EKD-Ratsvorsitzender Bedford-Strohm zur Europawahl

"Die Idee Europas in unsere nationale Öffentlichkeit tragen"

Wenn es um die Europawahl geht, brennen Heinrich Bedford-Strohm einige Themen auf der Seele. Im Interview spricht der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland darüber, warum es wichtig ist, seine Stimme abzugeben.

Heinrich Bedford-Strohm / © Harald Oppitz (KNA)
Heinrich Bedford-Strohm / © Harald Oppitz ( KNA )

KNA: Herr Landesbischof, ist es noch vertretbar, dass es keine Seenotrettung der EU mehr im Mittelmeer gibt und die Reform einer gemeinsamen europäischen Asylreform nicht geglückt ist?

Heinrich Bedford-Strohm (Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)): Ich habe vom moralischen Bankrott Europas gesprochen, als die Seenotrettung im Rahmen der EU-Marine-Operation Sophia eingestellt wurde. Wenn Menschen ertrinken und Europa schaut zu, muss man das in aller Deutlichkeit so beim Namen nennen. Der Europawahlkampf ist jetzt eine Gelegenheit gerade für uns als Kirchen, auf die Notwendigkeit von Seenotrettung und mehr legalen Zugangswegen nach Europa öffentlich hinzuweisen. Ich setze darauf, dass in der nächsten Legislaturperiode die notwendige Reform der Asylpolitik mit neuem Schub angegangen wird. Viele Gespräche, die ich führe - gerade auch mit Menschen in politischer Verantwortung - deuten darauf hin, dass man nicht bereit ist, die gegenwärtige Situation länger hinzunehmen.

KNA: Wen sollten Christen wählen, um diese Situation zu ändern?

Bedford-Strohm: Wir geben aus guten Gründen keine Wahlempfehlung für bestimmte Parteien ab, sondern wir sagen, was die Grundorientierungen sind, an denen sich die Wahlentscheidung ausrichten sollte. Die sind klar: die Einhaltung der Menschenrechte, die die konkrete Umsetzung unserer christlichen Überzeugung sind. Jeder Mensch ist zum Bilde Gottes geschaffen. Menschen, die hier Zuflucht suchen, müssen mit Würde behandelt werden. Niemand darf fahrlässig dem Tod preisgegeben werden.

KNA: Welche Themen sind Ihrer Meinung nach neben der Migration noch wichtig für Europas Zukunft?

Bedford-Strohm: Wir müssen vor allem die Begrenzung des Klimawandels und die ökologische Transformation unserer Gesellschaften verantwortlich in die Hand nehmen. Wo die Lebensgrundlagen durch den Klimawandel und unsere Eingriffe in die Natur zerstört werden, da machen sich Menschen auf die Flucht.

Zudem muss das soziale Europa gestärkt werden. Alle Menschen sollten am wirtschaftlichen und sozialen Leben Europas teilhaben können.

Junge Menschen müssen wirklich eine Chance bekommen und da, wo es ihnen schwerer fällt, müssen Sie die entsprechende Bildung und Unterstützung bekommen, dass sie sich entwickeln können und am Arbeitsleben teilhaben können. .

KNA: Was könnte die Kirche auf europäischer Ebene besser machen?

Bedford-Strohm: Als Kirchen müssen wir die Idee Europas noch viel mehr in unsere nationalen Öffentlichkeiten tragen. Am besten direkt mit konkreten europäischen Projektvorhaben. So haben sich die EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet innerhalb von zwei Jahren 50.000 Menschen, die besonders schutzbedürftig sind, in Europa im Wege der Neuansiedlung aufzunehmen. Deutschland trägt seinen Anteil, indem es zugesagt hat, 10.200 Menschen Schutz zu bieten.

Im Rahmen eines privaten Sponsorenprogramms werden nun Kirchen, diakonische Einrichtungen und zivilgesellschaftliche Organisationen ganz konkret einen kleinen Teil der neuangesiedelten Flüchtlingen finanziell und organisatorisch unterstützen. Das ist ein gutes Beispiel, wie Kirche am Gelingen europäischer Vorhaben ganz handfest mitarbeitet. 

Das Interview führte Franziska Broich.


Quelle:
KNA
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