Frankfurts jüdische Geschichte soll virtuell erlebbar werden

Virtuell durch die Judengasse

Die historische Frankfurter Judengasse bildete einst ein Zentrum des Judentums. Jetzt will die Stadt die Straße virtuell wieder erlebbar machen. Der Oberbürgermeister verspricht ein bundesweit einmaliges Projekt, das ab 2026 startet.

Schwarze Gedenktafel für die von den Nazis 1938 zerstörte "Hauptsynagoge Börnestrasse" in der historischen Judengasse in Frankfurt am Main / © Norbert Demuth (KNA)
Schwarze Gedenktafel für die von den Nazis 1938 zerstörte "Hauptsynagoge Börnestrasse" in der historischen Judengasse in Frankfurt am Main / © Norbert Demuth ( KNA )

Die Geschichte der Bevölkerung in der historischen Frankfurter Judengasse soll ab Ende 2026 virtuell erlebbar werden. Damit werde dieses Thema bundesweit Aufmerksamkeit erfahren, so Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) am Mittwoch vor Journalisten in Frankfurt am Main. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) machte im Museum Judengasse der Stadt eine Finanzzusage in Höhe von 1,3 Millionen Euro für das Virtualisierungsprojekt "Immersive Jewish Frankfurt".

Dabei sollen mittels virtueller Realität unter anderem historische Personen mit heutigen Besuchern der einstigen Judengasse sprechen. Dafür soll die historische Umgebung für die Öffentlichkeit wieder sichtbar gemacht werden.

Projektidee "Paradigmenwechsel"

Die wenige Meter breite Judengasse war mehr als 300 Meter lang und verlief von der heutigen Innenstadt in Richtung Main. Juden wurden zum Ende des Mittelalters gezwungen, in dem abgetrennten Bezirk an der Stadtmauer zu wohnen. Heute ist im Stadtbild nur noch wenig von diesem Gebiet, in dem Juden von 1462 bis 1796 lebten, zu erkennen. Die Jüdische Gemeinde von Frankfurt zählt nach eigenen Angaben aktuell 6.400 Mitglieder.

Ausgangspunkt der Projektidee sei ein "Paradigmenwechsel in der Kommunikation", beschrieb Museumsdirektorin Mirjam Wenzel den Ansatz. Gerade Jugendliche versammelten sich zunehmend in digitalen Räumen. "Wir wollen einen Zugang zur Vergangenheit eröffnen und im Stadtraum das Bewusstsein für jüdische Geschichte stärken", erklärte sie. Dabei setze das Museum unter anderem auf Künstliche Intelligenz und Gaming-Anwendungen.

"Antisemitismus ist überall"

In einem Kellergewölbe am nördlichen Ende der einstigen Judengasse verschaffte sich Ministerpräsident Rhein einen ersten Eindruck von "Immersive Jewish Frankfurt". Er unterstrich dabei die Rolle des Judentums in Deutschland und mahnte zum Schutz von Menschen jüdischen Glaubens. "Antisemitismus ist überall", sagte er. Entsprechende Vorurteile seien auch in der Mitte der Gesellschaft vorzufinden. Als "entsetzlich" bezeichnete er anti-israelische Proteste in Deutschland nach dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023.

Rhein bezeichnete die Judengasse als erstes jüdisches Ghetto in Europa und Symbol für eine jahrhundertelange Ausgrenzung. Dennoch sei die Stadt ein bedeutendes Zentrum für jüdisches Leben und Lernen in Europa gewesen, welches nun sichtbar gemacht werden solle. "Das Judentum in Deutschland hat eine große Zukunft und ist fester Bestandteil unserer Gesellschaft", unterstrich der Ministerpräsident.

Die Jüdische Gemeinde Frankfurt

Die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main gehört mit mehr als 6.000 Mitgliedern zu den größten jüdischen Gemeinden in Deutschland. Sie ist bekannt wegen des "Frankfurter Modells", in dem verschiedene Strömungen des Judentums, also etwa liberal und orthodox, unter einem Dach versammelt sind. 2023 beging die Gemeinde den 75. Jahrestag ihrer Wiederbegründung nach der Schoah.

Kippot/Symbolbild Judentum / © Karolis Kavolelis (shutterstock)
Kippot/Symbolbild Judentum / © Karolis Kavolelis ( shutterstock )
Quelle:
KNA