Fragen und Antworten vor dem Bund-Länder-Sondertreffen

Flüchtlingsgipfel und EU-Migrationspaket

An diesem Mittwoch kommt Bundeskanzler Olaf Scholz mit den Länderchefs zusammen, um über die Aufgaben- und Lastenteilung bei der Versorgung von Flüchtlingen zu beraten. Die Bundesregierung ist gefordert, aber auch die EU ist gefragt.

Autor/in:
Marlene Brey
Geflüchtete aus Äthiopien sitzen am Flughafen / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Geflüchtete aus Äthiopien sitzen am Flughafen / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Länder und Kommunen fordern eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen und eine faire Verteilung von Schutzbedürftigen. Was ist auf europäischer Ebene geplant?

Innerhalb Deutschlands richtet sich die Aufnahmequote für ein Bundesland nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. Auf europäischer Ebene fehlt ein solches Instrument. Um den Umgang mit Flucht und Migration auf EU-Ebene einheitlich zu lösen, soll bis zum nächsten Jahr eine Einigung über das sogenannte Gemeinsame Europäische Asylsystem erzielt werden. Geplant sind eine stärkere Grenzsicherung, eine zuverlässigere Registrierung und eine gerechtere Verteilung der Schutzsuchenden. Insbesondere für Letzteres wirbt Deutschland, das im vergangenen Jahr EU-weit die meisten Asylanträge verzeichnete.

Wie hat sich die Zahl der Flüchtlinge in der EU und in Deutschland entwickelt?

2022 hat die EU-Asylagentur knapp eine Million Asylanträge dokumentiert. Das ist eine Steigerung von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und der höchste Stand seit 2016. Ukrainische Geflüchtete wurden dabei nicht mitgezählt. Deutschland verzeichnete 218.000 Erstanträge und damit einen Zuwachs von 47 Prozent gegenüber 2021.

Hauptherkunftsländer waren Syrien und Afghanistan. Hinzu kamen mehr als eine Million Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland flohen. Insgesamt kamen damit 2022 mehr Schutzsuchende nach Deutschland als im Krisenjahr 2015.

Wie könnte das Gemeinsame Europäische Asylsystem dafür sorgen, dass die Zahl der Schutzsuchenden in Deutschland sinkt?

Ein Ansatz ist die Screening-Verordnung. Sie soll die zuverlässigere Registrierung von Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen gewährleisten. Bisher regelt das Dublin-Verfahren, dass der Staat für einen Flüchtling und dessen Asylverfahren zuständig ist, in dem die Person angekommen ist. Trotzdem reisen viele Flüchtlinge ohne Erlaubnis weiter. So stellen sie ihren Asylantrag etwa in Deutschland, obwohl sie diesen laut geltendem EU-Gesetz in Italien stellen müssten. Die Screening-Verordnung soll dafür sorgen, dass die Registrierung direkt in Zentren an der Außengrenze erfolgt. Das soll die sogenannte Sekundärmigration verhindern. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) setzt sich außerdem dafür ein, dass dort auch Asylverfahren stattfinden. Kritiker sagen, das belaste die Mittelmeerstaaten weiter und führe zu Massenlagern.

Wie könnte das Gemeinsame Europäische Asylsystem dafür sorgen, dass Schutzsuchende gerechter auf die EU-Staaten verteilt werden?

Die Verteilung von Schutzsuchenden innerhalb der EU ist auf der einen Seite das Herzstück des Gesetzespakets, das die EU-Kommission bereits 2020 vorgeschlagen hat. Auf der anderen Seite ist genau hier noch nicht abzusehen, worauf sich die EU-Staaten werden einigen können. Absehbar ist, dass es keine Mehrheit für verbindliche Quoten geben wird. Im Raum steht ein Solidaritätsmechanismus.

Wann soll das Gemeinsame Europäische Asylsystem kommen?

Angesichts des hohen Migrationsdrucks in vielen EU-Staaten sieht Innenministerin Faeser ein "historisches Momentum" und setzt sich für eine Einigung noch vor den europäischen Wahlen im Frühjahr 2024 ein.

Auch das EU-Parlament und die rotierenden Ratspräsidentschaften haben 2022 erklärt, das Paket vor Ende der Legislaturperiode verabschieden zu wollen.

Quelle:
epd
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