kommen, sind Suchende. Sie sind angetrieben von einer Sehnsucht, sie haben ein Verlangen: Sie wollen ihren Freund noch einmal sehen, sie wollen würdevoll Abschied nehmen. Sie wollen noch einmal seine Nähe spüren, ihn sehen, ihn berühren, ihm nahe sein - auch im Tod.

Gesellen wir uns zu den Frauen, die am Ostermorgen zum Grab aufbrechen und fragen wir: Wonach sind wir auf der Suche an diesem Osterfest? Vieles bewegt uns in diesen Wochen, vieles hält uns in Atem. Wir suchen Frieden, weil der Krieg in der Ukraine uns wieder zeigt, wie schrecklich es ist, wenn Waffengewalt ein Land zerstört und Menschen in die Flucht treibt. Wir suchen endlich ein Ende der Corona-Pandemie, die unser Leben schon viel zu lange einschränkt und uns so vieler Freiheiten beraubt. Viele Menschen sehnen sich danach, wieder ein Leben in Normalität zu führen, ohne Lockdowns, ohne die Sorge um die eigene Gesundheit und die der Mitmenschen.

Menschen sind Suchende

Wir suchen das Leben und nicht den Tod! Wir Menschen sind Suchende, weil wir Sehnsüchte und Hoffnungen haben, die uns antreiben und nach denen wir uns ausstrecken. Jede und jeder Einzelne sucht an diesem Osterfest etwas Bestimmtes, das sie oder er gerade am meisten benötigt.

Wir sind nicht allein mit unserem Suchen, denn die Frauen aus dem Evangelium stehen uns zur Seite. Und sie wissen, wie es ist, wenn die Suche zunächst fehl geht: Das Grab ist leer, der Leichnam ist weg! Bittere Enttäuschung macht sich unter den Frauen breit, weil ihre Suche ins Leere gelaufen ist.

Sucht den Lebenden nicht bei den Toten, ruft der Engel den Frauen zu. Das heißt: Was ihr sucht, werdet ihr hier nicht finden. Aber ihr könnt es finden, wenn ihr mit offenen Augen durch euer Leben geht, wenn ihr mutig Ausschau haltet. Der Auferstandene will den Frauen begegnen, er lässt sich finden. Aber er ist nicht dort, wo sie ihn zunächst vermuten. Seine Gegenwart stellt sich überraschend ein, sie ist ein Geschenk. Der Auferstandene ist da. Wir können ihn finden - doch wir müssen auf der Suche nach ihm bleiben.

Suche nach Frieden

Ostern ist das Fest des Suchens und des Findens: weil uns Ostern Hoffnung macht, weil uns Ostern sagt, dass wir zuversichtlich bleiben müssen. Auch wenn die äußeren Umstände nicht gerade rosig aussehen: Wir dürfen uns von unserer Lebenssuche nicht abbringen lassen. Wir werden das finden, was wir suchen - aber wir werden es anders finden als erwartet. Wir werden es verklärt finden, leuchtend im Glanz der österlichen Sonne. Und wir werden es an anderen Orten finden als dort, wo wir es vermuten.

Dazu lädt uns das Evangelium der Osternacht ein: mutig bleiben, zuversichtlich und hoffnungsvoll - dann finden wir, wonach wir suchen. Dann können wir die Gegenwart des auferstandenen Herrn entdecken in unserem Leben in diesem Jahr.

Quelle:
KNA