Verständigung zwischen Christen und Juden, Kampf gegen Antisemitismus, Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille: Seit 75 Jahren besteht der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.
Mit einem Festprogramm begeht er von diesem Mittwoch an seinen 75. Geburtstag. Dazu gehört die Rabbiner-Brandt-Vorlesung mit dem Publizisten Michel Friedman. Die Organisation mit Sitz im hessischen Bad Nauheim wurde 1949 gegründet. Unter ihrem Dach gibt es heute bundesweit mehr als 80 Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.
"Wir waren nach 1945 die ersten, die ein Forum für solche Gespräche geboten haben", sagte der evangelische Präsident der Organisation, Friedhelm Pieper, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der prominente, 2022 gestorbene Rabbiner Henry G. Brandt habe einst von einer "Zeit der Sprachlosigkeit" gesprochen.
"Der Faschismus war militärisch besiegt, aber das Gift der Judenfeindlichkeit war noch tief verankert", so Pieper. Es sei ein Vorteil, dass der Koordinierungsrat kein Teil der Kirchen und jüdischer Organisationen sei. "In dem Kontext war es möglich, die ersten Schritte zu gehen."
Immer mehr jüdische Partner
In der Arbeit der Organisation seien die örtlichen Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit von großer Bedeutung. So hätten zum Beispiel jüdische Gemeinden vor Ort selbst Solidarität erfahren. Außerdem habe man dazu beigetragen, dass sich die Wahrnehmung des Judentums entscheidend verändert habe. Pieper zeigte sich außerdem erfreut darüber, dass der Koordinierungsrat immer mehr jüdische Partner gewinne.
Heute stehe der Koordinierungsrat vor neuen Herausforderungen: Es gebe große Erfolge im Gespräch zwischen Christen und Juden und zugleich einen Anstieg des Antisemitismus in Deutschland seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023.
Daher müssten Anstrengungen im Vorgehen gegen Antisemitismus intensiviert werden, betonte Pieper. "Wir leisten einen Beitrag dazu, dass die Debatte um den Nahostkonflikt so sachgemäß und differenziert wie möglich geführt wird."
"Urknall des christlich-jüdischen Dialogs"
Der Generalsekretär des Koordinierungsrates, Jan-Ulrich Spies, betonte: "Ein Schlüssel sind die über 80 Mitgliedsgesellschaften, die für den Zusammenhalt vor Ort eine wichtige Rolle spielen. Wir müssen immer wieder laut sein, uns immer wieder zu Wort melden." Man sei eine Stimme im Dialog, erhebe aber auch die Stimme gegen Antisemitismus. Ohnehin sei der religiöse Dialog als Methode das, was dem Koordinierungsrat mit seinen Gesellschaften im Vorgehen gegen Antisemitismus ein Alleinstellungsmerkmal verleihe.
Mit Blick auf anstehende Projekte blickte Spies auf den 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs im nächsten Jahr. Der 8. Mai 1945 sei der "Urknall des christlich-jüdischen Dialogs" gewesen. Auch nehme man in den Blick, dass sich 2025 die Vatikan-Erklärung "Nostra aetate" über das Verhältnis der Kirche zum Judentum zum 60. Mal jährt.
Jedes Jahr verleiht der Deutsche Koordinierungsrat auch die renommierte Buber-Rosenzweig-Medaille - nächstes Mal am 9. März 2025 in Hamburg. Sie geht dann an das Ehepaar Meron Mendel, Historiker, und Saba-Nur Cheema, Politologin. Die Medaille würdigt Verdienste um eine Verständigung zwischen Christen und Juden. Kritik am Preisträger Mendel hatte es vom Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, gegeben.