Kirchliche Verbindungen zum orthodoxen Patriarchat von Moskau sind in Estland künftig untersagt. Ein entsprechendes Gesetz hat das estnische Parlament am Mittwoch verabschiedet. Hintergrund ist die Unterstützung des Patriarchats für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Die estnische Regierung will mit ihrem Gesetz nach eigenen Worten sicherstellen, dass Glaubensgemeinschaften in Estland nicht zu Hass oder Gewalt gegen ein anderes Land oder eine andere Religion aufwiegeln.
Zwei Oppositionsfraktionen, die rechtsgerichtete Konservative Volkspartei und die linksliberale Zentrumspartei, sehen in dem Gesetz jedoch eine Verletzung der Religionsfreiheit. Sie befürchten, dass die Estnische Christliche Orthodoxe Kirche gerichtlich verboten werden könnte, wenn sie nicht mit Moskau bricht. Für die Streichung des Moskauer Patriarchats aus ihren Statuten bleiben der Kirche zwei Monate ab Inkrafttreten der neuen Vorschriften.
Opposition besorgt um Religionsfreiheit
Durch die Änderungen am mehr als 20 Jahre alten Kirchengesetz wird religiösen Vereinigungen nun untersagt, offiziell mit einem geistlichen Führer im Ausland verbunden zu sein, der eine Bedrohung für die nationale Sicherheit Estlands darstellt. Der Moskauer Patriarch Kyrill I. wird in dem Gesetz nicht namentlich erwähnt. Das Parlament hatte aber bereits im Mai 2024 in einer Entschließung das Moskauer Patriarchat zu einer Institution erklärt, die "die militärische Aggression der Russischen Föderation unterstützt".
In Estland gibt es zwei orthodoxe Kirchen. Eine gehört zum Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel, die andere zu Moskau. Letztere, die Estnische Christliche Orthodoxe Kirche, hatte zwar vor Kurzem das Moskauer Patriarchat aus dem eigenen Namen entfernt, untersteht aber laut Statut weiter Kyrill I. Dieser muss etwa Beschlüsse des Tallinner Leitungsorgans genehmigen.
Kirche weist Vorwürfe zurück
Der estnischen Kirche gehören vor allem russischsprachige Einwohner an. Ihre Geistlichen betonten mehrfach, dass von ihr keinerlei Gefahr ausgehe. Ihr Wortführer, Bischof Daniel, erklärte jüngst, für die Kirchenmitglieder sei die Wahrung ihrer religiösen Identität entscheidend, und dazu gehöre die kanonische Verbindung zur russisch-orthodoxen Kirche. Einen Zusammenschluss mit der Estnischen Apostolisch-Orthodoxen Kirche des Patriarchats von Konstantinopel lehnte er ab.
Bei der Volkszählung 2021 bekannten sich 16 Prozent der Bürgerinnen und Bürger zum orthodoxen Christentum - nach Mitgliedschaft der beiden orthodoxen Kirchen wurde dabei nicht unterschieden.