Erneut Tausende bei "Marsch für das Leben" in Berlin

Bundesweit größte Demonstration gegen Abtreibung?

Jedes Jahr ist es die bundesweit größte Kundgebung dieser Art. Erneut waren Tausende trotz lautstarker Gegenproteste in Berlin auf einem "Marsch für das Leben" - mit einem ungewöhnlichen Gast aus den USA.

Autor/in:
Gregor Krummpholz
Marsch für das Leben / © Gordon Welters (KNA)
Marsch für das Leben / © Gordon Welters ( KNA )

Wieder ungezählte Holzkreuze, zudem Schilder und Luftballons - meist in Grün, der Farbe von Fruchtbarkeit und Wachstum: Am Wochenende machten sich zum 18. Mal tausende Menschen auf einen "Marsch für das Leben" durch das Zentrum Berlins. Um vor allem gegen Abtreibung und aktive Sterbehilfe zu protestieren.

Bischöfliche Unterstützung

Nach Angaben des Bundesverbands Lebensrecht (BVL), einem Zusammenschluss von 16 meist christlich geprägten Organisationen, waren es knapp 4.000 Demonstrierende und damit etwa ebensoviele wie im Vorjahr. Der Marsch bleibt damit die bundesweit größte Kundgebung dieser Art, wie es sie auch in vielen anderen Ländern weltweit gibt.

Mit dabei waren der Berliner Erzbischof Heiner Koch, Bischof Rudolf Voderholzer aus Regensburg, der Rottenburg-Stuttgarter Weihbischof Thomas Maria Renz und der Vikarbischof der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland, Emmanuel Sfiatkosi. Weitere kirchliche Spitzenvertreter wie der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, und der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hatten ihre Unterstützung in schriftlichen Grußworten bekundet.

Umstrittene Unterstützung von der AfD

Unterstützende Grüße kamen auch wieder von der AfD, was dem Vernehmen nach etliche davon abhält, sich an der Kundgebung zu beteiligen. Kritiker werfen dem Marsch seit langem vor, er distanziere sich nicht genug von fundamentalistischen Gruppierungen. Auch in diesem Jahr gingen wieder mehrere hundert Gegendemonstranten auf die Straße. Unter anderem machte sich ein "Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung" aus Gewerkschaften, SPD, Grünen und Linkspartei akustisch bemerkbar, wurde aber von mehreren hundert Polizistinnen und Polizisten auf Abstand gehalten.

So weit, so bekannt aus den letzten Jahren. Geändert hat sich indes die politische Großwetterlage. Mit der Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen konnten Gegner der gegenwärtigen gesetzlichen Abtreibungsregelungen aus ihrer Sicht einen wichtigen Erfolg erzielen. Bei der Kundgebung äußerte die frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel die Sorge, dies sei nur der Einstieg in die Streichung des Paragrafen 218 und in andere Schritte zur weiteren Liberalisierung von Abtreibungen.

Warnungen vor Neuregelung der Suizidbeihilfe

Marsch für das Leben in Berlin / © Gordon Welters (KNA)
Marsch für das Leben in Berlin / © Gordon Welters ( KNA )

Weitere Befürchtungen nannte der CDU-Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe. So warnte er mit Blick auf die geplante Neuregelung der Suizidbeihilfe, in der Folge könne auf viele Menschen ein Druck zur Selbsttötung entstehen, um etwa Angehörige zu entlasten. Auch wandte sich der frühere Behinderten-Beauftragte der Bundesregierung gegen eine Auswahl von Ungeborenen infolge der Tests auf Genschäden. Zudem warnte er davor, durch eine Zulassung von Leihmutterschaften "Frauen zu Gebärmaschinen zu machen".

Die BVL-Vorsitzende Alexandra Maria Linder ergänzte, dass die vom Marsch erhobenen Forderungen auch international zunehmend in Frage gestellt würden. Sie kritisierte Bestrebungen etwa bei den Vereinten Nationen, ein Grundrecht auf Abtreibung zu verankern. Zugleich verteidigte Linder die neuen Vorschriften zu Schwangerschaftsabbrüchen in Ungarn. Dort müssen Frauen vor einer Abtreibung eine Bescheinigung einholen, dass sie sich die Herztöne ihres Embryos angehört haben. Dies gehöre zurecht zur Aufklärung einer schwangeren Frau, "damit sie weiß, was in ihrem Körper vorgeht", so die BVL-Vorsitzende.

Gast aus den USA

Beim Auftaktpodium präsentierte Linder einen Gast, wie er unter den vor allem christlich und konservativ geprägten Teilnehmenden eher selten vorkommt. Sie stellte Terrisa Bukovinac als Gründerin der "Democrats für Life of America" vor, einer Bewegung, die in der Demokratischen Partei der USA wegen ihrer Ablehnung von Abtreibung eine Minderheitsposition vertritt. Bukovinac selbst bezeichnete sich als "atheistisch und links", zugleich verurteilte sie Schwangerschaftsabbrüche als "globalen Völkermord" und rief zu gewaltlosem Widerstand auf.

Mit viel Sacropop schloss der Marsch in einem Gottesdienst. Dabei mahnte Weihbischof Renz eine wissenschaftlich fundierte Debatte über den Schutz des Lebens an. Wer dem Embryo nicht ab der Zeugung Menschenrechte zugestehe, müsse begründen, mit welchen Argumenten dies zu einem späteren Zeitpunkt der Fall sei, forderte er.

Quelle:
KNA