EKD-Ratsvorsitzende Fehrs würdigt Vorgängerin Annette Kurschus

"Wir haben alle Fehler gemacht"

Es gibt Applaus, als die zurückgetretene Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Annette Kurschus, gewürdigt wird. Als kommissarische Ratsvorsitzende erklärte Bischöfin Kirsten Fehrs: "Sie hat Verantwortung übernommen."

Kirsten Fehrs spricht am 10.11.2024 während einer Pressekonferenz der 5. Tagung der 13. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Würzburg / ©  Heike Lyding (epd)
Kirsten Fehrs spricht am 10.11.2024 während einer Pressekonferenz der 5. Tagung der 13. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Würzburg / © Heike Lyding ( epd )

Die kommissarische Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat ihre zurückgetretene Vorgängerin Annette Kurschus gewürdigt. 

EKD-Synode in Würzburg 2024 / ©  Heike Lyding (epd)
EKD-Synode in Würzburg 2024 / © Heike Lyding ( epd )

"Wir danken dir für alles, was du der EKD geschenkt hast - mit deiner Wortkraft und deinem theologischen Feinsinn", sagte Fehrs am Sonntag vor dem in Würzburg tagenden Parlament der EKD. Kurschus nahm an der Sitzung teil. Viele der 128 Delegierten reagierten mit Applaus.

Das Parlament der EKD, die Synode, tagt bis Mittwoch in Würzburg. Es will dabei auch Maßnahmen gegen sexualisierte Gewalt in der Kirche beschließen. Kurschus war vor einem Jahr von ihren Ämtern als Ratsvorsitzende der EKD und als Präses der westfälischen Landeskirche zurückgetreten. 

Sie reagierte damit auf Vorwürfe, mit einem Fall von sexualisierter Gewalt nicht richtig umgegangen zu sein. Fehrs hatte den Ratsvorsitz daraufhin kommissarisch übernommen und wird wahrscheinlich am Dienstag durch die Synode offiziell in diesem Amt bestätigt.

"Sie hat Verantwortung übernommen"

Fehrs sagte, Kurschus habe Verantwortung übernommen, als sie gespürt habe, dass es plötzlich stärker um ihr Verhalten im Umgang mit einem konkreten Fall ging als um die Betroffenen. "Sie hat Verantwortung übernommen, aber sie ist nicht allein verantwortlich für die Entwicklung im vergangenen Jahr, die zu ihrem Rücktritt führte." 

Annette Kurschus / © Christoph Reichwein (dpa)
Annette Kurschus / © Christoph Reichwein ( dpa )

Viele Gremien und Akteure in der EKD hätten sich kritisch mit dem eigenen Verhalten auseinandergesetzt. "Im Rückblick müssen wir sagen: Wir haben alle Fehler gemacht - nicht allein Annette Kurschus -, insbesondere im Bereich der internen Kommunikation."

Dazu gehöre wohl auch, dass die Abstimmung zwischen der westfälischen Kirche und der EKD unzureichend gewesen sei, so Fehrs. So sei die Beratung für Kurschus nicht in dem Maße erfolgt, wie es nötig gewesen wäre. 

Mittlerweile gebe es eine Regelung, in der Zuständigkeiten und Verfahrensschritte für die Kommunikation bei Vorwürfen gegenüber Leitungspersonen geklärt seien. Sie sei im September von den Gremien der EKD verabschiedet worden. Fehrs fügte hinzu: "Das Thema sexualisierte Gewalt bleibt, als eine große Aufgabe, die wir beharrlich angehen."

Missbrauchsstudie der Evangelischen Kirche

Die Zahl der Missbrauchsopfer in der evangelischen Kirche und Diakonie ist viel höher als bislang angenommen. Laut einer Studie sind seit 1946 in Deutschland nach einer Hochrechnung 9.355 Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht worden. Die Zahl der Beschuldigten liegt bei 3.497. Rund ein Drittel davon seien Pfarrpersonen, also Pfarrer oder Vikare. Bislang ging die evangelische Kirche von rund 900 Missbrauchsopfern aus. Die Forum-Studie wurde von einem unabhängigen Forscherteam erarbeitet und in Hannover veröffentlicht.

Gedruckte Ausgaben der Studie zu Missbrauch in der evangelischen Kirche liegen auf einem Tisch / © Sarah Knorr (dpa)
Gedruckte Ausgaben der Studie zu Missbrauch in der evangelischen Kirche liegen auf einem Tisch / © Sarah Knorr ( dpa )
Quelle:
KNA