Ex-Ministerinnen kritisieren Kirchen-Missbrauchsaufarbeitung

"Keine Erfolgsgeschichte"

Die früheren Bundesministerinnen Annette Schavan und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger haben die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und Missbrauch in der katholischen Kirche kritisiert. Auch die Politik erntete Kritik.

Leere Stühle in einer Kirche / © MASSIMILIANO PAPADIA (shutterstock)
Leere Stühle in einer Kirche / © MASSIMILIANO PAPADIA ( shutterstock )

Zwar habe sich seit 2010 viel getan, sagte Leutheusser-Schnarrenberger der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" (Donnerstag). Die Aufarbeitung sei aber keine Erfolgsgeschichte.

Keine gemeinsamen Kriterien

"Wahrscheinlich hätte es stärkeren Nachdrucks vonseiten der Politik insgesamt bedurft. Sie hätte noch mehr Gewicht auf dieses Thema legen sollen. Wenn solche Vorwürfe da sind wie bei der Kirche, muss man so schonungslos wie möglich damit umgehen."

Annette Schavan / © Julia Steinbrecht (KNA)
Annette Schavan / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Schavan sagte, es fehle an einer gemeinsamen Aufarbeitung aller Bistümer nach gleichen Kriterien: "Stattdessen wird Scheibchen für Scheibchen aufgearbeitet. Geredet wird über das, was jeweils veröffentlicht wird."

Kein runder Tisch für Aufarbeitung in der Kirche

Die beiden Politikerinnen gehörten ab 2010 zu den Leiterinnen eines Runden Tisches zu sexualisierter Gewalt in Kirchen, Sportvereinen, Schulen und anderen Institutionen. Die schwarz-gelbe Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) entschied sich damals gegen den Vorschlag von Leutheusser-Schnarrenberger, einen Runden Tisch speziell für die katholische Kirche einzurichten, um verjährte Verbrechen aufzuarbeiten.

 Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Archiv) / ©  David Young (dpa)
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Archiv) / © David Young ( dpa )

Schavan, die nach ihrer Zeit als Ministerin Botschafterin im Vatikan war, sagte jetzt mit Blick auf die deutschen Bischöfe: "Sie wollten damals die Aufarbeitung selbst in die Hand nehmen, haben sich jede Einmischung verbeten und sich um ihre Autorität gebracht."

Dass sich der damalige Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, in Wirklichkeit selbst allen Regeln widersetzt habe, wisse sie erst heute. Ihr Vertrauen sei "schwer lädiert".

Chronik der Missbrauchs-Aufarbeitung bundesweit und in Freiburg

Januar 2010: Der Jesuit Klaus Mertes macht öffentlich, dass es an seiner Schule in Berlin sexualisierte Gewalt und Missbrauch gab - und die Fälle lange verschleiert wurden. Der Skandal löst eine Welle von Enthüllungen in der Kirche und in anderen Institutionen aus.

Februar 2010: Die katholischen Bischöfe bitten bei ihrer Vollversammlung in Freiburg um Entschuldigung. Ein Sonderbeauftragter (Bischof Stephan Ackermann aus Trier) wird benannt, eine Hotline für Betroffene eingerichtet.

Blick auf ein Wandkreuz während der Vorstellung des Missbrauchsgutachtens im Erzbistum München und Freising / © Sven Hoppe (dpa)
Blick auf ein Wandkreuz während der Vorstellung des Missbrauchsgutachtens im Erzbistum München und Freising / © Sven Hoppe ( dpa )
Quelle:
KNA