Erzbistum Köln gründet Servicegesellschaft mit Kita-Träger Fröbel

Entlastung bei Verwaltungsprozessen

In der Landschaft der Kindertagesstätten ist es etwas ganz Neues. Das Erzbistum Köln gründet zusammen mit dem Kita-Träger Fröbel eine gemeinsame Servicegesellschaft. Was bedeutet das für die 525 Kindertagesstätten im Erzbistum Köln?

 Gaderobe in einer Kita / © Julia Steinbrecht (KNA)

DOMRADIO.DE: Was hat sie dazu bewogen, diese gemeinsame Servicegesellschaft zu gründen?

Frank Hüppelshäuser / © FotoStudio54 (privat)
Frank Hüppelshäuser / © FotoStudio54 ( privat )

Frank Hüppelshäuser (Amtsleiter im Erzbischöflichen Generalvikariat Köln): Für uns ist es ein ganz wesentlicher strategischer Schritt. Man muss das fast in einem größeren Zusammenhang sehen. Wir haben mit unseren über 500 Kitas eine wunderbare Ausgangssituation. Wir haben zudem 33 Schulen und mit der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) sogar noch eine Universität. 

Das heißt im Umkehrschluss für uns strategisch an der Stelle, dass wir für Kinder, für Jugendliche und für junge Erwachsene eigentlich eine wunderbare Perspektive mit unseren katholischen Werten bieten können. Da spielt das Thema Kita eine ganz wesentliche Rolle. 

Aber wir müssen es auch unter der finanziellen Perspektive betrachten. Wir stecken eine ganze Menge Kirchensteuermittel in das Thema Kita, was genau richtig ist. Aber auf Sicht werden die Kirchensteuermittel weniger werden. Also müssen wir auch in diesem Umfeld zu sparen versuchen. Wir wollen aber nicht sparen, indem wir Kitas schließen. Ganz im Gegenteil. Wir wollen in der Verwaltung sparen und eigentlich jeden Euro, den wir dort sparen, in die Pädagogik, in die Ausstattung, in die Kitas vor Ort investieren. Das ist die Idee. 

Da wir wir das wahrscheinlich nicht besonders gut alleine hinbekommen werden, haben wir uns früh umgeschaut und haben nach einem Partner gesucht, der gerade die Verwaltungsprozesse besonders gut beherrscht. So sind wir auf Fröbel gekommen. Das war die Grundidee, dass wir gemeinsam eine Servicegesellschaft gründen, die sich ausschließlich mit der Verwaltung unserer Kitas befassen wird. 

Frank Hüppelshäuser

"Die Kitas vor Ort kämpfen immer wieder durch ihre Kleinteiligkeit mit Ausfallzeiten".

DOMRADIO.DE: In den Kitas des Erzbistums Köln werden über 30.000 Kinder betreut. Was heißt das jetzt für die Eltern und für die Kinder, wenn man diese gemeinsame Servicegesellschaft gründet? 

Hüppelshäuser: Das ist für uns auch ein gewaltiges Potenzial. Man muss sich vorstellen, dass jeden Tag 30.000 Kinder betreut werden. Darauf kommen in der Summe ungefähr 60.000 Eltern, die wir mit unseren Werten perspektivisch sogar noch besser bedienen können. 

Aber was wird sich für die Eltern und auch für die Kinder ändern? Zunächst einmal gar nichts, weil sie von der Verwaltung idealerweise nichts mitbekommen. Verwaltung heißt: Finanzbuchhaltung, Controlling oder Einkauf. 

Mittelfristig ist das aber schon ein wesentliches Thema. Es soll Zukunftssicherheit bieten. Es soll die Möglichkeit bieten, eine Perspektive für die Kinder vor Ort zu haben. Wir wollen keine Kitas schließen, wir wollen kein Personal reduzieren, ganz im Gegenteil. Wir wollen durch eine effizientere Verwaltung unsere Kindergärten besser ausstatten können. 

Ein ganz wesentlicher Punkt ist folgender: Die Kitas vor Ort kämpfen immer wieder durch ihre Kleinteiligkeit mit Ausfallzeiten. Das ist nicht nur bei uns so. Die Erzieherinnen und Erzieher, die einen wunderbaren Job machen, aber auch sehr belastet sind, werden krank oder es gibt Kündigungen. 

Wir können diese Ausfälle künftig in sehr größeren Einheiten viel besser kompensieren. Wir haben das mal durchgerechnet und glauben, dass wir die Ausfallzeiten um etwa zwanzig Prozent reduzieren können. Das liefert eine größere Sicherheit für die Eltern, ihre Kinder auch jeden Tag zu uns bringen zu können.

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Erzbistum Köln und Fröbel gründen gemeinsame Servicegesellschaft für Kitas

DOMRADIO.DE: Aber was bedeutet das für den katholischen Markenkern der Kitas im Erzbistum Köln, wenn nun die Verwaltung von einem konfessionell nicht gebundenen Träger übernommen wird? Ist folgendes Szenario denkbar: Der Träger möchte sparen und zu Weihnachten gibt es keine Krippe mehr?

Hüppelshäuser: Es gibt zwei Gesellschaften. Es gibt den Kita-Träger, der nur dem Erzbistum gehört. Die Kitas werden in diesen zum Erzbistum gehörenden Träger wechseln, genau wie die Mitarbeiter auch. Die unterliegen künftig dem katholischen Arbeitsrecht. MAVO (Mitarbeitervertretungsordnung, Anm. d. Red.) und KAVO (Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung, Anm. d. Red.) gelten für alle Beteiligten weiterhin. 

Das pädagogische Konzept werden wir aus dem Träger heraus entwickeln. Damit hat Fröbel nichts zu tun. Ich glaube sogar, dass man sich vor Ort viel mehr auf die Pädagogik und auf die katholischen Werte konzentrieren kann, als das vielleicht generell der Fall ist. 

Ich nehme an, dass der katholische Markenkern in unseren 525 Kitas nicht so ausgeprägt ist, wie wir uns das perspektivisch vorstellen. Es wird sicherlich dann perspektivisch in allen Kitas auch einen Markenbildungsprozess geben, der bestimmte Rahmenbedingungen setzen wird, damit es einen Wiedererkennungswert gibt. Man sollte schon erkennen, dass es eine Kita ist, die dem Erzbistum Köln zugeschrieben wird. Das muss auch irgendwo für alle Beteiligten spürbar und fühlbar sein. Das wird künftig sogar noch deutlich stärker werden.

Frank Hüppelshäuser

"Viele finden es toll, dass ihnen diese Verwaltungsthemen abgenommen werden".

DOMRADIO.DE: Bisher hatten die Kirchengemeinden die Verwaltungshoheit für die örtlichen Kitas, also die Kirchenvorstände, die Pfarrer. Die konnten auch den Markenkern einer Kita prägen. Das fällt jetzt weg? 

Hüppelshäuser: Ganz im Gegenteil. Es fällt nicht weg. Durch viele Gespräche weiß ich, dass die Pfarrer und auch viele Kirchenvorstände mittlerweile mit dem Thema deutlich überlastet sind. Was die Verwaltungsprozesse in den Kitas angeht, hat sich in den letzten Jahren viel verändert. Wir leiden natürlich auch unter einem Fachkräftemangel. Das heißt, man ist vor Ort auf sich selber gestellt, um Fachkräfte in die Kitas zu bringen. 

Das ganze Thema Prävention, das ganze Thema der Steuerung dieser Kitas ist so kompliziert geworden, dass mir viele Pfarrer und auch Kirchenvorstände sagen, dass sie das heute gar nicht mehr hinkriegen. Ich war übrigens selber 20 Jahre Kirchenvorstand. Das heißt also im Umkehrschluss, dass die Pfarrer und vielleicht auch Mitglieder aus dem Kirchenvorstand, aus den Pfarrgemeinderäten, viel mehr Möglichkeit haben, ihre Zeit, die sie in langweiligen Verwaltungsprozessen investieren, in die Arbeit mit den Kindern investieren können. 

Das ist doch eigentlich das, was wir vor Ort machen sollen. Ich bekomme positive Rückmeldungen. Viele finden es toll, dass ihnen diese Verwaltungsthemen abgenommen werden. So könne man sich mehr mit dem eigentlichen Kern der Arbeit befassen. Das müssen wir ausbauen.

DOMRADIO.DE: 8.300 Mitarbeitende sind in den Kindertagesstätten des Erzbistums Köln beschäftigt. Was ändert sich denn für die? Sind die in Zukunft bei dem Fröbel-Träger angestellt? Bekommen Sie ganz neue Verträge? 

Erzieherin in einem Kindergarten / © Uwe Anspach (dpa)

Hüppelshäuser: Nein. Für die Mitarbeitenden, die in den Träger wechseln werden, ändert sich gar nichts. Die KAVO bleibt und die MAVO bleibt. Wir wären ja verrückt, wenn wir das ändern würden. Ganz im Gegenteil. Wir geben den Mitarbeitenden Sicherheit.

Wie ich das höre und wie unser Kardinal das auch sagt, ist das Thema, dass es einen Träger geben könnte, schon seit zehn bis fünfzehn Jahren in der Diskussion. Jetzt ist es endlich so weit. Jetzt gibt es eine gewisse Sicherheit für die Mitarbeitenden, auch was perspektivisch passiert. 

Für unsere Erzieherinnen und Erzieher, die unser höchstes Gut sind, werden wir ganz andere Möglichkeiten der Karriereentwicklung bieten können. Wenn ich in einer kleinen oder mittleren Kita bin, wo 20 bis 25 Beschäftigte sind, sind die Aufstiegsmöglichkeiten beschränkt. Wenn ich von einem Ort in den anderen ziehe, muss ich den Arbeitgeber wechseln. Hier kann ich das in einer größeren Organisationseinheit viel besser machen. 

Wir werden eine Verzahnung mit unseren Berufskollegs viel stärker umsetzen können, um auch von der Ausbildung her ganz andere Karrieremöglichkeiten für die Erzieherinnen und Erzieher bieten zu können. Ich bin unglaublich positiv eingestellt, was gerade dieses wesentlichste Thema, nämlich unsere Mitarbeitenden, angeht. Wenn wir die nicht haben, dann können wir unsere Kitas auch nicht betreiben. 

Frank Hüppelshäuser

 "Die technischen Möglichkeiten, die wir Ihnen aktuell zur Verfügung stellen und die Ausstattung, die sie aktuell haben, ist nicht optimal".

DOMRADIO.DE: In Zukunft wird die Kitaleitung dann mit der gemeinsamen neuen Servicegesellschaft zu tun bekommen. Wie ist denn die Reaktion bisher unter den Kitaleitungen? 

Hüppelshäuser: Bis jetzt sehr positiv, vom dem, was ich zurückgespiegelt bekomme. Wir sind sehr viel draußen unterwegs, ich selber auch und spreche da mit Kitaleitungen. Wir haben ein "Sounding Board" (Qualitative Meinungsbefragung, Anm. d. Red.) im Projekt gegründet, bei dem sich über 160 Menschen, Kitaleitungen, Verwaltungsleitungen und Pfarrer beteiligen und bei dem wir immer wieder auch Rückkopplungen aus dem Projekt heraus suchen. 

Natürlich gibt es viele Fragen, aber die können wir alle gut beantworten. Für mich sind die Rückmeldungen, die wir bis dato kriegen, sehr positiv. Auch da wird sich die Technik verbessern. Heute sind die Kolleginnen und Kollegen draußen sehr viel mit Verwaltungsprozessen befasst, gerade Kita-Leitungen. 

Die technischen Möglichkeiten, die wir ihnen aktuell zur Verfügung stellen und die Ausstattung, die sie aktuell haben, sind nicht optimal. Das wird sich verändern. Das sehen wir beispielsweise, wenn wir uns Benchmarks (Standards, Anm. d. Red.) bei Fröbel angucken. Die sind anders ausgestattet und da wollen wir mindestens auch hin.

DOMRADIO.DE: Liegt die gemeinsame Servicegesellschaft in Bezug auf die Verwaltung dann beim Fröbel-Träger oder beim Erzbistum Köln? 

Hüppelshäuser: Wir haben zwei Gesellschaften. Die eine haben wir im Herbst letzten Jahres gegründet. Das ist die Trägergesellschaft "Katolino". Die gehört nur dem Bistum. Diese Trägergesellschaft hat eine Servicegesellschaft gegründet, die zu 60 Prozent dem Erzbistum gehört und zu 40 Prozent die Beteiligung von Fröbel beinhaltet. 

Das Erzbistum hat bei beiden Trägern die Mehrheit. Bei dem einen vollständig, bei dem zweiten zu 60 Prozent. Kein Mitarbeiter ist bei Fröbel angestellt. Man muss aber auch keine Angst vor Fröbel haben. Sie sind mit 250 Kindertagesstätten einer der größten überregionalen Träger und machen ihr Geschäft gut. Sie helfen uns ausschließlich bei der Verwaltung. So ist es vereinbart und so wird es sein. 

DOMRADIO.DE: Wie geht es nun los? Der Startschuss ist gefallen. Wie sind denn jetzt die geplanten Abläufe? 

Hüppelshäuser: Die Verträge sind geschlossen, die Gesellschaften sind gegründet. Im März diesen Jahres wird der Pilot mit acht Kitas starten. Wir machen das auch vorsichtig, um vor allem die Technik zu erproben. Das muss auch mit unseren Prozessen zusammenpassen. 

Wir werden die IT von Fröbel übernehmen. Das werden wir bis zum August diesen Jahres mit den Prozessen, die dahinter liegen, testen und schauen, ob das funktioniert. Dann geht es im August mit dem neuen Kitajahr los, wo wir 30 Kindertagesstätten in den Kita-Träger integrieren. Die werden dann vollständig dort hinein migriert. Dann werden wir Schritt für Schritt schauen, dass auch die anderen 525 Kitas dort ihre Heimat finden. 

Das Interview führte Johannes Schröer.

Erzbistum Köln

Das Erzbistum Köln zählt zu den bedeutendsten Diözesen in Deutschland. Mit rund 1,9 Millionen Katholiken hat es die meisten Mitglieder, gefolgt von Münster, Freiburg und Rottenburg-Stuttgart (je rund 1,8 Millionen). Das Vermögen liegt bei rund 3,8 Milliarden Euro. Damit liegt Köln auf Platz drei hinter Paderborn (7,15 Milliarden Euro) und München-Freising (6,1 Milliarden Euro).

Blick auf den Kölner Dom / © saiko3p (shutterstock)
Quelle:
DR

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