Das stellen Dagmar Kuhle und Gerold Eppler von der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal fest. Überlegungen für einen zeitgemäßen Friedhof haben sie im jetzt veröffentlichten Jahrbuch für Sepulkralkultur formuliert. Alle Menschen bräuchten einen Ort zum Trauern - das sei der Friedhof, dem für die Gesellschaft "zentralen Ort für die Bewältigung schwerer Verlusterfahrungen".
Nach Ansicht von Kuhle und Eppler wird die Friedhofslandschaft in Deutschland vielfältiger, weil zugewanderte Menschen ihre eigene Trauer- und Bestattungskultur mitbringen. Zwar fänden sie wegen der vielen Vorschriften nicht immer die Möglichkeit, ihre Trauer zu leben. Doch gebe es an verschiedenen Orten ein Entgegenkommen: So habe die Stadt Hamm schon 2015 das erste hinduistische Grabfeld in Deutschland eröffnet. Bei Muslimen, die der größten Zuwanderungsgruppe angehören und die eigene religiöse Bestattungsrituale haben, zeichneten sich zunehmend Lösungsansätze bei kommunalen Friedhöfen ab, so die Autoren.
Kuhle und Eppler sehen in einem gelungenen Miteinander verschiedener Kulturen und Religionen eine Möglichkeit, dem Friedhof wieder zu dem gesellschaftlichen Stellenwert zu verhelfen, den er früher gehabt habe. Voraussetzung dafür seien ein Überwinden von Vorurteilen und ein neues Dienstleistungsverständnis.
Begrenzte Liegezeiten als Problem
Auch der stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal, Matthäus Vogel, sieht Entwicklungsbedarf bei den Friedhöfen. In der Öffentlichkeit müsse ein Bewusstsein für diesen Trauer- und Kulturraum geschaffen werden, damit die Menschen dort bestattet werden möchten, erklärte er bei einer Online-Veranstaltung des Kuratoriums Deutsche Friedhofskultur in Unna.
Zudem plädierte Vogel dafür, die Liegezeit im Grab nicht zu begrenzen. Dies vermittle die Botschaft "Das ist Dein Platz, den musst Du nicht wieder ablösen" und trage dazu bei, sich mit dem Friedhof und der Grabstelle zu identifizieren.
Kirchen - gefragt oder abgemeldet?
Friedhöfe würden heute zunehmend als Orte der Erholung, Freizeit und von Events wahrgenommen, erklärte Vogel, der das Friedhofs- und Bestattungsamt Karlsruhe leitet. Zugleich bleiben sie aus seiner Beobachtung vor allem ein Ort des Todes, der Trauer und der Trauerarbeit. Kirche und Kommunen als Friedhofsträger müssen laut Vogel die Trauernden deshalb ernst nehmen: "Trauernde haben keine Lobby."
Dabei seien Trauer und Verlust "ein Riesenthema - das ernsteste Thema im Leben überhaupt". Vogel beobachtet eine große Dankbarkeit bei Hinterbliebenen, wenn ihnen an dieser gravierenden Schnittstelle geholfen werde. Wichtig seien in diesem Zusammenhang die Kirchen - "mit den Kirchen im Boot ist man ganz anders aufgestellt".
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft kommunale Friedhofsverwaltungen (AKF) im Deutschen Städtetag, Carsten Helberg, beobachtet derweil immer weniger Pastorinnen und Pastoren auf Friedhöfen. "Die Kreuze bleiben in der Kapelle stehen, die Leute wollen etwas anderes", sagte der Geschäftsführer der Friedhöfe Hamburg. Als gläubiger Christ sei er erschrocken über diese Entwicklung.