Geplanter Expertenrat zu Missbrauch stößt auf geteiltes Echo

Politik ist sich uneins

Der religionspolitische Sprecher der SPD-Fraktion hat sich kritisch zum Vorhaben der Deutschen Bischofskonferenz geäußert, einen Expertenkreis zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch zu initiieren. Es gibt aber auch andere Stimmen.

Autor/in:
Birgit Wilke
Ein Stuhl steht in einer alten Kirche / © Lensw0rId (shutterstock)
Ein Stuhl steht in einer alten Kirche / © Lensw0rId ( shutterstock )

"Ich glaube nicht, dass ein Expertenrat mehr Durchsetzungskraft entfalten kann als die Deutsche Bischofskonferenz, die die gesamte Verantwortung für das Thema der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt trägt", sagte Lars Castellucci am Donnerstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin.

Demgegenüber begrüßten die religionspolitische Sprecher von Union und den Grünen das Vorhaben.

Thema bei der DBK-Vollversammlung

Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Helmut Dieser, hatte ein solches Vorhaben am Mittwoch näher erläutert. Dem Rat sollen demnach Experten unterschiedlicher Fachbereiche angehören, etwa aus Justiz, Medizin, Psychologie, Soziologie und Kriminalistik.

Zwei der insgesamt bis zu zehn Mitglieder werden demnach vom bereits bestehenden Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz entsandt. Zum Januar 2024 soll der Expertenrat seine Arbeit aufnehmen.

Bischof Helmut Dieser / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Helmut Dieser / © Harald Oppitz ( KNA )

Hauptaufgaben sind demnach jährliche, öffentliche Berichte zur Erfassung aller Aufarbeitungs- und Präventionsmaßnahmen in den einzelnen Bistümern. Auch soll das Gremium die Umsetzung vereinbarter Standards und Richtlinien überprüfen und Empfehlungen zur Verbesserung und Weiterentwicklung geben.

Castellucci will klare Standards

Castellucci betonte weiter, es gehe jetzt nicht darum, dass interne Gremien Empfehlungen aussprächen. Für transparente Aufarbeitungsprozesse brauche es "vielmehr klare Standards, vergleichbare Kriterien und endlich scharfgestellte Konsequenzen zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt".

Lars Castellucci (privat)
Lars Castellucci / ( privat )

Dies sei die eigentliche Aufgabe der bundesweiten Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, die nicht von kircheninternen Gremien übernommen werden könne.

Der religionspolitische Sprecher der Union, Thomas Rachel (CDU), sagte der KNA, der geplante Expertenrat könne einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung von Missbrauch leisten. Im Mittelpunkt müssten vor allem die betroffenen Opfer des sexuellen Missbrauchs stehen, so Rachel. Die Kirchen hätten schwere Schuld auf sich geladen und müssten nun alles daran setzen, "alle Verfehlungen schonungslos zu benennen, aufzuarbeiten, die Betroffenen zu unterstützen und verantwortliche Schutz - und Präventionsmaßnahmen für die Zukunft zu etablieren".

Signal des Umdenkens

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz sprach von einem Signal des Umdenkens, das lange überfällig gewesen sei. "Es ist gut und richtig, dass sich die katholische Kirche offener für externe Impulse und Hilfe bei der Aufarbeitung zeigt, als dies bisher der Fall war", sagte von Notz der KNA. Die Politik könne hier unterstützend tätig werden.

Konstantin von Notz / © Christoph Soeder (dpa)
Konstantin von Notz / © Christoph Soeder ( dpa )

Bischof Dieser hatte ausgeführt, dass die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, eine Auswahl der Mitglieder eines Expertenkreises mit ihrer Expertise übernehmen könnte. Claus sagte dazu auf Anfrage, Vertreter und Vertreterinnen der Bischofskonferenz hätten vor einigen Wochen die Grundzüge eines Expertenrats dargelegt.

Eine detaillierte Konzeption sei jedoch nicht bekannt, so dass noch offen sei, in welcher Form sie beim Aufbau unterstützend tätig werden könne.

Kirche will Missbrauchsfälle auch mit Politik aufarbeiten

Die katholische Kirche in Deutschland will ihre Missbrauchsaufarbeitung verbessern - auch mit Hilfe der Politik. Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Helmut Dieser, warb für eine politische Beteiligung am geplanten Expertenrat. Auch eine Mitwirkung von Vertretern von Parteien oder Parlamenten sei denkbar: "Wir haben da keine Ablehnung, sondern wir sind offen dafür, darüber genau nachzudenken."

Symbolbild Missbrauch in der Kirche / © udra11 (shutterstock)
Symbolbild Missbrauch in der Kirche / © udra11 ( shutterstock )
Quelle:
KNA