Gottesdienst mit über 500 Teilnehmenden auf dem Papsthügel

"Weltjugendtagsfeeling noch einmal aufleben lassen"

Auch 19 Jahre nach Vigil und Messe mit Papst Benedikt auf dem Frechener Marienfeld ist die Erinnerung bei vielen, die damals mit dabei waren, noch sehr lebendig. Daher kommen sie immer wieder gerne an diesem besonderen Ort zusammen.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Kreisdechant Achim Brennecke und Konzelebranten beim Erinnerungs-Gottesdienst auf dem Papsthügel / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kreisdechant Achim Brennecke und Konzelebranten beim Erinnerungs-Gottesdienst auf dem Papsthügel / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Spätestens dann, wenn der typische Weltjugendtag-Song "Jesus Christ, you are my life…" erklingt, sich alle beschwingt dazu bewegen und in die Hände klatschen, ist wieder ganz präsent, was sich am 21. August 2005 auf dem Papsthügel des Marienfeldes in Frechen ereignet hat und die Kölner Kirche nachhaltig prägen sollte. Denn an keinem anderen Ort ist diese einmalige Atmosphäre von damals so authentisch erlebbar wie an diesem. Hier hat Papst Benedikt XVI. mit etwa einer Million Jugendlichen aus allen Kontinenten einen weltweit übertragenen Gottesdienst zelebriert und mit seinem Charisma auch die berührt, die sonst eher wenig oder nichts mit Kirche zu tun haben. Bis heute steht diese Stätte, von der aus man einen weiten Blick über die Ebene des Kreisdekanates Rhein-Erft hat und die später zu einem Wallfahrtsziel umgestaltet wurde, für eine lebendige Erinnerung an dieses kirchliche Großereignis, von dem die Menschen – und nicht nur die aus der unmittelbaren Umgebung – bis heute zehren.

Erinnerungs-Gottesdienst auf dem Papsthügel / © Beatrice Tomasetti (DR)
Erinnerungs-Gottesdienst auf dem Papsthügel / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Selbst 19 Jahre später noch nehmen viele dieses Datum in jedem Jahr neu zum Anlass, zu dem alljährlich stattfindenden Gedenkgottesdienst zu pilgern – ob zu Fuß, auf dem Fahrrad oder per Shuttlebus – und die Einladung von Kreisdechant Achim Brennecke anzunehmen, der sich sichtlich über die große Zahl der Mitfeiernden freut und den Wunsch zum Ausdruck bringt, dass der Papsthügel, zu dem längst eine kleine Marienkapelle gehört, auch in Zukunft in Ehren gehalten wird. Er räumt ein, angesichts der unsicheren Witterung bereits seit Tagen den Wettersegen gespendet und Stoßgebete zum Himmel geschickt zu haben. Schließlich lebt ein solcher Open-air-Gottesdienst vor allem auch davon, dass es trocken bleibt, die Gemeinde aber auch nicht der prallen Sonne ausgeliefert ist, zumal sich erstaunlicherweise vor allem überwiegend die ältere Generation zu diesem WJT-Gedenken zusammenfindet. 

Gedenken an Papst Benedikt und Kardinal Meisner

Kreisdechant Achim Brennecke beim Erinnerungs-Gottesdienst auf dem Papsthügel / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kreisdechant Achim Brennecke beim Erinnerungs-Gottesdienst auf dem Papsthügel / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Bei seiner Begrüßung nennt Brennecke den Papsthügel eine "Raststation", an der man Kraft tanken könne und Christus dazu beseele, den eigenen Glaubensweg weiterzugehen. Aber er ruft auch die Krisenherde der Erde ins Gedächtnis: allem voran die Ukraine, den Nahen Osten und nicht zuletzt die Geschehnisse in Solingen. Und er gedenkt der Verstorbenen, die in ihrem segensreichen Wirken mit diesem Ort hier auf der Höhe verbunden sind – Papst Benedikt XVI., Kardinal Meisner und Prälat Erich Läufer – aber auch derer, die aus den lokalen Gemeinden stammten und deren Jahrgedächtnis in dieser traditionellen Messe begangen wird.

Ein bisschen ist es an diesem Abend wie bei einem großen Familientreffen. Die meisten kennen sich untereinander, organisieren sich seit Jahren in kleinen Gruppen zum Aufstieg auf den Papsthügel und haben den Jahrestag der Papstmesse im Kalender immer schon ein Jahr im Voraus stehen. Wie Karl-Peter Decker aus Oberaußem, der mit seiner Frau Rosemarie bei Wind und Wetter, wie er sagt, mit dabei ist. Schon im strömenden Regen habe er hier gestanden, lacht der 84-Jährige. Für ihn sei das einfach ein "Muss". Helga Wiegand aus Bergheim-Ahe begleitet ihren Nachbarn Hermann Jagfeld. Auch der 94-Jährige will sich diesen Gottesdienst nicht entgehen lassen. "Fünf Jugendliche aus Kanada hatte ich damals aufgenommen. Da ein Pater aus Quebec mit dabei war, haben wir an einem Abend bei uns in der Diele sogar spontan mit Brot und Wein eine Hausmesse gefeiert. Eine wunderbare Erfahrung war das", schwärmt er. 

Freilichtmesse ist etwas Besonderes

Den eigentlichen Gottesdienst am Sonntagmorgen habe er dann live und in großer Gruppe am Bildschirm im Pfarrheim von St. Michael mitverfolgt und dort dann auch als Kommunionhelfer fungiert. Jagfeld, der auf seinem Rollator sitzt, schildert seine Erinnerungen, als habe sich alles erst gestern zugetragen. Beeindruckend sei das alles gewesen, ergänzt Helga Wiegand und diese Freilichtmesse in jedem Jahr "etwas ganz Besonderes". "Faszination pur" nennt das Küsterin Birgit Kranz. "Von diesem Weltjugendtagsfeeling ist immer noch viel übrig geblieben. Hier oben kann man es noch einmal aufleben lassen."

Mitfeiernde beim Erinnerungs-Gottesdienst auf dem Papsthügel / © Beatrice Tomasetti (DR)
Mitfeiernde beim Erinnerungs-Gottesdienst auf dem Papsthügel / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Drei junge Leute aus Costa Rica hatte Eva-Maria Breidenbach in den Augusttagen 2005 bei sich zu Gast. Die heute 77-Jährige ist aus Köln-Weiden mit einem Freundeskreis von zehn Leuten gekommen. "Die Messe im Freien erinnert mich an die vielen Jugendlichen von damals und dieses unvergessliche Erlebnis." Dass man sich dieses Ziel erwandern bzw. erlaufen müsse, weil es für den Autoverkehr nur mit Sondergenehmigung zugänglich ist, gehöre für sie dazu. 

Besuch des Papsthügels als Tradition

"Das Marienfeld ist einfach ein schöner Ort, um sich zu treffen", findet Sigrid Reger aus der Kirchengemeinde St. Pantaleon in Erp, wo sie dem Kirchenvorstand angehört. "Man trifft völlig unverhofft so viele Bekannte hier", freut sich ihre Mutter Elisabeth Reger. Und für zwei Freundinnen aus Niederaußem, die bei diesem frischen Lüftchen, das angenehm kühlt, in einem wetterfesten Anorak gekommen sind, ist das ohnehin ein Jour fixe. "Mit dem Fahrrad von der Arbeit direkt hierher – das hat für uns Tradition", sind sich die beiden Mittfünfzigerinnen einig und parken ihre Räder an einer der gelb-weißen Fähnchen, die am Rande des Geländes munter im Wind flattern.

Die beiden Frauen verpassen keinen dieser Erinnerungsgottesdienste, die auf Initiative von Kreisdechant Monsignore Achim Brennecke immer rund um den Jahrestag des Papstbesuches begangen werden. Benedikt ganz aus der Nähe erlebt zu haben, verbuchen sie für sich als "prägende Kraft". "Diese WJT-Lieder singen wir bis heute in unserer Gemeinde. Von ihrer Inspiration haben sie nichts eingebüßt. Da kann es einem immer noch kalt über den Rücken laufen. Schließlich geht von ihnen eine spirituelle Intensität aus, die uns im Alltag begleitet."

Christof Dürig

"Zu Hunderttausenden sind die Jugendlichen damals durch unsere Ortschaften gezogen. Ein unvergessliches Bild."

Christof Dürig, leitender Pfarrer in Frechen und an diesem Abend Konzelebrant, hat noch seinen originalen Weltjugendtagsrucksack mit dabei – und auch die Tasse mit dem charakteristischen WJT-Logo. "Vor 19 Jahren sah unsere Welt noch anderes aus", sagt er mit leicht nostalgischem Unterton und meint die kirchliche Situation, die erst Jahre später von der Missbrauchsdebatte überschattet wurde, aber auch die aktuellen Kriege, die auf die Stimmung drückten. Im Gegenzug erinnert er sich an die viel zitierte Aufbruchsstimmung, die als hoffnungsvolle Botschaft dieses Mega-Events in die Weltkirche ausgestrahlt hatte. "Zu Hunderttausenden sind die Jugendlichen damals durch unsere Ortschaften gezogen. Ein unvergessliches Bild. Auch das Engagement in den Gemeinden ist größer gewesen." Heute sei es doch deutlich mühsamer, einzelne zum Mitmachen zu bewegen. Umso mehr freut sich der Seelsorger, dass immer noch so viele aufs Marienfeld kommen, die die Erinnerung an den Weltjugendtag wach halten. Ein Zeichen dafür, wie tief verankert dieses Erlebnis in den Herzen der Menschen sei.

Willibert Pauels als Festprediger

In dieser Gemengelage von dankbarem Rückblick und auch ein bisschen Wehmut eingedenk der guten alten Zeiten trifft wie immer Diakon Willibert Pauels, auch bekannt als "Ne bergische Jung", den richten Ton. Bekanntermaßen nimmt er Ernstes leicht und Leichtes ernst und verbindet auf unnachahmliche Weise die "sündige Bühne des Karnevals" mit der heiligen einer Eucharistiefeier. Ehemals pastoral tätig in Quadrat-Ichendorf und in diesem Sprengel bestens bekannt, ist er an diesem Abend mit der Festpredigt betraut. Und dann kommt das, was man von ihm kennt: eine Gratwanderung zwischen Büttenrede, philosophisch tiefschürfende Sätzen und theologischen Wahrheiten, aufbereitet mit heiterer Zuversicht und immer einer großen Portion Humor. 

Diakon Willibert Pauels predigt beim Erinnerungs-Gottesdienst auf dem Papsthügel / © Beatrice Tomasetti (DR)
Diakon Willibert Pauels predigt beim Erinnerungs-Gottesdienst auf dem Papsthügel / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Pointensicher – und zwischendurch auch mit roter Clownsnase – navigiert er seine Zuhörer durch Anekdoten zu Kardinal Meisner, Eugen Drewermann, Woody Allan, Peter Brings, Pater Brown alias Heinz Rühmann und Adolph Kolping. Manches ist Fakt, anderes als Witz gemeint. Dabei setzt er genau auf diese Mischung und hat garantiert nach manchem gedanklichen Drahtseilakt die Lacher auf seiner Seite. Doch wäre er weder als Kirchenmann noch als Karnevalist so erfolgreich, wenn er den Menschen am Ende nicht doch noch über das kurzlebige Schmunzeln hinaus etwas mitgeben würde, das Stärkung und Ermutigung verspricht. Und so predigt er am Ende vor allem über die Perspektive, die ihm persönlich der Glaube schenkt.

Willibert Pauels

"Ich glaube, in allen Menschen ist ein unstillbarer Durst, dass der Mensch doch mehr sein möge als nur ein Zellhaufen, der biochemisch reagiert."

Dabei verankert er seine Ausführungen bei dem antiken Philosophen Epiktet, der sich die Erkenntnis zu eigen gemacht hat, dass nicht die Dinge es sind, die das menschliche Dasein bestimmen, sondern die Perspektive, aus der sie betrachtet würden: Wie sehe ich die Welt, wie sehe ich meine Existenz? Schließlich sei die befreiendste und gesündeste Perspektive, über den Dingen zu stehen. "Nicht im Sinne von Oberflächlichkeit oder Arroganz, sondern im Sinne von einer inneren Freiheit und Souveränität", erläutert Pauels wörtlich. Dabei sei die radikalste Perspektive die religiöse und für ihn nun mal die österliche. "Ich glaube, in allen Menschen ist ein unstillbarer Durst, dass der Mensch doch mehr sein möge als nur ein Zellhaufen, der biochemisch reagiert." 

Er betont, dass der Mensch eine unsterbliche Seele habe und dass Tod und Katastrophen nicht das letzte Wort hätten. Jesus Christus habe von sich gesagt "Ich habe den Tod überwunden". Daraus erwachse eine große Hoffnung. Nicht zuletzt stehe dafür dieser Hügel auf dem Marienfeld: nämlich um den Menschen eine Antwort auf ihren Durst zu geben.

Quelle:
DR