Nach vierwöchigen Beratungen kehrt die Weltsynode zurück in die Ortskirchen. Dem Treffen, dem zwei Jahre Vorbereitungen an der Basis und in unterschiedlichen Gremien vorausgingen, sollen nun weitere elf Monate folgen, in denen offene Fragen auf nationaler Ebene erörtert werden.
Im Oktober 2024 wollen die Delegierten sich erneut in Rom versammeln. Es geht um mehr "Synodalität" - einen Leitungsstil, der auf breitere Beteiligung und Vielfalt setzt. Schon jetzt zeigt sich, dass Katholiken global mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs sind.
Änderungen nicht überall erstrebenswert
Das liegt auch am kulturellen Umfeld und an den Mehrheitsverhältnissen. Die Synode erkennt im Schlussbericht die "Pluralität der Ausdrucksformen von Kirche-Sein" an; diese hat ihre Rechtfertigung in den verschiedenen Kulturen, in denen Katholiken leben. Aber nicht überall gelten Änderungen als so erstrebenswert, wie sie liberale westliche Gläubige sich erhoffen.
Beispiel Südostasien: In Gesellschaften, in denen Tradition sehr wichtig ist, würde ein Abrücken vom priesterlichen Zölibat eher Geringschätzung hervorrufen, meint ein hoher Kurienmitarbeiter aus der Region. Ähnlich stieße ein anderer Umgang mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen auf Schwierigkeiten - zumal in islamisch oder hinduistisch geprägten Ländern. In Indonesien, dem Land mit den meisten Muslimen weltweit, ist Homosexualität nicht gut gelitten: "Es gibt sie, aber man redet nicht darüber", so der Vatikan-Geistliche.
Lateinamerika geht bei Laienseelsorge voran
Hinzu kommt die Minderheitensituation der Christen. Für Asien gibt der Vatikan einen Katholikenanteil von 3,3 Prozent an; außer auf den Philippinen, in Osttimor und Südkorea bilden sie kleine Herden - und überlegen sich genau, ob sie als revolutionär auffallen wollen. "Der Wind der Veränderung weht überall; es ist nicht ratsam, ihn auch noch zu verstärken", sagt der Kuriale. Der neue Umgangsstil, den die Synode anregt, wird nach seiner Einschätzung in Asien frühestens in zehn Jahren greifen.
Wenn es um mehr Spielraum für Laien in der Seelsorge geht, ist Lateinamerika weit voraus. Nicht nur in der Amazonasregion haben Laien und Ordensfrauen längst Teile des Gemeindelebens, der Gottesdienste und der Glaubensunterweisung übernommen. Schon die Amazonas-Synode 2019 wollte verheiratete Männer zu Priestern machen und eigene Dienstämter für Frauen schaffen, doch damals ging der Papst darauf nicht ein.
Afrika verfolgt Missionsauftrag mit eigenem Selbstbewusstsein
Ebenso tragen in Afrika viele Ordensfrauen schon jetzt viel Verantwortung. Manche Gläubige kennen nicht mehr "den Unterschied zwischen einem Priester und einer Schwester", meint etwas zugespitzt Schwester Maamalifar Poreku aus Ghana.
Laut Poreku, die sich für Klima-Erziehung und für Frauenrechte einsetzt, nehmen Ordensschwestern ihren Missionsauftrag längst mit eigenem Selbstbewusstsein wahr. "Ich würde es keinem Priester erlauben, mich herabzusetzen", sagt sie. "Papst Franziskus kämpft auf seine Weise gegen Klerikalismus, ich auf meine."
Sonderwünsche für die Unterzeichnung
Das Schlussdokument der Synode geht im Übrigen nur in einem Punkt ausdrücklich auf Afrika ein: mit dem Vorschlag, einen flexibleren Umgang mit Polygamie zu prüfen. Und einen indirekten Bezug gibt es: Die Abkürzung LGTBQ+ für unterschiedliche Geschlechteridentitäten steht nicht im Text. Andernfalls wäre es wahrscheinlich gewesen, dass afrikanische Teilnehmer dagegen gestimmt hätten, heißt es aus dem Synodensekretariat. Dennoch stehe das im Text, was damit gemeint ist.
Einen anderen Sonderwunsch brachten Vertreter aus Nahost im Text unter - sie wollen einen eigenen Rat von Oberhäuptern katholischer Ostkirchen beim Papst installieren.
USA und Europa zeichnen zukünftige weltweite Spannungen vor
Vor welchen Spannungen die Weltkirche steht, wird nicht zuletzt mit Blick auf die USA deutlich: "Keine Kirche ist so gespalten", sagt ein Synodenmitglied. Gegensätze zwischen englischsprachigen und von Hispanics geprägten Ortskirchen gehörten dazu. Und es gibt unversöhnliche Lager, wenn es um Themen wie Ämterverständnis, Sexualethik oder Sorge um Migranten geht; bei den Beratungen in Rom fielen die US-amerikanischen Teilnehmer durch eine relativ starke konservative Fraktion auf.
Ähnliches gilt für Europa. Zwischen dem deutschen Synodalen Weg, traditionsfesten Bistümern Osteuropas oder Regionen wie Skandinavien gibt es Unterschiede in der Wahrnehmung, wie sehr Reformen nötig sind. Das Synoden-Dokument hält fest, dass es "zwischen der Wahrung des Bandes der Kircheneinheit und der Gefahr der Homogenisierung" einen Ausgleich zu finden gilt. Ein knappes Jahr haben die Ortskirchen Zeit, sich darüber weitere Gedanken zu machen.