Gentechniker: Kirche sollte angemessene Forschung fördern

"Jesus heilte Kranke, Christen sollen es ihm nachtun"

Die katholische Kirche gilt als große Kritikerin von Gentechnik. Angesichts des jüngsten Wirbels um geklonte Affen lässt daher der Beitrag eines Gentechnikers für die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" aufhorchen.

Geklonte Affenbabys: Hua Hua und Zhong Zhong / © Jin Liwang (dpa)
Geklonte Affenbabys: Hua Hua und Zhong Zhong / © Jin Liwang ( dpa )

Jesus heilte Lepra-Kranke, ließ Gelähmte wieder laufen und Blinde sehen. Er tat das selbst unter Missachtung der Sabbat-Gesetze wie auch der Naturgesetze. Warum sollte sich die Kirche Jesus nicht zum Vorbild nehmen, auch wenn es um Gentechnik geht?

Mit dieser Vorbemerkung leitet der italienische Genetiker, Biochemiker und Mediziner Gian-Paolo Dotto seinen Gastbeitrag für die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" am Sonntag ein. Anlass: die Publikationen um das jüngste Klon-Experiment an Javaner-Affen in China, die weltweit für Aufregung sorgten.

Kirche als "Förderin innovativer Forschungen"

Einer Fachzeitschrift zufolge ist es chinesischen Forschern erstmals gelungen, Affen nach der "Dolly-Methode" zu klonen. Zwei Javaner-Affen hätten mindestens die ersten 40 Tage überlebt, schreiben die Forscher. 1996 war in Schottland mit dem "Klonschaf Dolly" das erste Säugetier erfolgreich geklont worden.

Dotto nimmt dazu eine differenzierte Haltung ein: Er kritisiert vor allem einen unnötigen Wirbel um ein Experiment, das keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse gebracht habe. Zugleich wirbt er dafür, dass die Kirche zu einer "Förderin innovativer Forschungen" werden könne.

Kritik an Leihmutterschaft und Organhandel

Die Tatsache, dass beim Klonen zwei genetisch identische Lebewesen geschaffen werden, hält Dotto für nicht verwerflich. Das gebe bereits bei eineiigen Zwillingen. Wie diese wären auch geklonte Menschen zwei Wesen mit je eigener Persönlichkeit und Würde, allein charakterlich schon verschieden. Gegenwärtig für nahezu unmöglich hält Dotto, dass Menschen geklont werden.

Andere Aspekte des Klonens hält er indes fürgefährlicher: Leihmutterschaft und Organhandel. Die bereits heute weit verbreitete Leihmutterschaft, bei der eine Frau nur ihre Gebärmutter zur Verfügung stellt, um eine fremde Zygote auszutragen, reduziere Mutterschaft auf eine Geschäftsbeziehung, allein bestimmt durch Zeit und Geld. Der Organhandel mache Organe zu bloßen Bauteilen, die für einen bestimmten Preis gegen Ersatzteile ausgetauscht werden Können. Dies geschehe heute schon, zum großen Schaden vor allem armer Menschen.

Mediale Verbeitung von Experimenten kritisch hinterfragen

Weiter kritisiert Dotto die mediale Aufregung um die Tatsache, dass Affen geklont worden seien. Wissenschaftlich habe dies keine neuen Erkenntnisse gebracht, schreibt er unter der Überschrift "Eine Nachricht, die neu einzuordnen ist". So sei zu fragen, wer dieses Experiment warum so bekanntgemacht habe. Die Gründe für die mediale Verbreitung seien genauso kritisch zu hinterfragen wie die Entscheidung für das Experiment selbst.

Dass die Wahl auf Affen fiel, sei daher so interessant und gleichzeitig ethisch problematisch, weil es um Lebewesen geht, die dem Menschen sehr ähnlich sind. "Im Kern", so Dotto, "geht es ums Gehirn", das auf den Körper und das Verhalten großen Einfluss habe.Nicht ohne Grund seien in den USA bislang Experimente an Menschenaffen verboten. Gleichwohl bleibe die biomedizinische Forschung an niederen Primaten "unverzichtbar" für die Erforschung bestimmter Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson.

"Noch viel Forschung nötig"

Der Artikel in der Fachzeitschrift schildere eine effiziente Methode, genetisch identische Affen zu produzieren. Für die pharmakologische Forschung sei die besonders wichtig, weil die Wirkung bestimmmter Medikamente oder kleiner gentechnischer Eingriffe sehr stark vom Genom des Testlebewesens oder später des Patienten abhänge.

Dies, so Dotto, sei keineswegs zweitrangig. Die aufwendigen und teuren Forschungen der vergangenen Jahre, die auf eine individuell zugeschnittene Behandlung ("personalised medicine") zielten, hätten bislang kaum Ergebnisse geliefert, die auf Menschen anwendbar sind.

So sei noch viel Forschung nötig, um mit gezielten genetischen Veränderungen menschliche Körperzellen zu behandeln oder sie in Stammzellen zu verwandeln, mit denen ganze Gewebe oder Organe ersetzt werden könnten. "Wer weiß", schließt der Gentechniker, "ob nicht die Kirche (...) zu einer Förderin dieser innovativen Forschungen werden könnte, die vielleicht für keinen Wirbel in Medien sorgen, aber konkrete Hoffnungen bergen, damit die Lahmen gehen und die Blinden sehen können."


Quelle:
KNA
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