Das bulgarische Patriarchat, seit Juni 2024 geleitet von Patriarch Daniil, bleibt der einzige Vertreter des traditionellen orthodoxen Glaubens im Land. Dies hat das Parlament des Landes beschlossen. Bulgariens Gesetzgeber billigte am 31. Januar mit großer Mehrheit eine entsprechende Änderungen des Gesetzes über die religiösen Bekenntnisse.
Vorangegangen war eine mehrwöchige öffentliche Debatte, nachdem der Oberste Kassationsgerichtshof im Dezember entschieden hatte, dass die "Bulgarische Orthodoxe Kirche des Alten Kalenders" rechtlich zu registrieren sei. Diese Entscheidung des bulgarischen Gerichts stand im Zusammenhang mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aus dem Jahr 2021. Damit wurden gegenteilige Entscheidungen bulgarischer Gerichte aufgehoben.
Keine Statusminderung
Laut den Richtern des Gerichtshofs gab es keine Umstände, aufgrund derer angenommen werden könne, dass die Registrierung der altkalendarische Kirche die Rechte der Bulgarischen Orthodoxen Kirche (BOK) beeinträchtigen werde. Das Gericht sah in der Registrierung einer weiteren Kirche, die sich als "orthodox" bezeichnet keine Minderung des Status des bulgarischen Patriarchats, zu dem sich die Mehrheit der orthodoxen Christen im Land bekennt.
Eine zentrale Rolle dabei soll der bulgarische EGMR-Richter Jonko Grozew gespielt haben. Ehe er in das Straßburger Gericht berufen wurde, war Grozew Mitglied des Vorstands der Nichtregierungsorganisationen "Open Society Justice Initiative" (von 2011 bis 2015) und des "Open Society Institute-Sofia" (von 2001 bis 2004) sowie Vorstandsvorsitzender und Gründungsmitglied von "RiskMonitor" (von 2009 bis 2015).
Petition fordert Ausschluss
Anfang 2020 beschuldigten französische Juristen Grozew, die Interessen des in Mittel- und Osteuropa als umstritten geltenden Philanthropen George Soros und dessen Organisationen zu vertreten. Eine Petition forderte den Ausschluss von Grozew aufgrund von Interessenkonflikten. Dennoch wurde er auf die Position im EGMR befördert.
Sofort nach dem Urteil hatten Patriarch Daniil und Mitglieder des Heiligen Synods mit verschiedenen Institutionen zusammen protestiert, sich um staatlichen Schutz bemüht und vor einer möglichen neuen Spaltung der Orthodoxie des Landes gewarnt. Man einigte sich darauf, dass der Mitte Januar schon in erster und jetzt in zweiter Lesung beschlossene Gesetzentwurf es jeder Organisation außer des Patriarchats verbieten solle, das Wort "orthodox" in ihrem rechtlich eingetragenen Namen zu verwenden.
Pro-russischer Populist begründet Schritt mit Schisma
Innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten dieser Bestimmungen müssen nun eingetragene Konfessionen und Antragsteller mit anhängigen Erstregistrierungsverfahren ihre Namen und Satzungen entsprechend ändern. Sollten sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen und kein Verfahren zur Eintragung von Änderungen anhängig sein, werden sie gelöscht. Ein anschließendes Verfahren zur Liquidation und gerichtlichen Löschung aus dem Register ist ebenfalls in dem neuen Gesetz vorgesehen.
Diese Entscheidung hat ein breites Echo in der bulgarischen Öffentlichkeit gefunden. Toma Bikow von der pro-russischen und populistischen Partei "Citizens for European Development of Bulgaria-Union of Democratic Forces (Bürger für die europäische Entwicklung Bulgariens - Vereinigung der demokratischen Kräfte)" begründet den Schritt auch damit, dass es Anfang der 90er Jahre bereits ein Schisma gegeben habe, das mit politischen Auseinandersetzungen begann.
Wie viel Einfluss haben externe Kräfte?
Für Jordan Conew von der Oppositionspartei "Movement for Rights and Freedoms - New Beginning" stellt sich damit die Frage, inwieweit die Entscheidung des bulgarischen Gerichts unter dem Einfluss externer Kräfte gestanden habe, die die traditionsbewusste und kanonische BOK durch Konkurrenz schwächen wollten. Die Schaffung einer parallelen Kirche öffne die Türen für die Nutzung des "religiösen Faktors" zu politischen Zwecken.
Umgekehrt kritiseren Gegner der neuen Rechtlage eine engere Bindung zwischen Staat und dem Patriarchat. Sie sehen ein "russisches Modell" hinter der auch vom sozialistischen und als Russland-freundlich geltenden Staatspräsidenten Rumen Radew unterstützten Rechtsänderung.
Worum geht es?
Bei dem Streit um die Rechtsstellung der BOK geht es den Parteien hintergründig also auch um die politische Orientierung des Landes. Insbesondere Politiker, die eine stärkere Ausrichtung Bulgariens nach Westen anstreben, sehen die Stellung des Patriarchats offenbar kritisch.
Dahingehend sind auch Widerstände in den eigenen Reihen der BOK zu interpretieren. So hat Archimandrit Dionisij (Misew) in einem Interview mit der bulgarischen Zeitschrift "Studio Banker" vom 17. Januar den Patriarchen beschuldigt, seine spirituelle Mission zu vergessen. Stattdessen diene Daniil "den Interessen der politisch-oligarchischen Kreise in unserem Land, die direkt mit Moskau verbunden sind".
Dionisij lobt hingegen die Altkalendarier. "Die Kirche alten Stils, die extrem pro-russisch, aber auch extrem anti-putinistisch" sei, "und gegen die der Heilige Synod und der Patriarch persönlich ihre Stimme erhoben haben", hätten alle während des Kommunismus ermordeten Geistlichen heiliggesprochen. Der Patriarch hingegen wolle "zurück in die Zeiten von Iwan dem Schrecklichen".