Die Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) will sparen. Zwar werden die Kirchensteuereinnahmen im kommenden Jahr voraussichtlich um 10 Millionen Euro auf 520 Millionen Euro steigen, sagte der Juristische Vizepräsident der EKvW, Arne Kupke, am Freitag während der digital tagenden Finanzsynode. Das helfe angesichts einer "dramatischen Inflation" aber wenig. Der Jurist kündigte die "als rigide zu bezeichnenden Maßnahmen" an, um zügig "Eingriffe in Strukturen, Personal und Finanzen" vorzunehmen.
Gründe seien ein strukturelles Defizit des landeskirchlichen Haushalts, der anhaltende Mitgliederrückgang und finanzielle Risiken durch die aktuellen Krisen. Die zweitägige Herbstsynode beschließt am Samstag den Haushalt für 2023, entscheidet über Klimaschutzmaßnahmen und wählt ein Kirchenleitungsmitglied neu.
"Nominal stabile Lage"
Als ökonomische Risikofaktoren nannte Kupke vor dem Kirchenparlament der knapp 2,1 Millionen westfälischen Protestanten unter anderem den Ukraine-Krieg, hohe Inflationsraten, steigende Energiekosten und eine zu erwartende Rezession in Europa und Deutschland. Zwar sei die Entwicklung der Kirchensteuer aktuell noch positiv und es sei von einer "nominal stabilen Lage" auszugehen, erläuterte der Finanzchef der viertgrößten deutschen Landeskirche.
Das helfe jedoch angesichts einer dramatischen Inflation wenig: "Wie soll ein Haushalt bei einer Personal- und Sachkostensteigerung von acht oder gar zehn Prozent ausgeglichen werden?"
"Innovation und Transformation"
Als Voraussetzung einer soliden Finanzpolitik müssten Grundstruktur und Arbeitsformen der Kirche verändert werden, sodass sie ihren Auftrag mit deutlich weniger Mitteln wahrnehmen könne, betonte Kupke. Um dies voranzubringen, sollen Innovation und die Veränderung kirchlicher Strukturen gezielt gefördert werden. Nach einer Synodenvorlage könnten dafür jährlich 0,25 Prozent des Kirchensteueraufkommens verwendet werden. "Innovation und Transformation ergeben sich nicht von allein, wir müssen sie wollen und auch finanziell unterstützen", sagte Kupke.
In den ersten zehn Monaten dieses Jahres lagen die westfälischen Kirchensteuereinnahmen rund 7,8 Prozent über dem gleichen Vorjahreszeitraum. Für kommendes Jahr legt Kupke ein Netto-Kirchensteueraufkommen von 520 Millionen Euro zugrunde, zehn Millionen Euro mehr als für 2022. Die knapp 5,4 Millionen Euro Kirchensteuereinnahmen aus der staatlichen Energiepreispauschale von 300 Euro sollen gezielt für Menschen eingesetzt werden, die besonders unter den Belastungen steigender Energie- und Lebenshaltungskosten leiden.
Augen für die Wirklichkeit
In der Eröffnungsandacht zur Finanzsynode hob die leitende Theologin, Präses Annette Kurschus, die Kraft des christlichen Glaubens hervor: Er öffne die Augen für die Wirklichkeit und könne hellhörig und hellsichtig für ein "zu spät" machen. "Eine törichte Menschheit" trage die Fackel eines unbegrenzten Wachstums vor sich her, habe aber nicht genug Öl, warnte Kurschus in Anlehnung an das biblische Gleichnis von den zehn Jungfrauen.
Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine fragte die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): "Was haben wir verschlafen, dass es so weit kommen konnte?" Auch in der Kirche sei der Prozess des Kleiner- und Ärmerwerdens nicht mehr aufzuhalten, räumte sie ein. "Einiges - so viel Redlichkeit und soviel Selbstkritik muss sein - haben wir tatsächlich verschlafen." Wenn es zu spät sei, bleibe jedoch die Barmherzigkeit: Sie öffne Türen, wo alles verschlossen erscheine.
Vier Prozent für Klimaschutzmaßnahmen
Trotz des Spardrucks investiere die EKvW in zukunftsweisende Projekte, so Kupke. Der Innovationsfonds im Haushalt der Landeskirche finanziere künftig zum Großteil Projekte der Organisationsentwicklung und Transformation kirchlicher Strukturen.
Zum Abschluss der Synodentagung am Samstag geht es neben Finanzfragen darum, wie die westfälische Kirche bis 2035 weitgehend klimaneutral werden kann. Die 27 Kirchenkreise mit ihren 454 Gemeinden sollen künftig mindestens vier Prozent der Kirchensteuerzuweisungen für Klimaschutzmaßnahmen verwenden. Auf der Tagesordnung der Synode als oberstes Entscheidungsorgan der Landeskirche steht zudem die Wahl eines neuen nebenamtlichen Mitglieds der Kirchenleitung.