Faulhaber-Tagebücher aus den Jahren 1924 bis 1926 gehen online

Kirchengeläut zu Ehren von Politikern untersagt

Seit 2014 machen Wissenschaftler die Tagebücher des Münchner Kardinals Michael von Faulhaber nach und nach online zugänglich. In den neu veröffentlichten Jahrgängen geht es um völkische Kräfte, Geläut und eine Uni-Feier.

Tastatur an einem Laptop / © Charlie's (shutterstock)

In der wissenschaftlichen Ausgabe der Tagebücher des Münchner Kardinals Michael von Faulhaber (1869-1952) liegen nun die Jahrgänge 1924, 1925 und 1926 vor. Das teilten die Herausgeber am Mittwoch mit. Demnach beschäftigten den Kardinal im Frühjahr 1924 vor allem die Auswirkungen des gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsches Ende 1923.

Kardinal Michael von Faulhaber (KNA)

So habe er seinen Urlaub abgebrochen, um auf persönliche Angriffe Ludendorffs vor Gericht zu reagieren. Den 1. April als Tag der Urteilsverkündung habe er in Spannung erlebt, da Nationalsozialisten und Völkische vor dem Erzbischöflichen Palais Demonstrationen angemeldet hatten. Sie hätten ihn mitverantwortlich für das Scheitern des Putsches gemacht, heißt es. Am 6. April habe sich der Erzbischof nicht überrascht von den Ergebnissen der bayerischen Landtagswahlen gezeigt, bei der die völkischen Kräfte landesweit 17 Prozent und in München sogar 34 Prozent erreicht hatten.

Kein Läuten für Politiker

Im November habe Faulhaber neue Putschgerüchte zum ersten Jahrestag des gescheiterten Staatsstreichs in München als "Gespensterfurcht" bezeichnet, so die Herausgeber. Dass völkische Kräfte im Dezember 1924 bei der Reichstagswahl deutlich abfielen, habe er mit Erleichterung aufgenommen.

1925 habe der Münchner Kardinal gleich zweimal Kirchengeläut zu Ehren von Politikern untersagt, heißt es weiter. Das erste Mal anlässlich der Beisetzung des Reichspräsidenten und Sozialdemokraten Friedrich Ebert am 5. März; das zweite Mal bei der Vereidigung des Nachfolgers von Friedrich Ebert im Reichspräsidentenamt, Paul von Hindenburg, am 12. Mai. "Weil wir unsere Häuser und unsere Glocken nicht in alle politischen Dinge hereinzerren lassen", begründete er sein Vorgehen laut der Aufzeichnungen.

Fürstenvermögen und Uni-Feier

Zu Beginn des Jahres 1926 sei Faulhaber der Ansicht gewesen, dass die Republik mit Hindenburg nun gefestigt sei. Nachdem das von der KPD initiierte und von der SPD unterstütze Volksbegehren zur Enteignung der Fürstenvermögen sowie der daran anschließende Volksentscheid vom 20. Juni das Volk gespalten hatten, habe er eine Stellungnahme der Bischöfe dazu vermeiden wollen. Diese hatte es Anfang Juni dennoch gegeben. 

Auch die Hundert-Jahr-Feier der Münchner Universität fiel in das Jahr 1926. Diese Feier am 27. November missfiel dem Kardinal, weshalb er weder am Empfang der Universität noch am Bankett oder Festkommers teilnahm, wie aus den Aufzeichnungen hervorgeht. Die Rede des protestantischen Rektors bezeichnet er demnach als "Putzfrauenrede", die Feier als "deutschnationale Propagandafeier".

Tagebuch Kardinal von Faulhaber online / © Harald Oppitz (KNA)

Die kritische Edition der Faulhaber-Tagebücher ist ein 2014 begonnenes interdisziplinäres Langzeit-Projekt von Historikern, Theologen und Informatikern des Münchner Instituts für Zeitgeschichte
und des Seminars für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Universität Münster. Gefördert wird es von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Mittlerweile sind die Jahrgänge 1911 bis 1926
und 1930 bis 1949(Link ist extern) vollständig abrufbar.