DOMRADIO.DE: Sitzen Sie auch schon mal auf einer dieser teilweise sehr hübschen privaten Bänke, wenn Sie so über den Kölner Melaten-Friedhof streifen?
Prof. Barbara Schock-Werner (Ehemalige Kölner Dombaumeisterin und Autorin des Buchs "Mein Melaten"): Ja, eigentlich nicht bewusst, ob es eine private oder eine der städtischen Bänke ist. Aber als ich mein Buch erarbeitet habe, bin ich manchmal auch auf einer Bank gesessen.
Und auch jetzt, wenn ich mein Grab besuche, in dem schon mein Mann bestattet ist, gibt es zwar keine Bank, weil da kein Platz ist, aber ich setzte mich dann in der Nähe auf eine offizielle.
DOMRADIO.DE: Wie ist denn Ihre Meinung zum "Bank-Streit"?
Schock-Werner: Man sollte das Problem pragmatisch angehen. Alle Menschen, die eine Bank aufgestellt haben und die Bank behalten möchten und sich auch dann bereit erklären, unter der Bank mal selber das Unkraut und das Gras zu schneiden, sollen sich beim Grünflächenamt melden dürfen und sagen: Wir wollen unsere Bank behalten.
Denn meiner Beobachtung nach gibt es auch Bänke, die offenbar längst vergessen sind, die nicht mehr in Ordnung sind. Die Stadt hat ja mit Recht Angst, dass wenn von einer maroden Bank eine Gefahr ausgeht, dass sie haftbar gemacht wird.
Und ich glaube, wenn die Eigentümer der Bänke sich bereiterklären und sagen, wir sitzen noch auf unserer Bank, dann gibt es sicher eine Kompromisslösung.
Es sei denn, die Bänke stehen wirklich im Weg. Ich habe aber noch keine gesehen, die wirklich dort den Verkehr behindert hat. Da sind die Leute schon selber vorsichtig.
Und auf jeden Fall würde ich mich freuen, wenn mehr städtische Bänke auf Melaten auftauchen. Denn es ist zwar ein großer Friedhof, aber es ist auch ein wunderbarer Park, in dem man spazieren gehen kann. Und da sind Bänke natürlich hilfreich und schön, wenn man sich darauf niederlassen kann.
DOMRADIO.DE: Die Eigentümer empfinden das als sehr unsensibel, dass und wie die Stadt sie zur Beseitigung der Bank aufgefordert hat. Können Sie das nachempfinden?
Schock-Werner: Ja, deswegen plädiere ich für eine sensiblere Vorgehensweise. Bei den Leuten, die an ihrer Bank hängen und da regelmäßig sitzen, sollte die Stadt prüfen, ob man die nicht stehen lassen kann und nur die entfernen, wenn sie offensichtlich nicht mehr benutzt, vergessen oder marode sind. Das wäre doch ein sinnvoller Kompromiss aus dieser Geschichte.
DOMRADIO.DE: Hat sich die Friedhofskultur dadurch jetzt auch etwas verändert?
Schock-Werner: Ja, das ist auf Melaten, aber auch auf anderen Friedhöfen sehr gut abzulesen, dass sich die Friedhofskultur verändert, mal abgesehen von Bänken. Es fing damit an, ich glaube, das war eine Bewegung aus Italien, dass man auf dem Grabstein ein Foto des Verstorbenen anbrachte. Das war bei uns ja früher nicht üblich.
Heute gibt es auch genug deutsche Gräber von Verstorbenen mit deutsch klingendem Namen, wo ein Foto drauf ist. Ich habe sogar einen Grabstein gesehen, da ist das Ehepaar abgebildet. Aber ganz offensichtlich ist bis jetzt nur der Mann gestorben. Das muss man auch mögen.
Und dann gibt es auch Grabsteine mit Lasertechnik. Ich denke an einen Stein, in den offensichtlich ein Wohnhaus eingelasert ist. Man lässt also nicht nur sich darstellen, sondern auch seinen Besitz. Oft sind es auch die Autos, die auf den Grabsteinen gelasert wird.
Oder es gibt das Grab eines alten Mannes auf Melaten, das sehr liebevoll mit goldenen Herzen geschmückt ist und wo er auf Fotos in allen Lebensaltern dargestellt ist. Da steht auch eine Bank daneben, und es gibt Luftballons. Also offenbar eine Familie, die noch begeistert zu diesem Grab kommt.
DOMRADIO.DE: Sind diese Bänke selber auch Zeichen einer sich verändernden Friedhofskultur?
Schock-Werner: Städtische Friedhöfe sind sicher anders. Auf dem Land sind die Friedhöfe kleiner, aber Melaten ist einfach groß und wenn man dann hingeht zum Grab, hat man schon einen Weg hinter sich.
Wenn man sich dann hinsetzt und sich geistig noch mal mit dem Verstorbenen oder den Verstorbenen auseinandersetzt, dann finde ich es ganz schön.
Es gibt übrigens auch eine Bank für den isländischen Dichter Jon Svensson, der die Nonni-Bücher geschrieben hat. Daneben steht eine Bank, mit der man aufgefordert wird, sich hinzusetzen und die Bücher zu lesen.
DOMRADIO.DE: Und die muss möglicherweise auch weg?
Schock-Werner: Nein, das ist schon eine städtische Bank, das ist so eine grüne! Die bleibt.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.