Evangelische Nordkirche feiert zehnjähriges Bestehen

Zwischen Volkskirche und Bekenntniskirche

An Pfingsten vor zehn Jahren schlossen sich drei Landeskirchen über die ehemalige deutsch-deutsche Grenze hinweg zusammen. Während der Feierlichkeiten wird das "mutige Projekt", so EKD-Ratsvorsitzende Kurschus, nun bilanziert.

Hamburger Michel, evangelische Hauptkirche Sankt Michaelis / © Philipp Reiss (epd)
Hamburger Michel, evangelische Hauptkirche Sankt Michaelis / © Philipp Reiss ( epd )

Mit einem Festgottesdienst und einem anschließenden Festakt im Dom zu Ratzeburg hat die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) am Pfingstmontag den 10. Jahrestag ihrer Gründung begangen. Die 1,83 Millionen Gemeindeglieder in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern zählende Landeskirche war an Pfingsten 2012 ebenfalls in Ratzeburg durch Fusion der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche entstanden.

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt / © Jens Schulze  (EKD)
Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt / © Jens Schulze ( EKD )

Der Gründungsort Ratzeburg liegt geographisch an der Grenze zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern: Die Ratzeburger Domgemeinde gehörte, obgleich politisch in Schleswig-Holstein verortet, über Jahrhunderte zur Mecklenburger Landeskirche. Nach der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) war die Nordkirche die erste evangelische Landeskirche, die nach einer Fusion Ost- und Westdeutschland vereint.

Das Gute möge weiter blühen

Die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, sagte, Freude und Dankbarkeit für den bisher zurückgelegten Weg stünden im Mittelpunkt des Festakts. So, wie 2012 alle Gemeinden der Nordkirche einen Baum erhielten, wurden am Montag Pfingstrosen an alle Gemeinden der Nordkirche verschickt. "Möge viel Gutes weiter blühen und weiter wachsen und das nachhaltig", sagte Kühnbaum-Schmidt.

Evangelische Nordkirche

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) ist der Zusammenschluss der früheren Nord-Elbischen Kirche, der Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Kirche. Sie wurde am Pfingstsonntag 2012 gegründet und ist damit die bundesweit jüngste Landeskirche. Ihr Gebiet umfasst Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Teile Brandenburgs.

Lübecker Marienkirche  (shutterstock)

In ihrer Festpredigt sprach die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbunds, Anne Burghardt, über die biblische Apostelgeschichte. Dort ist beschrieben, wie Petrus, einer der Jünger Jesu, Heiden tauft, die daraufhin den Heiligen Geist empfangen. "Es sind keine Opfer mehr nötig, um sich Gottes Gnade zu verdienen, sie sind nicht mehr ausgeschlossen von der Liebe Gottes, weil ihnen als Heiden die Verheißungen nicht gehören", sagte Burghardt. "Sie gehören dazu und können mit Gott und untereinander ins Reine kommen! Wie schön, wie überaus schön!"

Fusion gelungen

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, nannte die Gründung der Nordkirche in einem schriftlichen Grußwort ein "mutiges Projekt", das sich seit zehn Jahren bewähre. "Mit dieser Fusion ist es gelungen, die missionarische und diakonische Präsenz der Evangelischen Kirche in Norddeutschland zu stärken", so Kurschus. "Sie zeigt, dass sich Strukturveränderungen und die Anpassung an den demographischen Wandel beherzt angehen, aktiv steuern und positiv gestalten lassen." Sie wünsche der Nordkirche, dass sie ihren eingeschlagenen Kurs fortsetze: "Hart am Wind, nah bei den Menschen, vorwärtsgetragen vom Geist Gottes und des Evangeliums."

Der Bischof der EKBO, Christian Stäblein, erklärte, die Nordkirche stünde vor ähnlichen Herausforderungen wie seine eigene Kirche: "Die Auseinandersetzung um Volkskirche und Bekenntniskirche, um das Verhältnis zum Staat, um das Selbstverständnis als Kirche, die nicht mehr die Mehrheitsgesellschaft repräsentiert." Für das katholische Erzbistum Hamburg beteiligte sich Weihbischof Horst Eberlein an der Feier des Gottesdienstes.

Vereinigung über die ehemalige Grenze hinweg

In Grußworten gratulierten Politiker aus allen drei zur Nordkirche zählenden Bundesländern. Schleswig-Holsteins Kulturministerin Karin Prien (CDU) unterstrich, die Gründung der Nordkirche vor zehn Jahren habe erstmals Kirchen über die ehemalige innerdeutsche Grenze hinweg vereint. "Das Christentum ist und bleibt ein wichtiger ethischer Kompass in Gesellschaft und Politik, nicht nur bei den großen Fragen wie der Bewältigung des Klimawandels oder im medizinischen Fortschritt."

Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) würdigte die produktive Zusammenarbeit zwischen Senat und Nordkirche. "Gemeinsam mit den anderen beteiligten Religionsgemeinschaften hat sie den Religionsunterricht für alle zu einem bundesweit bestaunten Markenzeichen des Hamburger Schulwesens gemacht." Mecklenburg-Vorpommerns Kulturstaatssekretärin Susanne Bowen hob das das Engagement der Kirche in der Flüchtlingsarbeit hervor. "Sie haben Türen geöffnet, Menschen an den Tisch geladen, ihnen Herberge gegeben - aus tiefer Überzeugung." Während des Festakts unterzeichneten Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt und der Bischof des schwedischen Diözese Växjö ferner einen Partnerschaftsvertrag. Er soll die gewachsene Zusammenarbeit beider Kirchen weiter stärken.

Quelle:
KNA