EKD-Auslandsbischöfin besorgt über Lage der Christen in Syrien

"Das ist ein zerstörtes Land."

Die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sieht die Christen in Syrien nach dem Sturz des Assad-Regimes vor einer schwierigen Situation. Die politische Debatte hierzulande sieht sie kritisch.

Nach dem Sturz der Regierung unter Assad sind Dorfbewohner gekommen, um nach eigenen Angaben die syrische Grenze zum Libanon zu schützen. / © Sally Hayden/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa  (dpa)
Nach dem Sturz der Regierung unter Assad sind Dorfbewohner gekommen, um nach eigenen Angaben die syrische Grenze zum Libanon zu schützen. / © Sally Hayden/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa ( dpa )

"Viele fragen sich: Wie islamistisch geprägt wird die neue Verfassung, und was ist künftig mit Menschenrechten, Religionsfreiheit oder Frauenrechten?", sagte die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber der "Frankfurter Rundschau" (Montag/Online): 

Petra Bosse-Huber, Auslandsbischöfin der EKD / ©  Thomas Lohnes (epd)
Petra Bosse-Huber, Auslandsbischöfin der EKD / © Thomas Lohnes ( epd )

"Die Stimmung bei den Christen ist ambivalent. Wir sind den syrischen Christinnen und Christen immer eng verbunden gewesen." Bosse-Huber fügte hinzu: 

"In der Region um Syrien ist das Christentum entstanden und hat sich dann in alle Welt verbreitet." 

Starke Verbindung zu syrisch-orthodoxer Kirche

Selbst Protestanten, "die in dieser Hinsicht eher nüchtern sind, sehen dort heilige Orte, die die syrisch-orthodoxen Christen für uns all die Jahre bewahrt haben".  

Das verbinde "uns als dortige Minderheitenkirche mit der großen syrisch-orthodoxen Kirche", sagte Bosse-Huber, die früher Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland war. 

Deren Mitglieder seien während des Bürgerkriegs millionenfach geflohen, zum Beispiel nach Deutschland. Die dort blieben, versuchten zumindest, die christliche Präsenz zu sichern und für die verbliebenen Menschen in Syrien da zu sein.  

Erleichterung in Syrien

Sie höre aus Syrien auf der einen Seite unbändige Freude über den Sturz Assads, so die evangelische Theologin: 

"Sie müssen sich das Empfinden der meisten Syrer und Syrerinnen so vorstellen, wie es damals für die Deutschen mit dem Mauerfall war." 

"Das war nicht mehr für möglich gehalten worden und kam dann vollkommen unvermittelt." 

Diese Erleichterung baue auch darauf, dass die jetzigen Machthaber versprochen hätten, gemeinsam mit den Minderheiten eine neue Zivilgesellschaft aufzubauen.  

Politische Diskussion zielt an Realität vorbei

Die politische Diskussion in Deutschland vermittele den falschen Eindruck, dass alle Syrer jetzt auf gepackten Koffern sitzen und nach Hause wollten, sagte Bosse-Huber: 

"Das ist ein zerstörtes Land. Das ist ein Land ohne Infrastruktur. Da muss noch viel passieren - jenseits des Sturzes von Assad -, damit die vielen, die wirklich auch zurückkehren wollen, eine Chance haben, dieses Land wieder aufzubauen." 

Im Moment sei Syrien immer noch in einer desaströsen humanitären Lage. 

Christen in Syrien

Syrien gilt als Wiege des Christentums. Vor dem 2011 ausgebrochenen Bürgerkrieg waren laut Daten der Linzer "Initiative Christlicher Orient" etwa 7 Prozent der damals 21 Millionen Syrer christlich. Aktuelle Zahlen sind schwer zu ermitteln, auch weil mindestens 5,5 Millionen Syrerinnen und Syrer aus dem Land geflohen sind. Nach verschiedenen Schätzungen soll es noch maximal 500.000 Christen in Syrien geben. Rund drei Viertel der Syrer sind sunnitische Muslime, etwa 12 Prozent gehörten vor dem Krieg der Sekte der Alawiten an, darunter auch der nun gestürzte Assad-Clan. 

Außenansicht der Kirche Sankt Georg in Izra (Syrien) / © Karin Leukefeld (KNA)
Außenansicht der Kirche Sankt Georg in Izra (Syrien) / © Karin Leukefeld ( KNA )
Quelle:
epd