Gemelli-Chefarzt informiert über Behandlung des Papstes in Klinik

"Wie durch ein Wunder genesen"

Der Chef des Ärzteteams, das den Papst in der Gemelli-Klinik behandelte, hat Details vom Klinikaufenthalt des 88-Jährigen enthüllt. Nach seiner Aussage hat sich Franziskus in der Zeit durchaus in akuter Lebensgefahr befunden.

Eine Frau hält ein Bild von Papst Franziskus in ihren Händen / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Eine Frau hält ein Bild von Papst Franziskus in ihren Händen / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( (Link ist extern)KNA )

Der schlimmste Moment sei gewesen, als der Papst am 28. Februar keine Luft mehr bekam, äußerte sich Professor Sergio Alfieri in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der Zeitung "Corriere della Sera".

"Zum ersten Mal sah ich Tränen in den Augen der Menschen, die ihn behandelten. (...) Wir waren uns bewusst, dass seine Lage sich weiter verschlechtert hatte und dass die Gefahr bestand, dass er es nicht schaffen würde."

An diesem Punkt "mussten wir entscheiden, ob wir aufhören, oder ob wir weiterkämpfen und versuchen, alle Medikamente und alle zur Verfügung stehenden Therapien einzusetzen, auf die Gefahr hin, weitere Organe zu schädigen. Und am Ende haben wir uns genau dafür entschieden."

Der Pfleger gab die Zustimmung

Da der Papst alle Entscheidungen über den Behandlungsverlauf seinem Pfleger Massimiliano Strappetti übertragen habe, sei er es gewesen, der gesagt habe: "Versucht alles, wir geben nicht auf." Das gesamte Team habe so gedacht, und "keiner hat aufgegeben".

(v.l.n.r.): Luigi Carbone, Leibarzt des Papstes, und Professor Sergio Alfieri, Koordinator des medizinischen Teams, das sich um Papst Franziskus kümmert / © Antoine Mekary/Romano Siciliani/ (KNA)
(v.l.n.r.): Luigi Carbone, Leibarzt des Papstes, und Professor Sergio Alfieri, Koordinator des medizinischen Teams, das sich um Papst Franziskus kümmert / © Antoine Mekary/Romano Siciliani/ ( (Link ist extern)KNA )

Alfieri betonte, der Papst sei stets bei Bewusstsein gewesen, auch als sein Zustand sich stark verschlechterte: "Dieser Abend war schrecklich. Wir haben den Menschen leiden sehen. Aber er hat vom ersten Tag an darauf bestanden, dass wir ihm die Wahrheit über seinen Zustand sagen."

Zum Zeitpunkt der zweiten Krise, als der Papst beinahe erstickt wäre, sei beim Krankheitsverlauf das Schlimmste schon vorbeigewesen. Dennoch war laut Alfieri auch dieser Moment lebensbedrohlich.

"Medizinische Bulletins wurden nicht verändert"

Der Internist erklärte in dem Interview auch, wie die ärztlichen Bulletins geschrieben wurden, die während des Krankenhausaufenthalts an die Medien kommuniziert wurden. Demnach gaben die Ärzte die medizinischen Fakten an die Privatsekretäre des Papstes, diese fügten weitere Details hinzu, dann habe der Papst das Ganze genehmigt. "Zu keiner Zeit wurde etwas verändert oder weggelassen", betonte Alfieri.

Er zeigte sich überzeugt, dass auch die vielen Gebete dem Papst geholfen hätten. Es gebe eine wissenschaftliche Studie, wonach auch Gebete einem Patienten helfen. Er selbst habe jetzt erlebt, dass die Lage zweimal aussichtslos war, dann aber habe sie sich wie durch ein Wunder gewendet.

Papst Franziskus auf dem Balkon der Gemelli-Klinik / © Roberto Siciliani (KNA)
Papst Franziskus auf dem Balkon der Gemelli-Klinik / © Roberto Siciliani ( (Link ist extern)KNA )

Im Rückblick auf die Einlieferung des Papstes am 14. Februar berichtete Alfieri, dass der 88-Jährige damals schon seit Tagen in schlechter Verfassung gewesen sei und kaum noch atmen konnte. Er habe aber offenbar seine Verpflichtungen zum Heiligen Jahr einhalten wollen. Erst als er gemerkt habe, dass es gar nicht mehr anders ging, habe er der Einlieferung in die Klinik zugestimmt.

Für die jetzige zweimonatige Phase der Rekonvaleszenz habe Franziskus ihm versprochen, sich an die ärztlichen Anordnungen zu halten, "damit unsere Bemühungen nicht umsonst gewesen sind." Deshalb müsse der Papst jetzt Kontakte mit Gruppen und mit Kindern vermeiden, um sich nicht neue Infektionen einzufangen. "Aber er ist der Papst, und wir können ihm keine Vorschriften machen."

Gemelli-Klinik

Die Gemelli-Klinik ist das akademische Lehrkrankenhaus der Katholischen Universität «Sacro Cuore» in Rom. Das Klinikum nahm seinen Dienst 1964 auf, es gilt als eines der besten Krankenhäuser Roms. Seinen Namen verdankt es dem Mediziner und Psychologen Pater Agostino Gemelli (1878-1959).

Nach dem plötzlichen Tod von Johannes Paul I. (1978) wurde im zehnten Stock der Klinik ein eigenes Appartement für Päpste reserviert. Bis dahin wurden sie im Falle einer Erkrankung im Vatikan oder am Sommersitz Castel Gandolfo medizinisch behandelt.

Gemelli-Klinik in Rom (dpa)