Die westfälische Präses Annette Kurschus hat Verständnis dafür geäußert, dass die meisten evangelischen Kirchengemeinden am Sonntag noch keine öffentlichen Gottesdienste gefeiert haben. Die Frage sei, wie Gottesdienste unter den geltenden Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie so gestaltet werden könnten, dass Menschen "nicht verstört werden", sondern wirklich Gemeinschaft erlebten, sagte Kurschus am Sonntag im "Mittagsecho" auf WDR 5.
"Der Gottesdienst, den wir ersehnen" könne mit den nötigen Auflagen noch nicht wirklich gefeiert werden, so die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen, daher sei man noch vorsichtig.
Treffen mit Auflagen
Seit 1. Mai dürfen Gläubige in Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage von Hygiene-Schutzkonzepten wieder in den Gotteshäusern zusammenkommen - erstmals nach sieben Wochen: Sie müssen unter anderem Abstand voneinander halten, Schutzmasken tragen und sich in Teilnehmerlisten eintragen - Gesang ist wegen der Infektionsgefahr verboten.
In den evangelischen Kirchen soll auch kein Abendmahl gefeiert werden. In einzelnen Kirchen fanden am Sonntag bereits Gottesdienste unter diesen Auflagen statt. Die allermeisten Gemeinden wollen jedoch frühestens am 10. Mai wieder regelmäßige Gottesdienste anbieten.
Gottesdienst im Stream
Sie habe in den vergangenen Wochen digitale Formen von Gottesdiensten und Andachten schätzen gelernt, erklärte Kurschus, die auch stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Viele Pfarrer, Prädikanten und Ehrenamtliche hätten Sonntag für Sonntag Gottesdienste in ihren Kirchen aufgenommen und gestreamt.
Die Gemeindeglieder wollten ihre vertraute Kirche mit den vertrauten Gesichtern sehen. Auch in den zentralen TV- und Radiogottesdiensten hätten Menschen in der unsicheren Situation einen Ankerpunkt gefunden, "wo Hoffnung spürbar wird", sagte die Theologin.
Menschliche Nähe in Altenheimen
Kurschus appellierte zudem an die Politik, für die Bewohner von Pflegeheimen rasch mehr menschliche Nähe zu ihren Angehörigen zu ermöglichen. Auch Einsamkeit könne krank machen, warnte die Präses.
Die Heimbewohner sehnten sich nach Sohn, Tochter, Enkelin oder Nachbarn. Altenheimseelsorger signalisierten den Pflegebedürftigen derzeit durch Anrufe, Briefe oder Gespräche durch das Fenster: "Wir bleiben in Eurer Nähe."