Gericht hält Klimaklage von Kleinbauer gegen RWE für berechtigt

David kratzt an Goliath

Ein peruanischer Kleinbauer verlangt vom Energiekonzern RWE Hilfen gegen die Auswirkungen des Klimawandels. Kommt es dabei erstmals zu einer Verhandlung über die Verantwortung von Energiefirmen für die Erderwärmung?

Gletscherschmelze / © David Goldman (dpa)
Gletscherschmelze / © David Goldman ( dpa )

Der peruanische Kleinbauer Saúl Luciano Lliuya hat im Rechtsstreit mit dem Energiekonzern RWE um Folgen des Klimawandels eine wichtige Hürde genommen. Das Klagebegehren sei aus Sicht des Senats nach vorläufiger Einschätzung schlüssig, und eine Beweisaufnahme stehe wahrscheinlich bevor, erklärte das Oberlandesgericht nach einer mündlichen Verhandlung.

Der endgültige Beschluss darüber, ob es zu einer Beweisaufnahme kommt, soll am 30. November verkündet werden. Folgt das Gericht seiner ersten Einschätzung, würde erstmals die Verantwortung von Energiefirmen für die Erderwärmung verhandelt.

Ein Zusammenhang zwischen dem Abschmelzen des angrenzenden Gletschers und den Aktivitäten des Energiekonzerns sei wahrscheinlich, erklärte das Gericht. Der beklagte Energiekonzern kann bis zum Verkündungstermin zu der am Montag geäußerten rechtlichen Einschätzung des Senats Stellung nehmen. Die vom Gericht vorgeschlagene Möglichkeit eines Vergleichs hatte RWE zuvor abgelehnt.

Schutzmaßnahmen gegen Klimawandel bezahlen

Der Kleinbauer Lliuya will erreichen, dass RWE Schutzmaßnahmen gegen den Klimawandel in seiner Heimat bezahlt. In erster Instanz war er im Dezember 2016 vor dem Landgericht Essen gescheitert. Dagegen hatte er Berufung eingelegt. Lliuya will den zweitgrößten deutschen Energiekonzern, der Kohlekraftwerke betreibt, für die Folgen der Erderwärmung haftbar machen. Sein Haus steht in der Andenstadt Huaraz, die an einem Bergsee liegt. Weil der Wasserpegel durch die Schmelze eines angrenzenden Gletschers gestiegen sei, drohe eine Überflutung, argumentierte er.

Lliuya, der aus Peru angereist war, begrüßte die Einschätzung der Richter. Damit würde die Gerechtigkeit siegen, hoffte er. Seine Anwältin Roda Verheyen bezeichnete die Verhandlung als historischen Moment. "Erstmals meint ein Gericht, dass Mitverursacher des Klimawandels grundsätzlich für den Schutz vor Risiken aufkommen müssen, die anderen infolge der Klimaveränderung entstehen."

In der Beweisaufnahme müsse bewiesen werden, dass die Belege im Einzelfall Huaraz reichten, um RWE zu den geforderten Zahlungen zu verpflichten. "Das wird noch ein langer Weg", räumte Verheyen ein. "Aber wir sind sehr zuversichtlich, dass wir die Beweiskette schließen können."

RWE kontert Vorwürfe

Auch die Umweltorganisation Germanwatch erklärte, dass zum ersten Mal ein deutsches Gericht den Zusammenhang zwischen CO2- Emissionen und der Erderwärmung bestätigt habe. Damit schaffe das Gericht einen Präzedenzfall, sagte Klaus Milke von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation, die das Verfahren begleitet. Es könne aber nicht jeder Einwohner von Huaraz in Deutschland vor Gericht ziehen, um seine möglichen Ansprüche durchzusetzen. "Die Politik muss jetzt handeln", unterstrich Milke.

Vertreter von RWE erklärten hingegen, dass nach deutschem Zivilrecht ein einzelner Emittent nicht für allgemein verursachte und globale Phänomene wie den Klimawandel haftbar gemacht werden könne. Andernfalls müsse mit einer Flut von Prozessen gerechnet werden.


Kleinbauer Saul Luciano Lliuya vor dem Oberlandesgericht in Hamm / © Guido Kirchner (dpa)
Kleinbauer Saul Luciano Lliuya vor dem Oberlandesgericht in Hamm / © Guido Kirchner ( dpa )
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epd