DOMRADIO.DE: Im Kölner Dom im Dreikönigsschrein liegen der Überlieferung zufolge die Reliquien, also die sterblichen Überreste der Weisen aus dem Morgenland. Vorher lagen sie im Mailänder Dom. Warum kamen sie nach Köln?
Guido Assmann (Kölner Dompropst): Dieser Teil der Geschichte ist nicht besonders schön. Es gab kriegerische Auseinandersetzungen und dann wurden die Reliquien von Mailand nach Köln gebracht, sozusagen als Kriegsbeute. Das muss man schon zugeben.
Mittlerweile sind Italiener und Deutsche aber miteinander versöhnt. Der Staatspräsident aus Italien war vor kurzem hier im Kölner Dom. Er wollte unbedingt den Kölner Dom sehen. Ich bin mit ihm und dem Bundespräsidenten zum Schrein der Heiligen Drei Könige gezogen und habe gesagt, darüber brauchen wir nicht zu streiten. Und er hat dem gerne zugestimmt.
DOMRADIO.DE: Köln etablierte sich im Mittelalter zum Wallfahrtsort mit großem Einzugsgebiet. Es kamen so viele Menschen, dass ein neuer Dom gebaut werden musste. Sind Caspar, Melchior und Balthasar also quasi für das wichtigste Kölner Bauwerk verantwortlich?
Assmann: Bestimmt haben sie eine ganz große Bedeutung dafür. Es kamen so viel Pilger aus ganz Europa, würde man heute sagen, um hier zu beten. An den Reliquien, an dem Schrein der Menschen, die der Überlieferung nach Jesus als erste nach den Hirten verehrt haben. Und so kam die Idee, ein neues, ein großes Gebäude zu bauen, sozusagen ein Schrein um den Schrein herum. So hat man den Kölner Dom erdacht, das größte Gebäude, das man je sich erdacht hatte. Unvorstellbar in der Größe und in der Bedeutung.
DOMRADIO.DE: Historiker äußern immer wieder Zweifel an der Echtheit der Reliquien. Wie gehen Sie damit um?
Assmann: Das kann ich ganz gut hören, denn niemand von uns behauptet, dass das auf jeden Fall die Reliquien dieser Magier seien. Ich denke, das ist auch zweitrangig.
Das Wichtigste ist, dass sie davon erzählen, dass Gott Mensch geworden ist und die Menschen das erkannt haben, sich auf den Weg gemacht haben, sozusagen als Pilger der Hoffnung.
Wir stehen im Heiligen Jahr, das Papst Franziskus ausgerufen hat und ich würde mal sagen, die Magier aus dem Morgenland sind die ersten Pilger der Hoffnung. Sie haben sich auf den Weg gemacht. Gott ist Mensch geworden, das ist das Wichtigste. Ob die Knochen wirklich die sind von diesen Menschen, ist dann zweitrangig.
DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung haben die Heiligen Drei Könige denn heute noch für den Dom?
Assmann: Bis zum heutigen Tag kommen Menschen aus der ganzen Welt. Gestern hatte ich noch Besucher aus Argentinien, also auch aus Ländern aus Übersee, die hierher kommen und in den Kölner Dom zum Schrein der Könige gehen möchten, um hier zu beten. Ich glaube, es ist schon ein großer Anziehungsort. Sicherlich anders als im Mittelalter.
DOMRADIO.DE: Wie wird der Dreikönigstag heute konkret gefeiert?
Assmann: Für uns am Kölner Dom ist wirklich ein Feiertag. Wir feiern die Gottesdienste in der Anzahl und in der Festlichkeit wie sonntags, wie an den großen Festtagen. Wir haben zwei große Messfeiern um 10:00 Uhr und um 18:30 Uhr.
Das Interview führte Tobias Fricke.